Sommernachtszauber
als Freddo Fabian einen Papierstapel zur Seite schob und dahinter eine matt schimmernde Remington-Schreibmaschine zum Vorschein kam.
»Ach, so eine hatte ich auch immer! Vor vielen, vielen Jahren. Die war wunderbar! Ich hab sie geliebt. Hab keine mehr gesehen, seit – nun ja, seit sehr langer Zeit.«
Freddos Augen glänzten. »Kannst du denn Maschine schreiben?«
Joss nickte. »Ich lag so bei hundert Worten pro Minute – und Pitmans Kurzschrift hab ich natürlich auch gelernt.« Sie lachte. »Damals, im Mittelalter.«
Freddo beugte sich vor. »Mrs Benson – Jocelyn – Joss … Kann es sein, dass dich der Himmel geschickt hat, Schätzchen? Du hättest wohl nicht etwa zufällig, vielleicht, eventuell Interesse an einem Job?«
20. Kapitel
J oss starrte Freddo entgeistert an. Hatte sie sich verhört? Oder bot er ihr tatsächlich einen Job an? War diese Szene hier wirklich, oder bildete sie sich das alles nur ein, so wie den Waldsee im Badezimmer? War die Duftmischung, die sie eingeatmet hatte, vielleicht irgendwie unausgewogen gewesen? Sie blieb ruhig, denn falls sie nur fantasierte, wollte sie lieber nicht aufspringen und vor Freude in die Luft boxen.
»Aber nein, tut mir leid, Schätzchen.« Freddo Fabian hob entschuldigend die Hände. »Natürlich nicht. Kein vernünftiger Mensch, geschweige denn eine so kluge und elegante Dame wie du, würde sich in diesem Saustall hier verkriechen und für einen alternden Love-and-Peace-Hippie wie mich arbeiten wollen. Mein Fehler.«
»Nein.« Joss schüttelte den Kopf. »Ich meine, ja – ja, ich bin durchaus an einem Job interessiert – nur habe ich seit vielen, vielen Jahren nicht mehr außer Haus gearbeitet. Ich bin ein bisschen eingerostet, was meine alten Fertigkeiten betrifft, von neuen Anforderungen mal ganz abgesehen. Und ich weiß rein gar nichts über die, äh, Unterhaltungsbranche. Vor meiner Heirat war ich als eine Art Sekretärin – genauer gesagt, als Stenotypistin – bei einem Bauunternehmen tätig.«
»Eine Stenotypistin wäre genau das, was ich suche«, strahlte Freddo. »Am besten eine, die ein bisschen Ordnung in dieses Chaos hier bringt, die Aktenablage systematisiert und mir hilft, die Termine zu koordinieren. Ein schlaues Mädchen wie du merkt sicher schnell, worauf es in einer Agentur so ankommt. Aber, Schätzchen«, er blinzelte sie unter seinen wirren blonden Haaren an, »es müsste dabei partnerschaftlich zugehen. Mir liegt es nicht, andere herumzukommandieren und mit der Peitsche zu knallen. Ich würde dir freie Hand lassen, und du regelst die Dinge dann so, wie du es für richtig hältst. Du machst das Büro, und ich mache die Stars und die Nummern. Wir müssten als Team arbeiten.«
Ach, dachte Joss, das wäre wirklich wunderbar: hier zu arbeiten, ihre alten Kenntnisse wieder zum Einsatz zu bringen, das Chaos zu ordnen und einen so umgänglichen Chef zu haben wie Freddo Fabian. Ihr Leben hätte einen Sinn, sie würde sich wieder wie ein Mensch fühlen, und ihre Tage wären ausgefüllt.
Sie holte tief Luft. »Das wäre genau das Richtige für mich.«
»Heißt das, du willst es versuchen?« Quer über den Tisch nahm Freddo ihre beiden Hände in die seinen. »Mensch, Joss, Schätzchen! Das ist für mich der schönste Moment des Jahrtausends! Wann kannst du anfangen?«
Joss erwiderte sein breites Lächeln und seinen Händedruck. Dann holte die Wirklichkeit sie ein. »Bevor wir uns von der Begeisterung davontragen lassen, gibt es da aber noch ein paar Dinge, die du wissen solltest.«
Sie berichtete ihm kurz von Marvin und schilderte seine Arbeitslosigkeit, nicht aber seinen Absturz in Selbstmitleid und Dauerfernsehen. »Er fühlt sich ein bisschen verloren«, schloss sie diplomatisch, »und, äh, na ja, ich glaube, er könnte Schwierigkeiten machen.«
»Na, dann versuchen wir es doch erst mal auf Probe«, sagte Freddo, schenkte Kaffee nach, machte eine zweite Packung Kekse auf und schlug für die Sekretariatsarbeiten ein Stundenhonorar vor, im Vergleich zu dem der Lohn bei Big Sava geradezu lächerlich wirkte. »Mal sehen, wie es läuft. Wenn du nicht ganztags arbeiten kannst oder willst, dann legen wir die Arbeitszeiten eben so, wie es dir passt. Ich bin da ganz flexibel. Wie wär’s mit einer unverbindlichen Probezeit von einem Monat? Wenn wir im Lauf dieser Zeit merken, dass wir nicht zusammenpassen oder dass du zu viele Probleme bekommst, dann trennen wir uns wieder, ganz im Guten. Klingt das okidoki in deinen Ohren?«
»Absolut
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