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Sommernachtszauber

Sommernachtszauber

Titel: Sommernachtszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Jones
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beschlossen, dass er nun genug in Selbstmitleid gebadet hatte und das Gleiche tun sollte wie sie, nämlich sich auf die Socken machen – bildlich gesprochen.
    Als Joss mechanisch die Küche aufräumte, war ihre vorherige Euphorie weitgehend verpufft. Wahrscheinlich gab es eine ganz simple Erklärung – aber was, wenn Marvin wirklich wutentbrannt losgebraust war, weil ihr neu entdecktes Selbstvertrauen und ihre Selbstsicherheit ihn zur Verzweiflung getrieben hatten? Vielleicht hatte sie ihm nicht genügend Anteilnahme entgegengebracht? Nicht genügend Verständnis gezeigt? Sie konnte sich schließlich kaum vorstellen, was es für ihn bedeutete, seinen Job verloren zu haben. Sie, die ja – wie Marvin ihr so oft vorgehalten hatte – seit ihrer Heirat nichts als eine Schmarotzerin gewesen war.
    Nein! Sie knallte den letzten Teller in den Küchenschrank. Sie war eine gute Gattin, Mutter und Hausfrau gewesen. Jahrelang hatte sie es ertragen, bei jeder Gelegenheit heruntergeputzt zu werden. Viel zu lange hatte sie alles geglaubt, was Marvin ihr so an den Kopf warf. Andere Frauen, die weniger treu oder hingebungsvoll waren, hätten ihn garantiert längst verlassen oder sich ihm zumindest widersetzt, wenn nicht sogar versucht, ihn zu ermorden.
    Verflixt noch mal! Joss holte tief Luft. Unter gar keinen Umständen würde sie sich wieder in einen kleinen furchtsamen und duckmäuserischen Angsthasen zurückverwandeln …
    Wie immer wünschte Joss sich sehnlichst, dass Val nebenan zu Hause wäre, damit sie ihr sowohl von den erstaunlichen Ereignissen bei »Retro – Musik & Theater« als auch von ihrer Sorge um Marvin erzählen könnte. Sie tigerte ruhelos durch den Bungalow, nahm hier etwas hoch und legte es dort wieder hin, wischte nicht vorhandenen Staub weg und zupfte an bereits zurechtgerückten Gardinen. Wie schrecklich, wenn Marvin eine Dummheit gemacht hätte!
    Was auch immer sie für ihn empfand – oder auch nicht empfand -, den Tod hätte sie ihm niemals gewünscht. Andererseits, wenn Marvin schlichtweg beschlossen hätte, sie zu verlassen, den Bungalow zu verlassen, um alleine neu anzufangen – wie wäre das?
    Schockierenderweise wurde ihr klar, dass sie im Grunde gar nichts dagegen hätte. In der Tat wäre dies ein gutes, befriedigendes Ende ihrer scheußlich sterilen Beziehung. Wahrscheinlich müsste der Bungalow dann verkauft werden und sie sich irgendwo etwas mieten – aber das würde ihr nichts ausmachen. Sie sah sich in Gedanken weitaus lieber als geschiedene Frau, die in einer kleinen Wohnung lebte und im Waschsalon Schlange stand, denn als Witwe, die Marvins Beerdigung organisieren musste.
    Wo zum Teufel war er denn nur hin? Und warum war er ausgerechnet jetzt verschwunden, als sie gerade vor Freude beinahe hätte platzen können? Typisch Marvin – er hatte es mal wieder geschafft, ihr alles zu vermiesen. Diesmal sogar ganz unbeabsichtigt.
    Vielleicht sollte sie herumtelefonieren und versuchen, ihn auf diesem Wege aufzuspüren. Aus Fernsehkrimis wusste sie, dass die nächsten Angehörigen des Opfers in der Annahme, die vermisste Person käme sicher bald wieder, oft wertvolle Zeit vertaten und erst dann etwas unternahmen, wenn schon alles zu spät war.
    Früher hatte sie Marvin natürlich immer über sein Handy erreichen können, aber da es zu den Vergünstigungen seines Jobs gehört hatte, war es im Büro zurückgeblieben wie auch sein restlicher Lebensinhalt. Joss starrte das Telefon im Flur an und wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Könnte er bei Simon sein? Vielleicht um wieder Golf zu spielen? Oder bei anderen Freunden aus ihrem Dinner-Zirkel – von denen Marvin gesagt hatte, sie wollten nun bestimmt nichts mehr mit ihm zu tun haben? Oder bei den Kindern? Könnte es sein, dass er Ossie und Tilly sein Herz ausschüttete?
    Wo auch immer er steckte, er würde bestimmt stinkwütend werden, wenn sie ihn zu finden versuchte, aber damit konnte sie leben. Sie holte noch einmal tief Luft und begann dann, mit dem Adressbuch in der einen und dem Telefonhörer in der anderen Hand, nach ihm zu fahnden.
    Eine halbe Stunde später, nachdem sie nichts erreicht und alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, wanderte Joss in die Küche und setzte den Wasserkessel auf. Warum, wusste sie nicht. Eigentlich wollte sie gar nichts trinken, aber sie wusste auch nicht, was sie sonst hätte tun sollen. Marvins so genannten Freunde waren keine große Hilfe gewesen, hatten nur gesagt, dass sie ihn weder gesehen noch von ihm

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