Sommernachtszauber
Kopfputz.
Sie sahen aus wie Mitglieder einer außerirdischen Tanzgruppe.
»Was in aller Welt geht hier vor?«, fragte Marvin.
Joss bemerkte belustigt, dass ihm lila Broccoli zwischen den Zähnen hing.
»Sieht aus, als solle das eine Party werden.« Sonja, die offenbar völlig vergessen hatte, dass sie Steak and Kidney Pie eigentlich grundsätzlich nicht aß, hatte ihren Teller leer geputzt und spähte quer durch den Pub. »Was steht auf den Spruchbändern? Fröhlicher Polterabend? Herzlichen Glückwunsch Fern und Timmy? Ach du liebe Güte, ich glaube, wir sind hier in eine Riesenfete hineingerasselt.«
»Wenn das so ist, gehen wir natürlich«, schnaubte Marvin. »Mit irgendwelchen Dorffesten wollen wir schließlich nichts zu tun haben, nicht wahr?«
»Aber wir hatten unseren Nachtisch doch noch gar nicht«, klagte Simon.
»Die Bedienung bringt ihn gerade, außerdem hast du ihn schon bezahlt, genauso wie die ganzen Getränke hier«, fügte Joss hinzu und bedankte sich im Namen aller, als vier riesige dampfende Schüsseln auf den Tisch gestellt wurden. »Äh, fängt die Party bald an?«
»O ja. Fern ist gerade in ihrem Kostüm heruntergekommen, der Countdown läuft also«, erklärte die Frau strahlend. »Darum dachte ich mir, ich servier den Pudding besser jetzt gleich. Hier wird man sich nämlich bald kaum noch rühren können. Ach, da geht es schon los!«
Wie zu Beginn des Schlussverkaufs bei Harrods flog die Tür zum Weasel and Bucket auf, und eine Flutwelle rosa glitzernder Frauen strömte herein. Im Nu war der Pub voller Zauberstäbe und Flügel. Der Lärm war unbeschreiblich.
Ohrenbetäubend laut erklang »Going to the Chapel« von den Dixie Cups aus der Musikbox, die offenbar nur Titel von vor 1985 enthielt, und Fern – dem hautengen und äußerst freizügigen, rosa Brautkleid voller L-Plaketten wie für Führerscheinneulinge nach zu urteilen, die künftige Braut – kam von weiterem wilden Gejohle begleitet auf Stöckelschuhen hinter der Bar hervorgetanzt.
»Ja, Wahnsinn«, entfuhr es Simon aus einem Mund voller Rosinenpudding mit Vanillesoße. »Seht euch diese Titten an!«
8. Kapitel
A ls sie sich hinter Chelsea ins Weasel and Bucket gedrängt hatte, fühlte sich Sukie gleich besser. Im Pub wogte ein Meer rosaroter Feen jeden Alters, alle in ähnlich gewagten Kostümen. Auf der Fahrt im Wagen von Chelseas Vater hatte sie schon befürchtet, Chelsea könnte das mit der Verkleidung vielleicht irgendwie falsch verstanden haben.
Sukies Feenkostüm saß ja ganz schön knapp, aber manche andere wirkten vergleichsweise direkt unanständig. Auch hätte sie sich keine Sorgen machen müssen, weil sie Fern nicht sonderlich gut kannte; heute Abend war offenbar jedes weibliche Wesen aus den umliegenden Dörfern eingeladen. Es war also alles bestens.
»Heyo!«, kreischte Fern von der Theke herüber. »Ich bin die Zuckerstückchen-Fee!«
Mit üppig zur Schau gestellten Rundungen und einem schicken kleinen Schleier auf den Locken hüpfte sie herbei, während das Lied »I’m Getting Married in the Morning« von Chas and Dave erklang.
Alles glitzerte und flimmerte, als sie sich zur Begrüßung umarmten und küssten. Und es funkelte nicht minder bei den Küssen und Umarmungen und Dankeschöns, als Chelsea die Tasche mit den Geschenken überreichte.
»Toll, dass ihr gekommen seid, ihr zwei!«, schrie Fern. »Ihr könnt trinken, was ihr wollt. Es stehen Flaschen auf den Tischen, und wenn sie leer sind, könnt ihr euch an der Bar jederzeit Nachschub holen. Ich glaube, es steht auch Knabberzeug herum, das den Alkohol aufsaugt, und drüben vor den Klos ist die Tanzfläche. Später wird rosa Champagner serviert. Ihr beide seht ja bezaubernd aus! Bestimmt kennt ihr alle anderen – mischt euch einfach unter die Leute, und sucht euch einen freien Tisch – falls ihr noch einen findet!«
»Danke!«, brüllte Sukie zurück. »Und herzlichen Glückwunsch! Wann findet die Hochzeit statt?«
»Ende April! Auf den Malediven! Nur Timmy und ich! Die Partys feiern wir vorher und nachher, so haben wir die Hochzeit und die Flitterwochen ganz für uns!«
»Wir liefern eine Showeinlage bei der Nachher-Party!«, schrie Chelsea. »Wir tanzen Cancan, erinnerst du dich?«
Sukie nickte. Fern umarmte sie noch einmal, dann stob sie, eine schimmernde bunte Staubwolke hinterlassend, davon, um die nächsten Gäste zu begrüßen.
»Schau, da sind Phoebe und Clemmie!« Chelsea zupfte an Sukies Flügeln. »Sie winken! Bestimmt halten sie
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