Sommernachtszauber
schloss auf und trat mit abgewandtem Blick zurück, für den Fall, dass er splitternackt war.
War er nicht. Zumindest nicht ganz. Er hatte es geschafft, ausgewaschene Jeans anzuziehen, in denen sein toller Körper noch besser zur Geltung kam.
»Danke.« Er blinzelte sie unter langen aschblonden Haarsträhnen hervor an. »Die Tür hat irgendwie geklemmt, und ich bin voll gegen einen dieser verdammten Balken gerannt. Ist das hier das Haus der sieben Zwerge oder so? Äh, Entschuldigung, aber wo ist das Klo, bitte?«
»Zum Bad geht’s den Flur entlang. Letzte Tür. Und vorsichtig, wegen der Balken!«
»Danke.« Er schenkte ihr ein müdes, verschlafenes Lächeln. »Äh, kennen wir uns?«
Sukie schüttelte den Kopf. »Nein. Und ich bin nicht Schneewittchen. Aber das ist mein Haus.«
»Tatsächlich?« Er sah verwirrt aus. »Warst du das denn gestern Abend in dem Flugzeug? Ich dachte -«
»Nein, das war meine größere, dünnere, hübschere, blondere Freundin.«
»Ach ja – Entschuldigung – aber ich muss …«
Sukie trat zur Seite, und er stapfte den Flur entlang.
»Alles klar?« Milla erschien am oberen Treppenabsatz. »Ist er auf dem Klo? Gut – ich geh wieder ins Bett, Sukie. Bis später …«
Sukie seufzte, als Milla lautstark die Tür hinter sich schloss, dann warf sie einen letzten sehnsüchtigen Blick auf ihr eigenes gemütliches, einladendes Bett, zerrte eine Decke aus dem Wäscheschrank und trottete todmüde die Treppe hinab, um sich ihren Schönheitsschlaf auf dem Sofa zu holen.
2. Kapitel
D ann hast du auf dem Sofa geschlafen, und als du aufgewacht bist, war er weg?« Etwas später am gleichen Tag hob Jennifer Blessing inmitten der pfirsich- und cremefarben dekorierten Pracht ihres Schönheitssalons Beauty’s Blessings an der Hauptstraße von Hazy Hassocks die makellos geschwungenen Augenbrauen und sah Sukie fragend an. »Ich möchte wetten, Milla war ebenfalls verschwunden.«
»Genau. Hoffentlich lebt und atmet sie noch und wurde nicht irgendwo über den Gehweg geschleift und in einem flachen Grab verbuddelt«, nickte Sukie, während sie sich unsystematisch in ihren pfirsichfarbenen Overall wurstelte. »Und weil ich kaum geschlafen habe, ist mir immer noch ganz schwummerig im Kopf. Es wäre mir lieber, wenn wir die Fortsetzung des Kreuzverhörs auf später verschieben könnten, okay?«
»Kreuzverhör? Das klingt ja, als wäre ich eine neugierige alte Schachtel.« Jennifer runzelte die Stirn, jedoch nicht allzu stark. Botox für Anfänger hatte ihrer Mimik starke Einschränkungen auferlegt. »Ich bin lediglich eine teilnahmsvolle Arbeitgeberin, das ist alles.«
Sicher doch, dachte Sukie, die sich wie zerschlagen fühlte und immer noch verärgert war. Sie hatte höchstens vier unbequeme und ruhelose Stunden auf dem Sofa verbracht und, als sie aufgewacht war und das Haus leer vorgefunden hatte, nicht gewusst, ob sie sich freuen, ängstigen oder ärgern sollte.
Immerhin deutete nichts auf ein Gewaltverbrechen hin, und erfreulich war zudem, dass Milla und der namenlose Traummann offenbar andere Mittel und Wege gefunden hatten, ihre Autos vom Flughafen abzuholen, und dass jemand – Milla wohl kaum – ihr Bett frisch bezogen und sogar den marineblauen Bettbezug samt Laken und Kissenhüllen in die Waschmaschine gesteckt hatte.
Falls der schöne Blonde ein Serienmörder war, so zumindest einer mit häuslichen Talenten. Was natürlich bedeutete, dass er verheiratet sein könnte. Oder fest gebunden. Oder vielleicht sogar...
»Hat dir der Aromatherapie-Kurs denn gefallen?«, unterbrach Jennifer Sukies dahingaloppierende Gedanken. »Mir ist schon klar, dass so was zur Bedeutungslosigkeit verblasst, wenn man beim Nachhausekommen einen nackten Mann im Bett vorfindet, aber das Seminar hat eine Stange Geld gekostet und -«
»Es war toll«, gähnte Sukie. »Oh, Entschuldigung. Doch, ich fand es hervorragend. Hab eine Menge gelernt. Bis heute Morgen war ich voller Begeisterung und ganz erpicht darauf, meine neuen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen, und das kommt auch wieder, bestimmt. Ich muss vorher nur erst mal eine Woche lang schlafen und wieder richtig wach werden.«
»Gut, meine Schöne – freut mich wirklich, dass es dir so viel gebracht hat.« Jennifer klimperte mit den frisch verlängerten Wimpern. »Denn bei Massagen bist du ein Naturtalent, und ich denke, mit diesem mobilen Service werden wir uns einen Namen machen. Kein anderer Salon im Umkreis bietet Hausbesuche an, und der Probelauf
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