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Sommernachtszauber

Sommernachtszauber

Titel: Sommernachtszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Jones
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aber die erschienen wenigstens nicht unter deinem eigenen Namen! Bist du denn total bescheuert?«
    Wahrscheinlich, dachte Joss und schrak zurück, weil diese Worte sie viel mehr verletzten als jede Form von körperlicher Gewalt. Bescheuert, dich zu heiraten, bescheuert, bei dir zu bleiben, bescheuert, immer noch hier zu sein …
    »Ich glaube ja kaum, dass wirklich jemand auf meinen Namen schaut«, sagte sie abwehrend. »Ich achte nie darauf, wer was geschrieben hat, du etwa?« Sie hob die Zeitung auf. »Und außerdem kann der Artikel so schlecht nun auch wieder nicht sein, denn sonst hätten sie ihn ja nicht gedruckt.«
    »Die drucken doch jeden blöden Dreck, um in ihrem billigen Schundblatt die Seiten zu füllen.« Marvin beglotzte nun wieder Russell und dessen Probleme. »Vor allem, wenn sie nichts dafür bezahlen müssen. Und da du gerade nichts zu tun hast: Ich will noch einen Kaffee.«
    »Hol ihn dir doch selbst«, entgegnete Joss halblaut. »Ich hab anderes zu tun und keine Zeit.«
    Sie ging in die Küche, hielt den Atem an und wartete auf die Explosion. Sie brauchte nicht lange zu warten.
    »Jocelyn! Ich habe gesagt -«
    »Ich weiß, was du gesagt hast!« Sie marschierte ins Wohnzimmer zurück und sah Marvin fest in die Augen. »Und ich habe gesagt, ich hätte anderes zu tun und keine Zeit. Was nicht ganz stimmt. Ich erledige nur die übliche Hausarbeit – aber du tust überhaupt nichts -, und sag jetzt bloß nicht wieder«, sie hob abwehrend die Hände, »dass ich nicht verstünde, wie du dich fühlst und wie sehr du leidest.«
    »Natürlich verstehst du das nicht«, sagte Marvin kalt. »Wie könntest du auch Verständnis haben für das, was mir widerfahren ist? Du begreifst meine Lage doch gar nicht. Du bist erwerbsunfähig und hast dich als Hausfrau jahrelang aushalten lassen. Du hattest nie eine wichtige Position mit weit reichender Verantwortung. Ich aber hatte das alles sehr wohl und habe alles verloren. Auf einen Schlag wurde ich sowohl meiner Selbstachtung als auch meines Lebensinhalts beraubt. Und hattest du auch nur ein einziges mitfühlendes Wort für mich? Ein Wort? Nein! Kein einziges!«
    Joss hielt die Tränen und die bitteren Worte zurück, die sie wie so oft auf der Zunge hatte, aber doch nie aussprach, und schluckte. »Das ist unfair, Marvin. Ich habe sehr wohl Mitgefühl gezeigt und versucht, mit dir zu reden und Vorschläge zu machen. So etwas kommt nun mal vor, und es passiert vielen Leuten. Aber andere zerfließen nicht in Selbstmitleid – natürlich ist man erst mal geschockt und eine Weile verunsichert, aber dann rappelt man sich wieder auf, und das Leben geht weiter.«
    »Was für ein Leben bleibt mir denn? Hä? Kannst du mir das sagen?«
    »Wahrscheinlich hast du noch dreißig oder vierzig Jahre vor dir – wobei du mindestens die Hälfte dieser Zeit durchaus arbeiten könntest.« Joss musste sich sehr beherrschen, damit ihre Stimme nicht entgleiste. »Du solltest dir wirklich einen anderen Job suchen. Für jemanden wie dich gibt es da draußen jede Menge Möglichkeiten. Aber sie werden nicht zu dir kommen. Du musst dich aufmachen und danach suchen.«
    »Du bist wohl neuerdings Expertin in Sachen Stellensuche, was?«
    »Noch nicht«, sagte Joss und wünschte beim Blick auf den Bildschirm, Russells Frau würde mit einer Machete in der Hand zu ihrem dummen Mann rennen, um ihm solidarisch beizustehen. »Aber das wird sich bald ändern. Wenn du dir keinen Job suchst, dann tu ich es eben. Ich werde arbeiten gehen, Marvin.«
    Er lachte. Lange. Aber fröhlich klang es nicht.
    »Und wer, glaubst du, wird dich haben wollen? Eine Frau, mit dreißig Jahre alten Mindestqualifikationen, die seitdem nur zu Hause war und keine Stellung mehr hatte? Die Welt hat sich weitergedreht, Jocelyn, während du verwöhnt in deinem Elfenbeinturm gesessen hast. Du findest nie einen Job. Kein Mensch, der halbwegs bei Trost ist, würde dich einstellen!«
    Joss grub die Fingernägel in die Handflächen, und nur so gelang es ihr, erst dann zu explodieren, als sie in der Küche Zuflucht gefunden hatte. Hinter einem Schleier aus Tränen der Wut und Ohnmacht knallte sie die Türen, trat gegen Schränke und schleuderte Besteck ins Spülbecken.
    Als sie sich etwas besser fühlte, goss sie sich eine Tasse Kaffee ein und hoffte, Marvin würde es riechen und als offene Rebellion auffassen, dann breitete sie mit immer noch leicht zitternden Händen den Winterbrook Advertiser auf dem Tisch aus und blätterte, bis sie zu

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