Sommernachtszauber
ist genauso gut – dies ist Lavendel – und die Rosenessenz hier enthält Weißdorn, was im Grunde dasselbe ist, nur in einem anderen Entwicklungsstadium.«
»Und diese Essenzen kann ich selbst anwenden?« Joss nahm die kleinen Schmuckfläschchen entgegen. »Bist du sicher?«
»Absolut«, bestätigte Sukie. »Ich verwende sie sonst in Massageölen, aber in diesem Fall musst du sie nur einem warmen Bad zusetzen, kurz bevor du zu dem Treffen gehst. Vier Tropfen Jasmin, drei vom Lavendel und einen Tropfen Weißdorn. Okay? Entspann dich im Bad, schließ die Augen, atme die im Wasserdampf gelösten Aromen ein, und stell dir vor, wie du diesem, äh, Mr Fabian voller Selbstvertrauen gegenübertrittst – dann wirst du genau so wirken, wie du es dir wünschst. Ehrlich.«
Joss strahlte. »Wunderbar! Danke – ich geb dir Bescheid, wie es gegangen ist. Wahrscheinlich will er in Wirklichkeit ja eigentlich mit dir sprechen, aber hiermit werde ich mich bestimmt sehr viel besser fühlen.« Sie steckte die kleinen Flaschen in ihre Tasche. »Vier Tropfen von dem, dann drei von diesem und einen von jenem – das kann ich mir merken. Vielen Dank – oh, was schulde ich dir?«
»Gar nichts.« Sukie lächelte. »Wirklich, Joss, es freut mich, wenn ich helfen kann. Und vergiss nicht, mir zu erzählen, wie es gelaufen ist. Viel Glück!«
Joss umarmte Sukie. »Du bist wunderbar. Vielen Dank. Und natürlich lass ich dich wissen, wie es war.«
Sukie sah, wie Joss in ihren Wagen hüpfte und freudestrahlend davonfuhr.
Na schön, immerhin hatte sie heute mit ihren Duftessenzen der armen Jocelyn Benson helfen können. Und den Kartenspielern. Und Ellen. Und dann auch Amber. Und Jem.
Wenn sie doch auch nur etwas zusammenbrauen könnte, womit sich ihr eigenes Problem ebenso leicht lösen ließe …
18. Kapitel
N achdem Sukie die restliche Mittagszeit mit Tagträumen über Derry im Besonderen und Grübeleien über unglücklich Liebende im Allgemeinen verbracht hatte, verspeiste sie einen Teller Nudeln als späten Lunch, räumte den Massagesalon im Esszimmer auf und erledigte die restlichen Hausbesuche des Tages.
Da sich die hausgemachten Essenzen bislang als überaus wirksam erwiesen hatten, war Sukie überzeugt – felsenfest überzeugt -, dass Cora auch irgendein Rezept zur Überbrückung großer Entfernungen zwischen einsamen Herzen gekannt haben musste, da sie ja in Kriegszeiten angeblich so erfolgreich darin gewesen war, Liebespaare zusammenzubringen.
Sukie glaubte, sich sogar dunkel an einen Vers zu erinnern; anders als die Rezepte zu den Liebestränken war es ein längeres Gedicht gewesen, das Cora manchmal entrollt und wie für sich selbst leise vorgelesen hatte. Dieses Gedicht hatte Sukie als Kind immer traurig gemacht, auch wenn sie die Bedeutung nicht ganz verstanden hatte. Bei den Worten, die von Verlust und Einsamkeit handelten, war das Lächeln aus Coras Gesicht verschwunden und ihr Blick immer in weite Ferne geschweift. Dann war die kleine Sukie genauso traurig geworden wie ihre Großtante, ohne zu wissen, warum.
Bislang war dieses besondere Stickbild noch nicht mit den anderen zum Vorschein gekommen, wahrscheinlich, folgerte Sukie nun, weil es dabei nicht um ein Rezept für Massageöle ging. Aber vielleicht war es genau das, was sie suchte, und irgendwo musste es doch sein … Ihr war klar, dass sie keine Ruhe mehr finden würde, bevor sie es nicht aufgestöbert hätte.
Und so kramte Sukie noch einmal in den dunkelsten Winkeln des Handarbeitskorbs und unterbrach die Suche nur, um einige Glückwunsch-Anrufe infolge von Joss’ Artikel entgegenzunehmen, darunter auch einen von ihrer Mutter, die auf einmal sehr gesprächig war und sagte, sie müssten sich wirklich mal wieder zum Essen oder zu einem Einkaufsbummel treffen oder so; eine scherzhafte SMS von Chelsea; ein längerer Redeschwall von Jennifer, die meinte, es sei eine tolle Publicity für Beauty’s Blessings und die Kylies würden sich allmählich eingewöhnen und machten sich immer besser; und eine SMS von Derry – durch die sie sich mit blödsinnig zittrigen Fingern klickte -, der ihr schrieb, dass die Jungs in seiner Werkstatt das Bild von der Cancan-Truppe ausgeschnitten und neben die Poster von Jordan und Jodie Marsh an die Wand gehängt hatten.
Als der Nachmittag in den Abend überging, fand sie, was sie gesucht hatte, ganz unten in dem Stapel verblasster Stickbilder, eingewickelt in vom Alter brüchige Papierservietten:
So viele Menschen sind
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