Sommernachtszauber
zu werden. Chelsea hatte recht. »Red mir doch jetzt keine Schuldgefühle ein! Würdest du denn mitmachen, wenn ich verspreche, Milla auf den Zahn zu fühlen, bevor ich irgendwas unternehme? Wenn es klappt, könnte ich doch deine Brautjungfer werden?«
»Nein.«
»Jetzt komm schon, Chelsea – letzten Endes ist alles ja eigentlich deine Schuld. Wenn du nicht den Großteil von Jennifers wahnsinnig teuren synthetischen Blütenessenzen eingesackt und sie Fern geschenkt hättest, hätte ich nicht für Ersatz sorgen müssen, hätte nicht die Pflanzen aus dem Garten verwendet, und nichts von alledem wäre geschehen.«
»Das ist Erpressung!«
»Mag sein. Also – gib mir dein linkes Handgelenk, schließ die Augen, und denk an Nicky Hambly.«
»Kein Problem, das tu ich ja sowieso meistens.« Chelsea zog den Ärmel hoch und machte die Augen zu. »Ich muss völlig durchgeknallt sein, mich auf so was einzulassen. Ach, und Mrs Hambly, falls Sie mich hören, und all die kleinen Hambly-Kinder, die es irgendwo geben mag, verzeihen Sie bitte allein den Gedanken, dass das funktionieren könnte und ich Ihnen womöglich den Mann und den Vater entreiße.«
Rasch, bevor es sich eine von ihnen beiden vielleicht noch anders überlegte, kramte Sukie in ihrer Tasche und holte das Elixier hervor. Sie sah sich im Pub um und vergewisserte sich, dass niemand zuschaute. Hilton mixte gerade Snowball-Cocktails für ein älteres Ehepaar, und alle drei waren schon reichlich mit gelbem Schaum bekleckert. Die wenigen übrigen Kunden hatten für nichts anderes Augen als für die Manöver mit dem Eierlikör.
Sukie entkorkte das Fläschchen und legte Chelseas linken Unterarm mit der Innenseite nach oben auf den Tisch.
»Hoffentlich musst du nicht um mich herumtanzen und Beschwörungen aufsagen«, murmelte Chelsea. »Eigentlich riecht das sehr angenehm … als wär ich in einer Pizzeria mit Blumen auf dem Tisch.«
»Red jetzt nicht, sondern denk an eine Sommerwiese im hellen Licht, voller Blumen und Schmetterlinge, und stell dir vor, dass Nicky Hambly mit offenen Armen auf dich zugelaufen kommt, um dich an sich zu drücken und dich bis ans Ende eurer Tage zu lieben.«
Chelsea lächelte vor sich hin, und Sukie träufelte mit zitternden Fingern einige Tropfen der Tinktur auf ihren Pulspunkt. Während das herrliche Aroma in die Düsternis des Barmy Cow wehte und das verräucherte Grau mit dem Duft sonnendurchfluteter Gärten und honigsüßer Blüten durchzog, massierte sie das Mittel rasch in Chelseas Handgelenk ein.
»Weißt du«, sagte Chelsea verträumt, »ich seh diese Sommerwiese direkt vor mir, fast hör ich die Vögel zwitschern … Und Nicky – er ist immer noch hinreißend … Weißt du, Sukie, das mag ja alles Humbug sein, aber es ist sehr entspannend und angenehm. Kann ich die Augen jetzt wieder aufmachen?«
»Ja, und vielen Dank.« Sukie steckte das Fläschchen wieder in ihre Tasche. »Ich bin dir wirklich sehr dankbar.«
»Hm, solltest du auch.« Chelsea schnupperte an ihrem Handgelenk. »Nun, immerhin riecht es gut, und die Haut pellt sich auch nicht ab. Zur Belohnung bekomm ich einen doppelten Wodka Lemon nach Art des Hauses, vielen Dank. Und was geschieht jetzt?«
»Ich hab keinen blassen Schimmer.« Sukie grinste und stand auf, um zur Bar zu gehen. »Ich schätze, wir lehnen uns einfach zurück und warten, dass Nicky Hambly zur Tür hereinstürmt – Mensch! Das ging aber schnell!«
Die Tür flog auf, und aufgeschreckt starrten beide hinüber. Sukie hielt den Atem an.
»Huhu!« Valerie Pridmore platzte herein, gefolgt von ihrem großen, gammeligen Ehemann und mehreren ihrer erwachsenen Kinder. »Sapperlot! Herrscht ja Totenstille hier, heut Abend. Und riecht irgendwie komisch … ihr habt wohl ein neues Desinfektionsmittel für die Klos, was, Hilton? Also, wer hat Lust auf eine Runde Darts?«
Chelsea prustete. »So viel zu den doofen Naturkräften. Ach ja, willkommen in der Wirklichkeit. Netter Versuch, Sukie – beinahe hätt ich angefangen, an deinen Hokuspokus zu glauben. Zieh nur los, und versuch es bei Milla und Bo-Bo – wir wissen ja beide, dass das nie im Leben funktioniert, nicht wahr?«
19. Kapitel
J ocelyn!« Marvin donnerte an die Badezimmertür. »Was machst du denn da drin?«
»Ich nehme ein Bad.«
»Es ist Mittag! Kein Mensch nimmt mittags ein verdammtes Bad! Mittags solltest du mir etwas zu essen machen! Hast du etwa den Heizstrahler angeschaltet? Wir können es uns nicht leisten, elektrische Heizgeräte
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