Sommerprickeln
und hielt ihr die Hand hin, die sie ergriff. »Willkommen zu Hause, Annajane. Ich bin Harold, ich leite den Laden hier. Haben Sie schon immer in Passcoe gewohnt?«
»Quasi«, sagte sie. »Ich bin hier geboren.«
»Haben Sie ein Glück, aus so einem schönen Ort zu kommen. Thomas und ich finden es hier wirklich wunderschön«, gestand er. »Was uns angeht, überlassen wir Ihnen gerne Miami.«
Annajane steckte die Kreditkarte wieder ein. »Im Februar ändern Sie vielleicht Ihre Meinung, wenn es hier minus 10 Grad sind und in Florida über 27 Grad.«
»Niemals«, verkündete er. »Nun dann: Lassen Sie sich sehen. Wir erwarten Sie morgen früh zum Kaffee.«
»Vielleicht«, sagte sie. »Ich muss ziemlich früh zur Arbeit.«
»Wo arbeiten Sie?«
»Bei Quixie, dem Softdrinkhersteller.«
»Quixie! Das lieben wir! Wir haben sogar schon überlegt, ob wir es kistenweise kaufen und in jedes Zimmer eine Flasche stellen sollen. Die Gäste sind ganz verrückt nach lokalen Produkten.«
»Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie das machen wollen«, sagte Annajane, immer im Einsatz. »Ich kann dafür sorgen, dass einer unserer Handelsvertreter zu Ihnen kommt und das Pinecone in die Lieferroute aufgenommen wird.«
»Super!«
Annajane nahm ihren Schlüssel. »Gute Nacht, Harold.«
»Gute Nacht, Annajane.«
32
Mason hielt Wache, bis er überzeugt war, dass Annajane sicher in ihrem Cottage verschwunden war. Als die Lichter in dem Holzhaus angingen, fuhr er widerstrebend heim.
Letha hatte auf der Veranda das Licht für ihn brennen lassen. Er machte sich nicht die Mühe, in die Garage zu fahren, sondern parkte vor der Eingangstür und ließ den Wagen dort stehen.
Er ging in die Küche und sah, dass sie ihm einen Teller mit Essen hingestellt hatte, sorgfältig mit Alufolie abgedeckt. Er warf es in den Müll.
Vorsichtig stieg er die Treppe hoch in den zweiten Stock. Er öffnete Sophies Schlafzimmertür und spähte hinein. Eine Nachtleuchte mit rosa Schirm brannte neben dem Bett, Sophies blonde Locken ergossen sich über das Kopfkissen. Mason hockte sich auf die Bettkante und betrachtete die Kleine. Vor fünf Jahren hatte er Angst davor gehabt, ein Kind großzuziehen. Sie war so winzig, so krank, so hilflos gewesen.
Er hatte Glück gehabt, Letha zu finden, Vonciles Schwägerin und wie Voncile eine Witwe. Sie hatte selbst drei Kinder großgezogen und sich um zahllose Enkel gekümmert. Letha war so mager, wie Voncile pummelig war, hatte grellrot gefärbtes Kraushaar und blassblaue Augen. Letha war ein ruhiger, liebevoller Mensch, der sich von Sophies Koliken und ihren Schlafproblemen nicht beirren ließ. Doch auch wenn das Kindermädchen da war, schien Sophie Masons Gegenwart zu bevorzugen. In den ersten sechs Monaten war er öfter, als er zählen konnte, in einem Sessel neben ihrem Bettchen eingeschlafen, das unruhige Kind an seine Brust gedrückt.
Mason fragte sich, wie Sophie reagieren würde, wenn ein zweites Kind ihr seine Zuneigung streitig machte. Ob sie eifersüchtig würde? Und wie würde Celia mit Sophie umgehen, wenn ihr eigenes Baby geboren würde? Sie war Mason nie besonders mütterlich vorgekommen. Irgendwie war es ihm gelungen, das in der kurzen Zeit, die sie sich kannten, zu verdrängen. Celia war lustig, sie war lebhaft, zweifellos attraktiv und hatte ihn nur so angehimmelt.
Aber Mason spürte etwas Unterschwelliges bei ihr, etwas Kaltes, Dunkles, das er nicht durchdringen konnte, es nicht mal versuchen wollte.
Sophie rührte sich, er legte ihr die Hand auf den Rücken. Ihr Gesicht entspannte sich, und er merkte, dass es ihm genauso ging. Mason wickelte eine ihrer seidigen Korkenzieherlocken um seinen Finger. Von Sophies Existenz zu erfahren, war ein Schock für ihn gewesen, aber jetzt konnte er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Er konnte nur hoffen, dass es ihm mit Celias Baby genauso ergehen würde. Auch wenn er wusste, dass er sie niemals so lieben würde, wie er immer geglaubt hatte, eines Tages die Mutter seiner Kinder zu lieben. Diese Liebe, dachte Mason, gehörte einer anderen. Annajane.
Sophie drehte sich um, dabei tauchte ihr Täschchen auf, das sie unter der Bettdecke versteckt hatte. Sie hatte es im letzten Jahr von Annajane zum Geburtstag bekommen, und schnell war es ihr kostbarstes Gut geworden, das sie nur selten aus den Augen ließ. Wann immer im Haus eine Kleinigkeit verschwand, wussten alle, dass man in Sophies Täschchen nachsehen musste. Besonders gern mochte sie alles, was
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