Sommerprickeln
du, dass Glenn Bayless Probleme mit dem Herzen hatte, schon bevor er an dem Herzinfarkt starb?«
»Warum fragst du?«
»Davon war heute die Rede«, wich Annajane aus. »Und da habe ich mir Gedanken gemacht. Weißt du, ob er auch schon früher gewisse Symptome gezeigt hat?«
»Oh, ja!«, antwortete Voncile. »Er hatte doch hier im Büro so einen Anfall, ein paar Monate vor seinem Tod. Hat mir eine Heidenangst eingejagt.«
»Wirklich?«, fragte Annajane und beugte sich vor. »Das wusste ich nicht. Wann war das denn?«
Voncile musste nachdenken. »Irgendwann im Sommer. Es war ein Nachmittag, als er von einem großen Steakessen kam, wahrscheinlich im Rotary Club. Er trat ins Büro und sah so blass aus, er sah wirklich schlimm aus. Er versicherte mir, es ginge ihm gut, aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Ich holte ihm ein Glas Wasser und gab ihm Magentabletten, aber die schienen nicht groß zu helfen. Ich sage dir, Annajane, ich habe ihm an dem Tag so zugesetzt, dass er mir drohte, mich rauszuwerfen. Schließlich hat er dann doch seinen Kardiologen angerufen, Dr. MacNamara drüben in Pinehurst, und als der Arzt von seinen Symptomen hörte, wollte er natürlich sofort einen Krankenwagen für Mr Glenn bestellen. Dann habe ich ihn aber selbst nach Pinehurst gefahren.«
»War es ein Herzinfarkt?«, fragte Annajane.
»Das glaube ich nicht. Aber du weißt ja, wie Mr Glenn so war. Er war eitel, was sein Alter anging. Wollte nie zugeben, wenn etwas nicht stimmte. Ich würde wetten, dass er in den ganzen Jahren, die ich für ihn gearbeitet habe, höchstens ein- oder zweimal zu Hause geblieben ist.«
»Mason ist genauso«, sagte Annajane. »Verleugnet jede Erkältung, bestreitet schlichtweg die Möglichkeit, dass er krank werden könnte. Das heißt also, Glenn war bei einem Kardiologen?«
»Sicher«, bestätigte Voncile. »Du weißt ja, ich habe alle Termine für Mr Glenn gemacht, geschäftliche wie private. Auch Termine beim Arzt, Zahnarzt, Frisör, überall. So hatte ich alles in einem Kalender und konnte ihn dran erinnern. Ich habe die Termine mit Dr. Kaufman und Dr. MacNamara gemacht. Und ihm seine Rezepte ausstellen lassen. Ich musste aufpassen, dass er seine Medikamente auch jeden Tag nahm.«
»Fürs Herz?«, fragte Annajane.
»Und gegen den hohen Blutdruck«, sagte Voncile.
Sie spielte mit einer Papierserviette. »Annajane, warum stellst du mir die ganzen Fragen über Mr Glenn?«, wollte sie wissen. »Er ist schon lange tot. Fünf Jahre. Willst du mir verraten, was heute bei dem Treffen mit dem Anwalt herausgekommen ist? Mason sah irgendwie komisch aus, als ihr heute vom Mittagessen zurückkamt.«
»Es wäre mir lieber, wenn er es dir selbst erzählt.«
Voncile machte ein langes Gesicht.
»Na gut«, sagte Annajane. »Ich weiß, dass Mason nach dem Mittagessen ein geschäftliches Telefonat führen muss. Und ich weiß, dass er es dir auch erzählen würde, also es ist so: Die Firma geht in gleichen Teilen an seine Kinder, nicht an Sallie. An seine vier Kinder: Mason, Davis, Pokey und Sophie.«
Voncile hob eine Augenbraue. »Soll das heißen, Sophie ist das Kind von Mr Glenn? Nicht von Mason? Meine Güte, das muss ja eine große Überraschung für alle gewesen sein. Aber wie soll eine Fünfjährige einen Anteil an der Firma besitzen?«
Annajane lehnte sich auf dem harten Plastikstuhl zurück und musterte Voncile. Die Sekretärin hatte das beste Pokergesicht, das ihr je untergekommen war.
»Als gesetzlicher Vormund wird Mason Sophies Firmenanteil verwalten, bis sie mit einundzwanzig volljährig wird«, sagte Annajane.
Voncile dachte eine Weile nach, dann nickte sie langsam, als sie verstand. »Wenn also Pokey, Mason und Sophie die Firma nicht verkaufen wollen, können sie Davis überstimmen, ist das richtig?«
»Grundsätzlich ja«, sagte Annajane.
»Gelobt sei der Herr!«, stieß Voncile aus und sah zum Himmel. »Ich habe die ganze Woche lang Bauchschmerzen gehabt, habe mir Sorgen gemacht, was mit uns allen geschieht, wenn wir verkauft werden.«
»Ich auch«, gab Annajane zu.
»Und Sallie hat nichts mehr dazu zu sagen, was mit Quixie passiert?«
»Nein«, sagte Annajane. »So wie Mr Thomas sagte, war Glenn der Ansicht, Sallie wolle in ihrem Alter nicht mehr mit der Leitung der Firma belästigt werden. Schließlich hatte er sie in seinem Testament schon sehr gut bedacht.«
»Junge, Junge«, sagte Voncile. »Das gab bestimmt ein hübsches Feuerwerk, als alles herauskam. Insbesondere das mit
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