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Sommersonne

Sommersonne

Titel: Sommersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catt Ford , Uta Stanek
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dann mit meinem Einkaufskorb zur Kasse.
    »Bist du nicht J.D., das mittlere Kind der Andrews?«
    Ich lächelte die Frau hinter der Kasse an. Und da ging sie hin, meine Anonymität, aber irgendwie mochte ich Miss Agnes.
    Sie hatte schon in dem Laden gearbeitet, als wir das allererste Mal zum See gefahren waren. Soviel ich weiß, könnte er ihr vielleicht sogar gehören.
    »Hi, Miss Agnes. Stimmt, das bin ich. Wie geht's Ihnen?«
    »Ganz gut so weit, danke der Nachfrage. Sag deiner Mutter liebe Grüße und dass sie sehr höfliche Kinder großgezogen hat.« Sie fing an, mich abzukassieren, und ihre Augen glänzten, als sie sagte: »Du bist also Russ' Freund. Er ist so ein lieber Junge und ich bin froh, dass er endlich jemanden gefunden hat, mit dem er glücklich werden kann.«
    Ich wollte ein Loch in den Holzfußboden sägen und hindurchfallen. Nicht weniger als vier Leute drehten sich um und starrten mich unverhohlen an. Zwei Mädchen im Teenageralter kicherten und flüsterten in einer Ecke.
    »Nein, da müssen Sie sich irren. Ich habe keinen Freund. Oder eine Freundin.«
    Miss Agnes' Stirn legte sich in kleine Falten und die Luft wurde schlagartig etwas kühler. Oder lag das an mir? »Verstehe. Tja, ich hätte auch nicht erwartet, dass du jemals eine Freundin haben würdest. Und mit diesem Verhalten stehen deine Chancen auch nicht besonders gut, einen Freund abzubekommen oder gar zu halten.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich habe dich aufwachsen sehen, J.D., ich weiß, dass du… na ja…« – sie senkte die Stimme und zeigte damit das erste Mal etwas Diskretion – »… einer dieser Jungs bist. Aber du warst damals ein süßer, kleiner Junge.«
    »Ja, tja, vielleicht hab ich jetzt etwas mehr auf dem Kerbholz«, meinte ich, nicht nur verärgert über die Darstellung meines Charakters, sondern auch über die Vorstellung, dass jeder hier oben am Star Pond mich beobachtet und Wetten auf meine sexuelle Orientierung abgeschlossen hatte.
    »Nun, möglicherweise ist Russ ohne einen Freund wie dich besser dran«, sagte Miss Agnes steif. »Ich hoffe nur, du brichst ihm nicht das Herz.«
    »Und was ist mit meinem?«, murmelte ich und kramte nach meinem Portemonnaie. »Wie viel macht das?«
    Sie nannte mir den Preis und ich reichte ihr einen Fünfer. Auf das Wechselgeld wartete ich nicht, sondern schnappte mir meine Tasche und verließ den Laden. Vielleicht bildete ich mir das nur ein, aber jetzt hatte ich das Gefühl, dass jeder, an dem ich vorbeikam, mich anstarrte.
    Sobald ich wieder im Kanu saß und es losgebunden hatte, stieß ich mich vom Pier ab und paddelte wie der Teufel, bis ich ganz verschwitzt war. Ich war wütend auf mich selbst, so ungehobelt mit Miss Agnes umgesprungen zu sein, wütend auf sie, weil sie mich so aus der Bahn geworfen hatte, und am allermeisten war ich wütend auf Russ.
    Wie konnte er es wagen , mit den Leuten im Dorf über uns zu sprechen? Nicht, dass es da überhaupt ein uns gegeben hätte, und das würde ich ihm auch so schnell wie möglich klar machen.
    Ich war gewillt, darauf zu verzichten, ihn ein weiteres Mal zu ficken, wenn das nötig war, um das Ganze zu beenden. Ich hätte nach Bermuda oder South Beach fahren sollen. Dort hätte ich ein endloses Büfett an schwulen Männern haben können, jede Nacht einen anderen Kerl und keine Erwartungen darüber hinaus.
    Es fiel mir schwer, mich daran zu erinnern, welchem Impuls ich nachgegeben hatte, als ich mich dazu entschlossen hatte, nach fünfzehn Jahren wieder zum See zu fahren. Und das für sich allein genommen war schon ein gruseliger Gedanke.
    Mit meiner Tüte unter dem Arm stampfte ich zum Haus hoch, Adrenalin pumpte noch immer durch meine Adern, als ich die Einkäufe sorgfältig verstaute. Inzwischen hatte ich keinen Hunger mehr.
    Wenn ich darüber nachdachte, hatte in der Tat alles, was zwischen uns geschehen war, zu seinen Bedingungen stattgefunden. Russ kreuzte einfach hier auf, wann immer ihm danach war, und erwartete, flachgelegt zu werden oder flachlegen zu können. Es war an der Zeit, dass zur Abwechslung ich mal die Zügel in die Hand nahm.
    Grimmig marschierte ich wieder runter zum Steg, auf dem ich mich niederließ, und wartete. Und wartete.
    An diesem Abend tauchte er nicht auf. Oder rief an.
    Wie auch immer. Ich wollte ihn sowieso nicht sehen.
     
    Als er am Tag darauf aufkreuzte, begann er sogleich, sich dafür zu entschuldigen, gestern nicht angerufen zu haben. »Ich hab in einem Fall festgesteckt, der sich dann

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