Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Kunstwerk. Etwas schien noch zu fehlen, denn zufrieden war sie nicht.
Ohne lange darüber nachzudenken, streifte Arrow ihren Finger durch den Sand und malte einen Hirsch mit einem so großen Geweih, wie es nur Isidor haben konnte. Und als sie fertig war, klatschte Juna laut in die Hände und lachte dabei so ausgelassen, als wäre es genau das gewesen, was sie vermisst hatte.
„Arrow?“, stammelte Neve verschlafen.
Dewayne wandte sich hastig zu ihr um und Keylam, der blitzartig hochschreckte, schaute zunächst neben sich auf den Platz, an dem sie gerade noch gelegen hatte. Dann blickte er sie ungläubig an und strich sich über die Augen.
„Du bist wach“, sagte er verblüfft.
Sie lächelte und während Juna ihr quiekend um den Hals fiel, kamen auch die anderen an ihre Seite, um sie zu umarmen.
„Aber etwas ist anders“, stellte Neve rätselnd fest. Sie begutachtete Arrow von Kopf bis Fuß und fügte erstaunt hinzu: „Die Fesseln sind verschwunden.“
Arrow fehlten die Worte. Sie war einfach nur glücklich, darüber, dass sie ihren Mann, ihren Bruder und sowohl seine als auch ihre Familie wieder bei sich hatte. Vor allem jedoch freute sie sich, dass die letzte Begegnung mit Isidor kein Traum gewesen war.
„Sie haben mich freigegeben“, entgegnete sie mit Tränen in den Augen.
Keylam musterte sie ungläubig. „Ist das wahr?“
Und als sie nickte, schlang er so fest seine Arme um sie, als würde es kein Morgen geben.
„Aber wie hast du das angestellt?“, fragte die Elfe.
„Ich weiß es nicht. Gerade eben noch bin ich an einem geheimnisvollen Ort gewesen, habe die Túatha Dé Danann und Row gesehen. Dann war ich bei den Sternen, wo der Hirsch mir die Freiheit geschenkt hat, und jetzt bin ich hier.“
„Du hast Row gesehen?“, entgegnete Dewayne stirnrunzelnd. „Wo?“
Seine Laune schien sich binnen eines Augenblicks ins Gegenteil gewandelt zu haben. Gerade eben noch hatte er seine Schwester überglücklich in die Arme geschlossen und nun hatte es den Anschein, als stünde er einem durch und durch bösartigen Geist gegenüber.
„Ich weiß es nicht genau“, entgegnete sie nachdenklich. „Dort, wo ich zunächst gewesen bin, war es wunderschön. Es war ein Gebirge mit terrassenartigen Becken, in denen sich Meerjungfrauen und Fische in den schillerndsten Farben getummelt haben.“
„Das Himmelsmeer“, sagte Keylam. „Hast du ihn dort gesehen? Ist das der Platz, wo sich die Túatha Dé Danann aufhalten?“
„Nein, aber ich habe dort etwas beobachtet, das sehr beunruhigend war. Row hat sich dort aufgehalten und er hat mit den Wesen dort etwas Seltsames angestellt. Viele von ihnen waren verändert. Als wäre mit einem Schlag alles Schöne aus ihnen gewichen.“
„Sicher ist ihnen das Gleiche zugestoßen wie den Elfen, die wir aufgelesen haben, und dem Zwerg Barnabas“, erwiderte Neve.
„Als er fertig war“, fuhr Arrow fort, „und davon gelaufen ist, bin ich ihm gefolgt. Er hat sich schneller durch die Lüfte bewegt als jeder Vogel, den ich kenne. Er war sogar schneller als ich, bevor ich zur Blauen Lady geworden bin. Er hat an einem Wald gehalten, aber vielleicht hat es auch nur ausgesehen wie ein Wald. Es war so schwer zu erkennen, denn einen richtigen Baum habe ich dort nicht erblicken können. Überall waren nur diese vielen, ineinander verschlungenen Wurzeln. Es wirkte überaus gespenstisch und zugleich auch sehr geheimnisvoll. Dort habe ich die Alten Könige gesehen. Aber auch sie waren verändert. Zumindest verhielten sie sich nicht so wie die Elfen, die ich kenne. Row ist vor sie getreten und hat eine Energie entladen, so rein wie funkelnde Sonnenstrahlen. Dann haben ihn die Túatha Dé Danann mit ‚Gezeichneter‘ angesprochen. Mir ist beinahe das Blut in den Adern gefroren. Ich wollte ihn weiter beobachten, um eine Erklärung für das alles zu finden. Ich hatte gehofft, meine Augen würden mir nur einen dummen Streich spielen. Oder aber Row würde es mit den Túatha Dé Danann tun. Doch bevor ich wusste, wie mir geschah, habe ich mich auch schon inmitten der Perseiden wiedergefunden.“
„Hat Laris sich ebenfalls dort aufgehalten?“, fragte Neve hoffnungsvoll.
„Leider nicht. Und nicht zu wissen, wo er überhaupt ist, behagt mir ganz und gar nicht.“
„Mit dieser Meinung stehst du nicht allein da“, entgegnete sie stirnrunzelnd.
„Row“, hakte Dewayne nach, „ist er dir auch verändert vorgekommen?“
„Ich wünschte, dem wäre so gewesen. Bis vor kurzem
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