Sommerzeit
mal.«
Wollten sie ihn entführen? Ihm die Kehle durchschneiden oder ihn erschießen und dann den Felsen hinunterwerfen? Ihn vielleicht in den Kofferraum seines eigenen Wagens einsperren und dort ersticken lassen?
Knutas hielt sein letztes Stündlein für gekommen, als der Anführer die Tür zu einer Garderobe neben der Diele öffnete und den anderen ein Zeichen gab, Knutas dort hineinzustoßen.
»We are very sorry«, hörte er noch, ehe die Tür zugeknallt wurde.
Zehn Minuten darauf fuhren Martin Kihlgård und Thomas Wittberg vor dem Haus vor, dicht gefolgt von weiteren Dienstwagen. Keine Menschenseele war zu sehen. Die Haustür war angelehnt.
Aus dem Haus hörten sie ein dumpfes Pochen. Wittberg rannte zuerst ins Haus. Das Geräusch kam aus einem Nebenraum der Diele. Ein Brett war quer über die Tür genagelt.
Er fand auf dem Boden vor dem Haus ein Stemmeisen und brach mit einiger Mühe die Tür auf.
»Was zum Teufel?«, keuchte er, als er in die Garderobe schaute.
Sie hatten Knutas gefunden.
J ohan hatte den Kopf in die Hände gestützt und schaute in den staubigen Kies hinab. Er war viel zu aufgewühlt zum Autofahren und war deshalb von Emmas Haus zum in der Nähe gelegenen Fußballplatz gelaufen. Dort setzte er sich auf eine Bank und rauchte eine Zigarette nach der anderen, bis sein Hals wie Feuer brannte. Er wusste nicht mehr, wie lange er dort schon saß, als er eine Frau entdeckte, die mit einem Kinderwagen näher kam. Sein Magen krampfte sich zusammen, als er sie erkannte. Es war Emma mit Elin. Seiner Tochter. Er wollte hinstürzen und ihr den Kinderwagen aus den Händen reißen.
Dann drehte sie den Kopf und schaute in seine Richtung. Einige Sekunden lang glaubte er, dass sie einfach weitergehen würde, als hätte sie ihn nicht gesehen. Aus dem Augenwinkel registrierte er, dass sie sich näherte. Innerlich erstarrte er.
Noch immer hatte er das Gesicht in die Hände gestützt und schaute nicht auf. Emma hielt den Kinderwagen an und hob die fröhlich krähende Elin heraus.
»Aber sieh mal, da ist ja Papa«, rief Emma mit heller Stimme und hielt Johan das Kind hin.
Johan hob den Kopf, und plötzlich war seine kleine
Tochter so nahe bei ihm, dass er ihren Duft roch. Die kleinen braunen Augen, das herzförmige Gesichtchen, das Grübchen im Kinn. Sein Grübchen.
Er gab sich alle Mühe, sie anzulächeln, und streckte die Arme aus. Im nächsten Moment presste er den warmen, runden kleinen Körper an seinen. Und dann konnte er nicht mehr. Johan hielt seine Tochter in den Armen und begann zu weinen, dass seine Schultern bebten.
Emma saß ratlos neben ihm und schwieg.
K nutas wurde zu einer Untersuchung ins Krankenhaus gefahren. Er war nicht verletzt, aber Kihlgård bestand darauf. Doch schon um zwei Uhr nachmittags war er wieder im Büro. Die gesamte Ermittlungsleitung war an diesem Sonntag anwesend. Es war keine Zeit zu verlieren. Es gab eine neue Spur.
Knutas hatte sich kaum an seinem Schreibtisch niedergelassen, als Karin hereinschaute.
»Hallo. Wie geht es dir?«
Sie umarmte ihn kurz.
»Was für eine Geschichte. Schön, dass es so gutgegangen ist.«
»Ja, so kann man das vielleicht sagen.«
Knutas lächelte schwach.
»Ich habe schon gehört, dass du in einen Garderobenschrank eingesperrt worden bist, aber was ist dann passiert?«
»Sie haben wohl weiter das Haus ausgeräumt. Ich saß da sicher noch eine halbe Stunde, bis ich sie wegfahren gehört habe. Da ich Kihlgård alarmiert hatte, machte ich mir keine allzu großen Sorgen. Ich wusste, dass die Kollegen mich bald finden würden. Und dann dauerte es wohl
nur noch zehn Minuten oder eine Viertelstunde, bis sie da waren.«
»Hast du gehört, was diese Typen für eine Sprache sprachen?«
»Ich kenne mich mit Sprachen nicht so aus, das weißt du, aber ich glaube, es war eine baltische, vermutlich Estnisch.«
»Glaubst du, es waren die Leute, die Vendela Bovide misshandelt haben?«
»Das liegt jedenfalls nahe.«
»Hast du schon die Fotos durchgesehen?«
»Japp. Gleich als Erstes, sowie ich aus dem Krankenhaus wieder da war. Ich bin die Fotos in der Kartei eine Ewigkeit lang durchgegangen. Aber leider waren sie nicht darunter.«
»Aber wie sehr stimmt deine Beschreibung dieser Männer mit Vendelas überein?«
»Ich halte es für wahrscheinlich, dass die beiden, die sie misshandelt haben, dabei waren. Aber heute hatte ich es ja noch mit einem Dritten zu tun.«
»Jetzt haben wir durchaus Grund zu der Annahme, dass der Mord an Peter
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