Somnambul Eliza (German Edition)
Brüsten eindeutig der eines noch unreifen Mädchens. Der
Blick in ihr Gesicht ließ verschiedene Deutungen zu. Ihr sinnlicher Mund war
leicht geöffnet, die Augen geschlossen. Man hätte ihr einen sinnlich,
erotischen Traum unterstellen können, wären ihre Augenlider nicht so auffällig,
wie von vielen Tränen, gerötet gewesen. Das eigentliche Zentrum der Zeichnung
aber war ihr entblößter Unterleib, der von ihrem hochgeschürzten blauen Rock
umrahmt wurde. Ihre Beine waren gespreizt und gaben den Blick auf ihre
dunkelrote Scham frei.
„Dieses Bild gefällt mir“, bemerkte René
erfreut. „Erinnert es Sie nicht auch an die Histoire d‘O ? Der hochgeschlagene Rock und das zugleich
gequälte und wollüstige Gesicht?“
Er schaute Eliza erwartungsvoll an und
seine Augen funkelten lüstern, als sie respektlos an ihr hinauf und herab
wanderten.
„Tut mir leid. Ich habe dieses Buch
nicht gelesen“, erklärte Eliza kühl.
„Das sollten Sie aber tun. Es handelt
von einer jungen Frau, die ihr Glück in der Erniedrigung, die Lust im Schmerz
findet. Letztlich ist das eine allzu menschliche Eigenart und betrifft nicht
nur Frauen. Valeriu und ich gehören einer anderen Art an. Wir nehmen, was ihr
uns gebt. Sie ahnen nicht, wie gnadenlos wir sein können und wie freigiebig Sie
sein werden.“
„Wie können Sie es wagen, Valeriu die
gleichen perversen Gelüste zu unterstellen, die Sie scheinbar umtreiben?“
fragte Eliza und der schrille Unterton ihrer Stimme war ein Zeichen ihrer
Nervosität und Verunsicherung.
René war so dicht an Eliza
herangetreten, dass er sie fast berührte und sein schweres Parfüm ihr stechend
in die Nase stieg. Er streckte die Hand nach ihr aus und mit seinem kalten, beringten Zeigefinger strich er an ihrer Schläfe hinab bis
zu ihrem Hals und sie spürte die Schärfe des zu langen, perfekt manikürten
Fingernagels auf ihrer Haut.
„Oh, Valeriu und ich sind uns sehr ähnlich,
Eliza. Die Einsamkeit gehört zu unserer Natur, ebenso wie die Gier. Valeriu
scheint beides unterdrücken zu wollen. Er kämpft dagegen, aus reiner
Sentimentalität, aber er wird den Kampf verlieren.“
Sie wich schaudernd zurück, doch er
folgte ihr, ohne sie noch einmal anzufassen und fixierte sie dabei unverwandt
mit seinen diabolischen Augen, aus denen ihr feurige Gier entgegenschlug, die
aber gleichzeitig so kalt waren, dass es sie frösteln ließ. Sie hatte Angst und
mit einem Mal war sie überzeugt, dass Valeriu nicht übertrieben hatte.
„Ich hingegen halte nichts von
Selbstkasteiung“, fuhr René im Plauderton fort. „Ich sage Ihnen ganz offen,
dass ich Sie gern in der Pose dieses Schiele-Mädchens sehen würde – und in so
einigen anderen. Sie gefallen mir und was mir gefällt, möchte ich besitzen. In
dieser Beziehung bin ich wie ein Kunstliebhaber.“
Er kam einen Schritt näher und schaute
sie herausfordernd an: „Sie haben von mir geträumt, ma chère .“
Es war keine Frage, sondern eine
Feststellung.
„Wie meinen Sie das?“ Diesmal ließ sich
die Verunsicherung nicht mehr verbergen. Aus Elizas Stimme sprach blankes
Entsetzen.
Renés breites Grinsen hatte noch an
Überheblichkeit zugenommen.
„Sie wissen genau, wovon ich spreche.
Das sieht man Ihnen an, Eliza. Warum sind Sie so nervös, meine Liebe?“
„Ich lasse mich nicht gern bedrohen,
René. Das ist alles.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust,
nicht zuletzt, um ihre zitternden Hände zu verbergen.
„Nichts liegt mir ferner, als eine Dame
zu bedrohen, Eliza. Ich dachte bloß, wir könnten unser kleines Spielchen zu
Ende bringen, das Sie so plötzlich unterbrochen haben, wenn Sie nichts dagegen
haben.“
Renés Blick wirkte wie eine
Hypnose und machte es ihr unmöglich, sich zu rühren. Er lächelte sein kaltes,
überlegenes Lächeln, dann verengten sich seine Augen und obwohl er nichts
weiter tat, als sie anzusehen, schien sich vor Elizas Augen plötzlich alles zu
verändern. Der Raum geriet in Bewegung; alles um sie herum wurde unscharf und
die Bilder an den Wänden verschwommen. Eliza hatte Mühe, das Gleichgewicht zu
halten, so sehr schien alles zu schwanken. Sie sah nur noch Renés überhebliches
Grinsen und seine dunklen Augen, in deren schwarze Tiefe sie unaufhaltsam
gezogen wurde, wie in einen Sog, aus dem es kein Entkommen gab. Es gelang ihr
nicht, den Blick von ihm zu wenden, so sehr sie es auch versuchte. Obwohl René
sie nicht anrührte, meinte Eliza plötzlich, seine gierigen, fordernden Hände
auf ihrer
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