Somnambul Eliza (German Edition)
Haut zu spüren. Sie fühlte sich nackt und ausgeliefert und durchlitt die ganzen Qualen ihres Albtraumes noch einmal.
Doch diesmal war sie wach und er stand leibhaftig vor ihr. Wieder wollte Eliza
schreien und sich zur Wehr setzen, doch auch das gelang ihr nicht. René sah
aus, als wüsste er genau, was er ihr antat und Eliza fragte sich, ob sie dabei
war, den Verstand zu verlieren. Es gab keine logische Erklärung hierfür. Woher
sollte er diese Macht über sie haben? Sie dachte an Valeriu, der vielleicht
schon draußen im Wagen auf sie wartete und der sie trotzallem nicht hatte vor René
beschützen können. Sie wollte sich einreden, dass das alles hier nur ein
Produkt ihrer Fantasie war, doch der Mann ihr gegenüber war real und sie hatte
keinerlei Einfluss auf das, was er ihr antat.
Er schrieb mit seiner affektierten,
blassen, reich beringten Hand etwas in die Luft und
im gleichen Moment spürte sie Renés kalte Finger, die an ihrem Hals hinabstrichen und dann unvermittelt seinen messerscharfen
Fingernagel in ihrem Rücken, der sich wie eine Kralle tief und unbarmherzig in
die Haut ihrer Schulter grub. Es war ein reißender, brennender Schmerz, als
hätte man sie mit einer glühenden Klinge geschnitten. Eliza wollte schreien,
doch kein Laut kam über ihre Lippen und sie taumelte benommen rückwärts, bis
ihr die Wand Halt gab.
René stand ihr noch immer gegenüber,
ohne sich von der Stelle gerührt zu haben und er konnte unmöglich auch nur in
die Nähe ihrer Schulter gekommen sein.
„Sie werden mir jetzt zum Aufzug folgen,
Eliza, wo wir beide ganz ungestört sind“, befahl René mit ruhiger,
einschmeichelnder Stimme, ohne dass sich seine Lippen bewegten, doch er
fixierte Eliza mit seinen schwarzen, lodernden Augen und sie konnte den Blick
noch immer nicht von ihm wenden. Sie kämpfte mit aller Kraft gegen den
übermächtigen Impuls an, seiner Aufforderung willig Folge zu leisten.
Im gleichen Moment klingelte ihr Handy
und ließ sie aufschrecken wie aus einer Trance. Während sie mit zitternden
Händen das Telefon aus der Tasche zog und abnahm, lachte René höhnisch und
wirkte ausgesprochen amüsiert.
Es war Valeriu.
„Ich weiß, dass René bei dir ist. Bleib
ganz ruhig. Im Museum wird er dir nichts tun. Die Räume sind videoüberwacht und
der Wachmann verfolgt euch am Schirm auf Schritt und Tritt. Aber steig nicht
mit ihm in den Aufzug und vermeide, ihm in die Augen zu sehen. Ich bin schon im
Haus und werde gleich bei dir sein.“
Valerius Stimme hatte äußerlich ruhig
geklungen, doch sie hatte aus seinen stakkatohaften Anweisungen die wahre Besorgnis und Unruhe herausgehört. Eliza legte auf, ohne
ein Wort gesagt zu haben.
„Ich nehme an, das war Valeriu?“ fragte
René und er sprach den Namen aus, als müsse er ihn hervorwürgen .
„Er hatte schon immer ein Talent für das perfekte Timing. Nun habe ich meine
Leinwand nur signiert und noch gar nicht begonnen, mein Bild zu malen. Ich
hoffe, es hat dir trotzdem genauso viel Spaß gemacht, wie mir. Ich denke, ich
darf dich duzen, wo wir uns doch jetzt zum zweiten Mal so nahe gekommen sind?“
Eliza brachte noch immer keinen Ton
hervor, doch aus ihrem Blick sprach alle Verachtung und Geringschätzung dieser
Welt.
Dann waren lange Schritte zu hören, die
über den Parkettboden eilten. Eliza hatte sich schon oft darüber gefreut,
Valeriu zu sehen, doch so erleichtert war sie über sein Erscheinen noch nie
gewesen. Er warf René einen vernichtenden Blick zu und schloss Eliza in seine
Arme. Als er sich davon überzeugt hatte, dass sie unverletzt war, wandte er
sich erneut dem Franzosen zu, während er Eliza noch immer zärtlich an sich
gedrückt hielt. In seiner Umarmung spürte sie die immense Anspannung, die
seinen ganzen Körper beherrschte und sie hatte das Gefühl, dass es ihn große
Mühe kostete, seinen unbändigen Zorn in Zaum zu halten und René nicht mit
bloßen Händen anzugreifen.
„Ich warne dich, René. Du spielst mit
dem Feuer. Eliza ist mein Leben und der Versuch, dich über sie an mir zu
rächen, ist der dümmste Einfall, den du bisher hattest. Er ist zu gleichen
Teilen feige, wie gefährlich.“
René lachte spöttisch auf: „Oh, ich
denke, so sehr wie du dich aufregst, wäre eine solche Idee wohl gar nicht so
schlecht. Nicht, dass ich vorhätte deinem Täubchen etwas zu Leide zu tun. Aber
dennoch danke ich dir für den Tipp.“
„Ich werde immer da sein, um sie zu
beschützen und wenn es dir gelänge, ihr nur ein einziges
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