Somnambul Eliza (German Edition)
die den Vorraum
durchquerten und dann vor der Kabinenreihe auf- und abgingen. Als sie die
Kabine betreten hatte, hatten alle anderen Türen weit offen gestanden und dass
sie jetzt plötzlich alle besetzt sein sollten, war sehr unwahrscheinlich.
Außerdem waren das nicht die Schritte einer Frau. Eliza versuchte, einen Blick
auf die polternden Schuhe zu erhaschen, doch sie konnte nur ihren Schatten
ausmachen. Sie wartete ab und schließlich kehrte wieder Ruhe ein. Sie hätte
sich wohler gefühlt, wenn sie ein paar klackernde Damenpumps oder ins Schloss
fallende Kabinentüren gehört hätte, doch andererseits konnte sie sich auch
nicht ewig an diesem ungastlichen Ort verbarrikadieren. Sie nahm allen Mut
zusammen und öffnete die Tür, die sie am liebsten gleich wieder hinter sich
geschlossen hätte, doch das war jetzt unmöglich.
„Du hast dir aber Zeit gelassen, chérie . Ich wollte gerade nachsehen kommen, ob dir
da drin etwas passiert ist.“
Eliza schlug das Herz bis zum Hals und
der penetrant süßliche Parfümgeruch stieg ihr wieder in die Nase, als sie César
in die Augen sah. Dieser Geruch war es, den dieser Mann mit René gemeinsam
hatte. Er stand gegen die offene Kabinentür gelehnt und versperrte ihr sowohl
den Weg nach drinnen als auch nach draußen.
„Wenn Sie mich nicht sofort
vorbeilassen, werde ich den ganzen Bahnhof zusammenschreien“, verkündete sie
mit möglichst resoluter Stimme, doch sie drohte ihr mitten im Satz
wegzubrechen.
„Ist dir die massive Tür aufgefallen, chérie ? Solange niemand zufällig reinkommt, kannst
du hier so lange schreien, wie du willst. Ein Geflügel hat mir gezwitschert,
dass mir dein Freund diesmal nicht in die Quere kommen wird. Sagt man das so, ein
Geflügel hat mir gezwitschert ?“
„Es heißt Vögelchen. Ein Vögelchen hat
mir gezwitschert“, verbesserte Eliza trocken und hätte fast über das Geflügel gelacht, wenn der Rest nicht so bedrohlich geklungen hätte.
„Was wollen Sie von mir?“ fragte sie und
versuchte alles Gift in ihre Stimme und ihren Blick zu legen, das sie aufbieten
konnte.
Er grinste süffisant: „Was werde ich
schon von dir wollen? Du hast mich bei unserer letzten Begegnung ziemlich
scharf gemacht, chérie .“
Er drückte sie gegen die Toilettentür
und presste ihr einen ekelhaft drängenden Kuss auf die fest verschlossenen
Lippen. Er schmeckte nach Zigarettenrauch. Eliza wollte den Kopf zur Seite
drehen, doch er hielt ihn mit seinen warmen, feuchten Händen fest. Im Vergleich
zu Valerius eleganten, kühlen Händen waren es grobe, kochendheiße Pranken, die
über ihre Wange fuhren und dann auf ihren Brüsten zu liegen kamen. Eliza atmete
hysterisch als sich die Hitze seiner gierigen Finger durch ihren Pullover
brannte.
César schien ihre Angst nur noch mehr
anzuheizen und er drängte sie mit seinem schweren Körper so gegen die Tür, dass
sie sich kaum noch bewegen konnte. Als er begann, sich an ihrer Jeans zu
schaffen zu machen, schrie sie aus Leibeskräften und das Schreien gab ihr den
nötigen Mut und das Selbstvertrauen, ihm mit ihren Fingernägeln quer durchs
Gesicht zu kratzen und ihm mit aller Kraft ihr Knie zwischen die Beine zu
rammen.
„ Merde “,
presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und krümmte sich vor
Schmerzen.
Eliza nutzte die Gunst des Augenblicks
und stürmte an ihm vorbei Richtung Ausgang, doch da spürte sie einen
schrecklichen, ziehenden Schmerz im Nacken. Der Franzose zog sie an den Haaren
zurück und als sie gezwungen war, ihn anzusehen, schlugen ihr Gier und
flammender Zorn entgegen.
„Das wirst du büßen, pétasse !“
sagte er voller Wut und dann traf sie der harte Schlag seiner Faust. Eliza
taumelte und verlor für einen Augenblick die Besinnung. Er hatte sie gegen die
Wand im Vorraum geschleudert, wo sie benommen sitzenblieb und zu ihm aufsah.
Ihr Kopf tat vorn von der Wucht seines Schlages weh und hinten von dem dumpfen
Aufprall gegen die gekachelte Wand. Es war aussichtslos, er stand genau zwischen
ihr und der Tür. Wieso brauchte heute Nachmittag keine andere Frau diese
Bahnhofstoilette? Eliza sah, wie er sich auf sie zu bewegte, die eine Hand
machohaft am Schritt, die andere drohend erhoben. Sie saß in der Falle. Sie
drückte sich gegen die kalte Wand und hoffte, sie möge nachgeben und sie
verschlingen. Und noch während sie diesen Gedanken fasste, öffnete sich
geräuschlos hinter dem Franzosen die Tür.
Beinahe hätte sie vor Freude
aufgeschrien, doch der Mann, der
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