Somnambul Eliza (German Edition)
sie zu einem ihr dargebotenen Tablett
mit Pralinen darauf.
Eliza war sich ganz sicher, dass dieses
Bild von der Hand eines anderen Künstlers stammen müsse, doch die Signatur
verriet, dass auch dieses Gemälde von Leonor Fini gemalt worden war.
„Es ist ein Frühwerk. Sie hat im Umfeld
der Neuen Sachlichkeit zu malen begonnen“, erklärte Valeriu. „Ich mag es, wie
diese ätherische Erscheinung mit den irdischen Genüssen verknüpft wird. Man
würde dieser Frau niemals unterstellen, dass sie eine Schwäche für Süßigkeiten
hat.“
Die Kredenz enthielt hinter ihren
dunklen Türen wohl die modernen technischen Geräte, deren ein Wohnzimmer
heutzutage bedurfte. Elizas Frage wurde beantwortet, als Valeriu auf eine
kleine Fernbedienung drückte, die auf dem Tisch gelegen hatte, und aus gut
versteckten Boxen Harry Belafontes melancholische Version von Try to Remember erklang.
„Soll ich etwas anderes, neueres
auflegen?“ erkundigte sich Valeriu.
„Nein, ich mag das. Er interpretiert den
Text so ernsthaft und wahrhaftig. Es gibt nur wenige Songs, die einen
gleichzeitig traurig und glücklich machen. Ich finde, es weckt Sehnsucht und
Erinnerungen“, meinte Eliza.
„Ja, das ist wahr. Man beginnt
unwillkürlich an frühere Zeiten zu denken, ob man will oder nicht“, bestätigte
Valeriu und in seinem nachdenklichen Ton schien ein Hauch Bitterkeit
mitzuschwingen.
Einen Moment lang lauschten sie beide
der Musik.
„Findest du mich eigentlich altmodisch?“
wollte Eliza plötzlich wissen und ihr Gesicht nahm einen ernsthaft besorgten
Ausdruck an.
Valeriu zog in der für ihn typischen,
äußerst wirkungsvollen Art eine Augenbraue hoch.
„Wie meinst du das?“ fragte er mit
skeptischem Ton zurück.
„Naja, Kunstgeschichte, Meißner
Porzellan, Harry Belafonte. Klingt das nicht ziemlich verstaubt und
langweilig?“
„Du vergisst, dass es sich um mein
verstaubtes Porzellan und um meine langweilige Platte handelt“, entgegnete er
trocken.
Eliza spürte, wie ihr die Röte ins
Gesicht schoss: „So habe ich das nicht gemeint. Ich wollte dich nicht
beleidigen. Ich hatte nur plötzlich Angst, du seist entsetzt von einer Frau,
die mit dir über das Geschirr deiner Oma reden will.“
„Eliza, ich bin fasziniert von dir. Ich
hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, in diesen Zeiten jemanden wie dich zu
treffen. Du gibst mir das Gefühl, kein Relikt zu sein. Du bist mein
Verbindungsglied zum Hier und Jetzt. Du bewegst dich so mühelos durch meine
Welt, wie ich nur hoffen kann, dass es mir in deiner nur ansatzweise gelingen
mag.“
Dann streifte etwas Weiches Elizas Bein.
Es handelte sich um einen großen, roten
Angora-Kater mit den außergewöhnlichsten Augen, die Eliza jemals bei einer
Katze gesehen hatte. Dieser Kater hatte stahlblaue Augen und diese Augen waren
weniger die Augen einer Katze als vielmehr die forschend wissenden Augen eines
Menschen. Anmutig ging Eliza in die Hocke und streckte dem Kater die Hand hin,
der sofort interessiert daran zu schnuppern begann.
„Ich vermute, dein Name ist Cosmin . Ich freue mich, dich kennenzulernen. Ich bin
Eliza.“
Erst dann streichelte sie dem Kater über
den seidigen Kopf, als habe sie sein Einverständnis abgewartet und er schmiegte
sich umgehend an ihre Hand. Valeriu betrachtete die Szene mit einem Lächeln auf
den Lippen.
Dann setzten sie ihren Rundgang fort und
Valeriu ließ sie sogar einen Blick in seine privatesten Räume werfen. Er
öffnete die Tür zum Badezimmer, wo die nächste Überraschung auf sie wartete.
Der Raum war ganz in dunklem Marmor gehalten. Mittig im Raum war eine
achteckige Badewanne in den Boden eingelassen, wie man sie aus antiken Palästen
kannte.
„Ich denke, hier würde selbst Cleopatra
vor Neid erblassen und nach dem ersten Schock dann einen Wellness-Urlaub bei
dir buchen“, sagte sie und Valeriu musste lachen.
Anschließend
zeigte ihr Valeriu das an das Bad angrenzende Ankleidezimmer und nun war es
Eliza selbst, die buchstäblich vor Neid erblasste.
In nahezu raumhohen offenen Schränken
und Regalen, die alle vier Wände des Raumes einnahmen, war akkurat Valerius
gesamte Garderobe angeordnet. Doch neben Anzügen, Hemden, Schuhen und Pullovern
aus den aktuellen Kollektionen italienischer, französischer und britischer
Nobeldesigner, gab es einige Stücke, die Elizas Interesse noch viel mehr
weckten. Sie hatte geglaubt, ihre paar Designlieblinge aus den 1920er und 1950er Jahren würden ihren Kleiderschrank bereits zu einer
Art
Weitere Kostenlose Bücher