Somnambul Eliza (German Edition)
sonst nicht zu
sehen waren?
Als Valeriu wenig später zurückkehrte,
musste Eliza glauben, sie sei einer Wahrnehmungstäuschung aufgesessen, denn er
sah wieder so jung und frisch aus wie am Tag zuvor; keine Spur von Fältchen
oder grauen Strähnen. Entsprechend überrascht sah sie ihn an und er grinste
entwaffnend.
„Flüssigkeitsmangel“, sagte er lapidar
und Eliza meinte sogar, seine Lippen und Wangen seien eine Spur rosiger als
üblich.
„Ich wollte dich nach einem so langen
Arbeitstag nicht überfallen“, sagte sie schließlich. „Ich wollte mich bloß für
die liebevolle Betreuung bedanken“, fügte sie hinzu und gab ihm das Päckchen,
das Wilbert auf dem Kaminsims bereitgelegt hatte.
„Du weißt doch, dass das
selbstverständlich war, Eliza. Du brauchst mich nicht zu beschenken.“
„Nun mach es schon auf. Hoffentlich hast
du es nicht doch schon.“
In der Tat fehlte Edgar Ende noch
vollständig in Valerius Bibliothek und er war sichtlich entzückt von Elizas
Präsent.
„Ich kannte bislang nur einige wenige
seiner Bilder. Ich wusste gar nicht, dass es eine so umfangreiche Publikation
zu seinem Werk gibt“, staunte er. „Ich freue mich sehr darauf, mehr über ihn zu
erfahren“, fügte er hinzu und legte das Buch vorsichtig auf den
Leonor-Fini-Band, um Eliza in die Arme zu schließen und sie zu küssen.
„Du siehst wunderschön aus und dieses
nostalgische Ensemble steht dir ausgezeichnet“, meinte er, fasste sie bei der
Hand und ließ sie eine vollendete Drehung vollführen, die jedes Tanzpaar hätte
vor Neid erblassen lassen. Eliza schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, dann lagen
seine Hände fest auf ihren Hüften und zogen sie eng zu ihm heran.
„Du duftest betörend“, flüsterte er ihr
ins Ohr und atmete dabei mit tiefen Zügen den Geruch ihrer Haare ein. Seine
Nase und sein kühler Atem kitzelten an Elizas Wange und sie musste schmunzeln.
Schließlich löste er sich von ihr: „Wilbert hat gesagt, dass du dich für den
Jaguar interessierst. Wenn du möchtest, können wir noch eine kleine Ausfahrt
machen, ehe es ganz dunkel wird.“
Eliza war begeistert: „Ich wollte
schon immer einmal mit einem echten Jaguar E fahren!“
„Ich hätte nicht erwartet, dass du dir
etwas aus alten Autos machst“, gab Valeriu grinsend zurück.
Als Wilbert ihnen die Jacken
brachte, befand Valeriu mit einem kritischen Blick auf ihren
Marc-Jacobs-Mantel: „Das ist keinesfalls warm genug. Du hast die Grippe gerade
hinter dir und ich will nicht schuld daran sein, wenn du dir Nachschlag holst.“
Zu Wilbert gewandt fügte er hinzu: „Würdest du bitte einen Schal und eine
Wolldecke heraussuchen?“
Eliza war der Meinung, dass die Umstände nicht nötig
seien, aber Valeriu bestand darauf und Wilbert brachte einen schwarzen Cashmere -Schal und eine kuschelige Burberry-Decke im
klassischen Nova-Check-Muster aus dem gleichen edlen Material. Valeriu half ihr
in den Mantel und reichte ihr den Schal, den sie sich um den Hals schlang. Es
handelte sich um einen Herrenschal und entsprechend lang und breit war er und
Eliza musste ihn sich mehrmals umwickeln. Valeriu schlüpfte in einen stilechten
schwarzen Burberry-Dufflecoat, dann bot er ihr den Arm und sie schlenderten zu
den Garagen hinüber. In der Tat war es empfindlich kühl geworden und Eliza war
froh, dass Valeriu auf den Schal bestanden hatte. Auf Knopfdruck öffnete sich
eines der überbreiten hölzernen Rolltore und da stand
er: Jerry Cottons Jaguar. Der dunkelrote Lack und der Chrom schimmerten und
wenn die Sonne geschienen hätte, hätte der Wagen wohl geglänzt und geglitzert
wie frisch aus dem Laden.
„Der ist ja ein Traum!“ entfuhr es Eliza und sie ging ehrfurchtsvoll
um den Roadster herum und war beeindruckt, wie lang die Schnauze tatsächlich
war. Der Höcker auf der glattpolierten Haube animierte sie dazu, diesen
Handschmeichler zu berühren und sie strich sanft darüber. Merkwürdigerweise war
die Motorhaube kalt. Sie wunderte sich ein wenig, doch bei den kalten
Außentemperaturen konnte der Wagen in der vergangenen Viertelstunde vielleicht
auch bereits abgekühlt sein. Valeriu hielt ihr die linke Tür auf, denn es
handelte sich um einen typischen englischen Wagen mit Rechtslenkung, und sie
stieg ein. Armaturen, Handbremse und Schaltknüppel waren verchromt, alles
andere aus feinem, englischem Leder. Die schwarzen Sportsitze waren gerillt,
aber viel zierlicher als in neuen Autos, was auch auf das schmale Lenkrad
zutraf. Valeriu legte
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