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Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II

Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II

Titel: Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Varus
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Corvus sich deswegen aufs Schlösserknacken spezialisiert.
    Er legte den Aktenordner auf den Tisch und schlug ihn auf. „Die Laborberichte sind leider unvollständig.“
    Das Papier der Seiten war vergilbt. Sie waren auf einer Schreibmaschine verfasst worden, die einen Fehler beim Buchstaben C aufwies.
    Sejan blickte auf die kryptischen Zahlenwerte. Corvus blätterte die Seiten durch und erklärte ihm: „Es sind Statistiken über die von Nova Genesis erschaffenen Genome.“
    Hinter den Genomen 1 bis 236 war jeweils ein Kreuz vermerkt: „Nicht lebensfähig. Aber sieh hier.“
    Genom 237 blieb am Leben. Über mehrere Seiten waren neben sämtlichen organischen Werten auch Anmerkungen über das Erscheinungsbild dokumentiert: Haarfarbe: schwarz, Augenfarbe: schwarz, Körperbau: athletisch.
    Es war die Beschreibung des Prototyps, der vor 38 Jahren erschaffen worden war. Die Berichte über die folgenden Genome kündeten wieder von Misserfolgen: „Nicht lebensfähig.“
    Corvus blätterte weiter und sprach: „Hier fehlen einige Seiten. Genom 357 fehlt.“
    Nur die Tinte eines handschriftlichen Vermerks hatte sich auf die nächste Seite durchgedrückt: Quintus hat die Vorschriften verletzt.
    Der Name Quintus Sentius war auf einigen Versuchsprotokollen zu lesen. Es waren insgesamt drei Namen, die immer wieder auftauchten: Gracchus III, Catullus und Quintus Sentius, die obersten Wissenschaftler von Nova Genesis.
    Prototyp 237 war ein Erfolg von Gracchus III.
    Catullus und Quintus verzeichneten nur Misserfolge.
    Corvus belächelte diesen Umstand: „Sie züchteten viele Genome, aber sie waren nicht wie der Prototyp.“
    Es waren Hunderte. Sie wuchsen in einer Nährlösung heran. Wenn man sie dort herausholte, starben sie nach einigen Tagen – weniger ein ethisches als vielmehr ein finanzielles Problem. Die Intention von Nova Genesis war klar: Sie wollten perfekte Sklaven erschaffen, Soldaten und Gladiatoren – eine lukrative Handelsware. Aber die Produktion dauerte zu lang und war zu kostspielig. Vor allem aber lag die Sterberate der Genome bei annähernd hundert Prozent. Man versuchte, wenigstens ihre Organe zu verkaufen, aber das genveränderte Material wurde vom Organismus der Patienten stets abgestoßen. Ein paar Genome endeten als Löwenfutter, die meisten wurden verbrannt.
    Die Investoren sprangen ab. Nova Genesis scheiterte und geriet, wenn auch nicht gänzlich in Vergessenheit, in den Status eines Schauermärchens. Den wenigen überlebenden Genomen löschte man das Gedächtnis, indem man ihnen ein Medikament in ein bestimmtes Areal ihres Gehirns injizierte. Alles konnten sie damit jedoch nicht ausradieren. Sejan hatte noch immer Bilder in seinem Kopf, und jetzt suchten sie ihn wieder heim. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    Der wissenschaftliche Bericht neigte sich dem Ende zu, und wieder klaffte eine Lücke in den Unterlagen: Genom 451.
    Corvus blätterte weiter.
    Sejan wischte sich die Hände an der Hose ab. Ihm brach der Schweiß aus, und er wollte nicht, dass Corvus es bemerkte. Die Zahl stach ihm ins Auge: 502.
    Er starrte auf die Buchstaben und Zahlen: Vor 34 Jahren hatte der Wissenschaftler Catullus ihn erschaffen. Die Aufzeichnungen verrieten, dass Catullus einen Antrag einreichte, Genom 502 für weitere Forschung zum Sezieren freizugeben.
    Sejan knirschte mit den Zähnen: „Sie waren Unmenschen.“
    „Sie waren Wissenschaftler.“
    Sejan blickte auf die Leiche im Aquarium. Seine Lippen formten eine unhörbare Frage, und Corvus nickte stumm zur Bestätigung.
    Gracchus III schien anders gewesen zu sein. Er hatte den Tod gefunden, weil er das Geheimnis seines angeblichen Sohnes bewahren wollte.
    Und Catullus? Wenn er noch lebte, wollte Sejan ihm den Tod bringen.
     

IV
     
    Der Rasierschaum auf der Wasseroberfläche ließ das Waschbecken wie eine Miniaturlandschaft aus Eisbergen wirken.
    „ Ich wollte mit dir übers Meer, zum anderen Kontinent. Dort hätten wir ein neues Leben beginnen können.“
    Das Vorhaben klang verführerisch, wie fast alles, wovon Manius sprach. Aber kein Schiff der Welt war schnell genug, um der Gegenwart davonzusegeln. Varro hatte darüber bloß den Kopf geschüttelt. Er war wütend auf Manius. Anstatt ihn jedoch zu verprügeln, hatte er ihn nicht mal angerührt. Für Manius war das ein deutliches Zeichen, dass Varro ihm diesmal nicht verzeihen konnte.
     
    Varro blickte in den Spiegel. Die Rasur hatte ihn zwar erfrischt, aber die dunklen Schatten unter seinen Augen

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