Somniferus
ist es wohl nicht mehr
gekommen.«
»Nein, das haben wir überprüft«, stimmte Lisa
ihm zu. »Haben Sie denn vielleicht seine Adresse noch?«
»Es tut mir Leid, Sie auch hierin enttäuschen zu
müssen. Diese alten Akten haben wir inzwischen entsorgt; wir
sind nach dem Gesetz lediglich verpflichtet, unsere Unterlagen zehn
Jahre lang aufzubewahren. Ich erinnere mich allerdings, dass Herr
Lauer in der Eifel wohnte. Ich glaube, der Ort hieß Wittlich.
Mehr weiß ich aber wirklich nicht.«
»Ich danke Ihnen ganz herzlich«, sagte Lisa mit
großem Ernst und größtmöglicher Würde.
»Wir wissen Ihre freundlichen Bemühungen sehr zu
schätzen, nicht wahr, Ralf?«
Ich nickte schnell. Warum fielen mir nie solch salbungsvolle Worte
ein?
Sie setzte nach: »Wir werden sehen, was wir aus diesen
Informationen machen können. Wir wünschen Ihnen noch einen
schönen Tag.« Damit zog sie mich am Ärmel meiner
zerknitterten Windjacke und drängte mich in Richtung Tür.
Ich bemerkte noch, dass Herr Jäger uns amüsiert
nachschaute, während sein junger Auktionator so aussah, als habe
er eine Drahthaarbürste verschluckt.
Als wir wieder auf der Straße standen, sagte Lisa: »Na
bitte, das war doch schon etwas. Jetzt wissen wir, dass wir in der
Eifel weitersuchen müssen – also alles wie gehabt. Ich bin
froh, wenn wir endlich wieder aus der Stadt heraus sind. Würdest
du nicht auch lieber in der Eifel leben?«
Sie sah mich mit einem seltsamen Blick an, aus dem ich nicht
schlau wurde. Es lag so viel… Persönliches darin. Ich
brachte nur ein Nicken zustande. Mit Lisa würde ich überall
gern leben… Aber ich würde mir eher die Zunge
abbeißen, als diesen Satz laut auszusprechen und mich damit vor
ihr lächerlich zu machen.
Sie fügte hinzu: »Wenn das hier vorbei ist, wird sich in
meinem Leben einiges ändern.«
Was das sein würde, ließ sie im Dunkeln.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte ich.
»Ab nach Wittlich – das heißt, wenn uns diese
beiden Herren da vorn unseren Willen lassen.«
Jetzt sah ich die Polizisten ebenfalls. Sie kamen direkt auf uns
zu – und musterten uns eingehend.
17. Kapitel
Weglaufen oder stehen bleiben? Hatten sie uns erkannt oder nicht?
Zurück in den Laden? Oder saßen wir dort in der Falle?
Während ich noch wie gelähmt dastand und mir
Alternativen überlegte, zog Lisa an meinem Ärmel.
»Komm schon, wenn du frei bleiben willst!«, rief sie und
lief los.
Ein weiterer Blick auf die beiden Polizisten sagte mir, dass sie
inzwischen sehr wohl begriffen hatten, wer wir waren. Einer von ihnen
holte einen gefalteten Zettel aus seiner Uniformjacke und warf einen
schnellen Blick darauf. Die Fahndung nach uns lief offenbar auf
Hochtouren.
Ich hastete hinter Lisa her, die nun in Richtung Neumarkt lief,
ihn umrundete und schließlich – nach vielen
schweißtreibenden und atemlosen Metern – in die Mayersche
Buchhandlung stürmte. Von den Polizisten rannte nur noch einer
hinter uns her, der andere musste stehen geblieben sein, um
Verstärkung zu ordern.
Ich sah, wie Lisa blindlings die Rolltreppe hoch hastete und die
Passanten erbarmungslos beiseite drückte. Gezeter und
Gebrüll waren die Reaktion darauf. Ich sprang in die Schneise,
die Lisa uns brach und die sich hinter mir wieder schloss.
Wir rannten durch das riesige erste Obergeschoss. Wie sollten wir
hier je wieder herausfinden? Hinter mir hörte ich bereits das
Knacken und Rauschen des polizeilichen Funkgerätes. Wir
saßen in der Falle. Doch Lisa gab nicht auf.
Plötzlich huschte sie durch eine Tür mit der Aufschrift Zutritt verboten. Ich folgte ihr und schlug die Tür
hinter mir zu. Hoffentlich hatte niemand gesehen, dass wir hier
hineingelaufen waren.
Wir befanden uns in einem neonlichterhellten Raum, der voller
Bücherkartons stand. Sie waren so hoch aufgestapelt, dass wir
uns bequem dahinter verstecken konnten.
Atemlos warteten wir.
Niemand öffnete die Tür.
Die Minuten dehnten sich zu Stunden. Wir wagten noch immer kaum zu
atmen. Doch nichts geschah. Ich wollte einfach nicht glauben, dass
wir unseren Häschern entkommen waren. Sicherlich warteten sie an
den Ausgängen auf uns.
»Wir müssen weg von hier, bevor uns ein Angestellter
entdeckt«, flüsterte Lisa mir zu. »Wir sollten
nachsehen, ob es einen Hinterausgang oder so etwas gibt.« Sie
stand auf, warf einen raschen Blick zur Tür und lief dann auf
leisen Sohlen tiefer in den großen Raum hinein. Es war ein
gewaltiges Lager. »Da hinten ist eine Tür.
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