Sonderauftrag
bei Veit Stoß in die Lehre gehen. Bekommt von der Königstochter goldene Schuhe geschenkt und beim Aufstecken des Bischofsstabes fällt einer dieser goldenen Schuhe hinter den Altar – auf Nimmerwiedersehen.«
»Den Film kenne ich auch.« Ärgerlich winkte sie ab. »Sie müssen den Altar in natura sehn. Die Figuren sind 2,70 Meter groß, lebensecht und …«
Vollert lachte. »Sie brauchen mich nicht zu überreden. Ich komme sehr gerne!« Dann amüsierte er sich wieder.
Die Zornesfalten auf Ewas Stirn verschwanden noch immer nicht.
»Sie machen sich über mich lustig?«
Vollert wurde ernst.
»Nein, um Gottes willen! Ich mach mich nicht lustig, aber Sie sind so engagiert, so Feuer und Flamme, wenn Sie von Krakau reden.«
»Also, mich haben Sie überzeugt«, schaltete sich Kröger ein. »Meine Frau und ich werden Ihre Stadt demnächst besuchen.«
»Dann sagen Sie mir vorher Bescheid und ich zeige Ihnen die schönsten Ecken!«
»Und ich?« Vollert schaute zu Ewa.
»Sie haben ja das Fernsehen«, meinte sie schnippisch, fügte dann aber versöhnlich hinzu: »Natürlich sind auch Sie herzlich willkommen, dann können Sie sich mit eigenen Augen von dem Reiz der Stadt überzeugen. – Mögen Sie Jazz?« Fragend schaute sie auf die Beamten.
»Wenn er gut ist, ja.« Kröger nickte.
»Dann ist es ein Grund mehr zu kommen. Wir haben tolle Jazzfestivals.« Sie reckte den rechten Daumen nach oben und legte dann seufzend die Mappe mit den Zeichnungen auf einen der Tische, auf denen sich inzwischen die Fundstücke stapelten.
Die Kisten enthielten liturgische Gegenstände, Preziosen, Münzen, Gebrauchsgegenstände, Spielzeug, Uhren und Pokale. Vieles aus Gold und Silber, oft besetzt mit kostbaren Edelsteinen, reich verziert.
Kröger musterte einen der Pokale, dessen Rand von großen Edelsteinen geschmückt wurde. »Ich komme mir vor wie in der Schatzkammer eines Fürsten oder Königs!« Er versuchte, alle bisher ausgepackten Objekte zu taxieren. Es war unmöglich. Zu viel gab es zu sehen. Die Augen konnten nicht alles auf einmal erfassen.
»Ja, es ist ein einmaliger Anblick!« Dr. Neumann zeigte auf einen Anhänger.
»Ein schönes Stück. Eine Chatelaine mit Schlüsseluhr. Sehen Sie sich einmal die feine Emailarbeit an.«
Kröger musterte den feingliedrig gearbeiteten Anhänger. Ein kleiner Engel schmiegte sich an eine Harfe spielende junge Frau.
»Die Uhr ist hinter dem Email?«
Dr. Neumann nickte. »Ja. Die Chatelaine ist ein Anhänger, mit dessen Hilfe man Uhren, Petschaften oder anderes an der Kleidung befestigen kann. Wenn man das Stück umdreht, so wie ich jetzt, dann sieht man die Uhr.«
Er zeigte Kröger die Rückseite und man sah ein Zifferblatt mit zarten, goldenen Zeigern. Vorsichtig legte er die Chatelaine wieder zurück.
»Aber was den Anblick betrifft, so kommt mir das hier eher wie ein großes Sammelsurium vor. So, als hätte jemand alles eingepackt, was er an Kostbarkeiten greifen konnte. Waren es in der ersten Kiste noch fast alles Kunstwerke, so haben wir es hier nicht nur mit solchen zu tun.«
»Stimmt, aber ist das von Belang?«
»Ich glaube schon. Jedenfalls für meine Theorie, was die Einheit betrifft, in der von Schleyersdorf diente.«
»Sie glauben also immer noch, Herr Dr. Neumann, dass von Schleyersdorf einer dieser berüchtigten Judenverfolger war?«
»Ja!«
»Sie auch?« Kröger hatte sich an Ewa gewandt.
»Nein, ich glaube das nicht. Ich bin der Ansicht, er war ein Kunsträuber.«
»Aber die Sederschüssel, die Thorarolle und die anderen jüdischen Kulturgüter!«, protestierte Dr. Neumann.
»Die Nazis beraubten auch Synagogen und Kirchen!«
»Ja, aber nach der Reichskristallnacht wurden viele jüdische Kultgegenstände versteckt, meist bei Gemeindemitgliedern, da die Synagogen im Zuge der Novemberpogrome zerstört worden waren.«
»Hier in Deutschland mag das richtig sein, aber die große Warschauer Synagoge wurde zum Beispiel erst 1943, zum Ende des Warschauer Aufstandes im Getto, von Deutschen gesprengt.«
Dr. Neumann winkte ab. »Ach, das sind doch Ausnahmen. Schauen Sie sich nur die Tische an, werte Frau Kollegin. Querbeet wurde zusammengerafft! Alles, was kostbar war und was man greifen konnte. Ich glaube, viele Soldaten haben sich damals auch bereichert. Egal, ob Deutsche, Russen oder Amerikaner. Das eine oder andere Kunstwerk taucht doch heute immer mal wieder bei Auktionen auf oder wird Sammlern zum Kauf angeboten.«
»Stimmt.« Ewa nickte. »Ja, das eine oder
Weitere Kostenlose Bücher