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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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andere schon, aber beachten Sie die Menge und die Qualität der Stücke.«
    »Na, der Mann hatte Kunst studiert! Der wird gewusst haben, was sich einzustecken lohnte und was nicht. Und er wird seinen Gewinn aus der Judenverfolgung gezogen haben wie so viele andere auch.«
    »Gewiss hat er das! Die Fundstücke lassen da keinen Zweifel zu. Aber eines unterscheidet die Deutschen von den Russen und den Amerikanern: Die Deutschen haben sowohl den Raub als auch die Zerstörung von Kunstwerken systematisch betrieben. Wenn Russen, Amerikaner oder sonst wer im Kriegsverlauf wertvolle Stücke fanden, dann war das meist Zufall. Anders bei den Deutschen: Die befassten sich schon vor Kriegsbeginn mit den Kulturgütern der Länder, die sie kurze Zeit später überfielen.«
    Ihre Stimme hatte merklich an Schärfe und Lautstärke zugenommen. Ein Mitarbeiter, der gerade einen weiteren Silberpokal aus der Kiste nahm, sah überrascht herüber. Kröger und Vollert folgten dem Disput aufmerksam.
    »Nehmen Sie zum Beispiel meine Heimatstadt Krakau! Kurz nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland zeigten deutsche Institute ein auffallendes Interesse an polnischer Kunst und Kultur. Viele deutsche Wissenschaftler kamen nach Polen, besuchten Kunstsammlungen, Museen und wissenschaftliche Institutionen. Den polnischen Fachkollegen war an einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit sehr viel gelegen. Sie öffneten bereitwillig die Depots, gaben den Deutschen Kataloge und Fotos der wertvollsten Stücke, so auch in Krakau.
    Gleich nach der Besetzung Polens kamen dieselben Wissenschaftler mit Listen, die sie aufgrund der Besichtigungen, Fotos und Kataloge zusammengestellt hatten, und verlangten die Herausgabe genau dieser Objekte. Systematisch und gezielt wurde unter dem Deckmantel des Kulturschutzes geraubt und gestohlen.«
    Dr. Neumann strich sich über den Bart. Die Verlegenheit war ihm anzusehen.
    »Ich glaube, wir haben noch viel aufzuarbeiten!«
    »Richtig, Herr Kollege! Und wir Polen haben da ein Sprichwort: ›Lepiej pó ź no ni ż wcale‹.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Lieber spät als nie.«
    »Ha, das gibt es im Deutschen auch.« Dr. Neumann lächelte.
    »Na, sehen Sie! So groß sind die Unterschiede zwischen uns doch gar nicht. Und jetzt lassen Sie uns an die Arbeit gehen. Die Kollegen haben die Kisten leergeräumt und es sieht aus, als hätten wir eine Menge zu begutachten.«

22
    Kröger betrat mit der Tageszeitung das Büro. Er vernahm Lachen und polnische Wortfetzen. Vollert war schon da und Ewa saß bei ihm. Kröger stutzte einen Moment und meinte dann: »Ich glaube, ich habe ein Déjà-vu!«
    »Warum?« Vollert maß gerade Kaffee ab und zeigte kurz auf die Tasse.
    »Es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich euch zwei schon einmal morgens im Büro überrascht.«
    »Überrascht ist gut. Verrätst du uns auch, wobei?«
    »Beim Verbreiten guter Laune, die ich heute nicht habe.«
    »Och, warum denn nicht? Der Tag ist schön, die Sonne scheint, wir haben gestern viel geschafft und ein Fax aus Polen hab ich auch bekommen.« Ewa strahlte ihn an.
    »Und ich habe drei Worte Polnisch gelernt.« Vollert brühte den Kaffee auf.
    »Aha! Und welche sind das?« Kröger nahm seine Tasse.
    »Kawa für Kaffee, Filizanka für Tasse und Cukier für Zucker.«
    »Wenn du deinen Wortschatz erweitern sowie in ganzen Sätzen sprechen könntest, dann wäre es famos. Ehrlich!«
    »Aber aller Anfang ist schwer, Herr Kröger. Er kann ja fleißig üben.« Ewa gab Kröger ein Blatt Papier. »Hier, das Fax, welches ich erwähnte.«
    Kröger schaute auf das Blatt Papier. »Schön, aber leider auf Polnisch.« Er ließ es sinken.
    »Entschuldigung! Es ist von meinen Warschauer Kollegen. Sie sind bei ihren Recherchen auf den Namen von Schleyersdorf gestoßen.«
    Kröger war wie elektrisiert. »In welchem Zusammenhang?«
    »Nun, Anfang November 1939 erschien im Nationalmuseum Warschau ein Professor Dagobert Krey. Er kam als Experte zusammen mit der Gestapo. Aufgrund seiner Hinweise wurden die wertvollsten Bilder beschlagnahmt. Das Beschlagnahmeprotokoll ist unterschrieben mit von Schleyersdorf!«
    »Ach nee!«
    »Ja! Hier ist eine Kopie davon.« Sie reichte ihm ein weiteres Blatt.
    Kröger riss ihr das Papier förmlich aus den Händen, schaute es sich gründlich an und zog dann aus der Akte das Soldbuch von Wernher von Schleyersdorf. »Hier«, triumphierte er, »schaut selbst! Die Unterschrift unter dem Passfoto und die auf der Beschlagnahmeverfügung –

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