Sonea - Die Heilerin: Roman
Das Tal lag nicht an der Grenze des Landes der Duna. Das Schiff war schon während der vergangenen Tage an von Duna besiedeltem Land vorbeigesegelt; feste Grenzpunkte gab es nicht. Aber das Tal vor ihnen war der Ort, an dem die meisten Besucher von Bord gingen, wenn sie übers Meer kamen, und wenn die Duna überhaupt eine Hauptstadt hatten, dann war es die Siedlung in diesem Tal.
Im Gegensatz zu dem Wüstenland und den rauen Felsen, die sie während des größten Teils der Reise auf ihrer Linken gesehen hatten, war das Tal mit dichter, grüner Vegetation bedeckt. Die Häuser standen auf hohen Stelzen, an denen die Hochwassermarken von weit über Manneshöhe deutlich erkennbar waren. Leitern boten zu einigen davon Zutritt, während andere grobe Treppen aus zusammengebundenen Holzstämmen hatten. Die Hüttensiedlung wurde Haniva genannt, und das Tal hieß Naguh-Tal.
Der Kapitän rief den Sklaven Befehle zu, die sich daraufhin in Bewegung setzten, den Anker fallen ließen und die Segel strichen und bargen.
»Näher kommen wir ans Ufer nicht heran«, erklärte Achati. »Der Schlick des jährlichen Hochwassers macht das Wasser zu flach. Gelegentlich spülen Stürme einen Teil davon wieder weg, aber da sie wahrscheinlich jede Hafenanlage, die wir bauen könnten, zerstören würden, lohnt sich der Versuch nicht, die Bucht mit Magie freizuhalten.«
Als das Schiff gesichert war, ließen die Sklaven ein kleineres Ruderboot zu Wasser. Dannyl, Tayend und Achati bedankten sich bei dem Kapitän, dann kletterten sie über eine Strickleiter in das Boot hinunter. An Land warteten sie ab, während die Sklaven zum Schiff zurückkehrten, um ihre Reisetruhen zu holen, dann folgten sie den Sklaven, die die Truhen trugen, nach Haniva.
Die Stadt hatte keine Straßen, nur Pfade, die lediglich durch Benutzung erhalten wurden, und die Häuser schienen willkürlich verteilt zu sein – häufig in Gruppen, die durch schmale Gehwege miteinander verbunden waren. Offensichtlich rechnete man in der nächsten Zeit nicht mit Überschwemmungen, vermutete Dannyl aufgrund des Getreides, das rund um die Häuser wuchs. Das Getreide war so gepflanzt, dass es den gewaltigen Bäumen Platz ließ, von denen Früchte in Büscheln herabhingen. Die Bäume hatten glatte Stämme, über die sich ein regenschirmähnliches Geflecht von Ästen und gewaltigen Blättern wölbte. Hohe Dornen, die aus dem Boden schossen, verwirrten Dannyl zuerst, bis er sah, dass an einigen der größeren Blätter wuchsen. Er begriff, dass es sich um Wurzelsprosse der Bäume handelte, die ihre ganze Energie zunächst darauf verwendeten, hoch genug zu werden, um Überschwemmungen zu entgehen, bevor sie Blattwerk bildeten.
Als sie Menschen sahen, die auf dem Feld arbeiteten, fiel ihm auf, dass ihre Haut und ihr Körperbau einer Mischung zwischen den stämmigen, braunen Sachakanern und den grauhäutigen, schlanken Duna entsprachen. Er vermutete, dass die Rassen sich im Laufe der Jahrhunderte vermischt hatten. Normalerweise hatten die Duna nicht die Gewohnheit, sich in Ortschaften fest anzusiedeln, das wusste Dannyl aus dem, was er gelesen oder erzählt bekommen hatte. Sie waren ein Nomadenvolk.
Vielleicht könnte man diese Menschen als eine neue Rasse betrachten, überlegte er. Vielleicht könnte man sie »Naguhs« oder »Hanivaner« nennen.
Nachdem sie an einigen Dutzend Häusern vorbeigekommen waren, steuerten die Sklaven eine Gruppe von Gebäuden an, die allein auf einem Feld standen. Es war sofort offenkundig, dass diese Gebäude anders waren, obwohl sie aus den gleichen Materialien erbaut waren und ebenfalls auf Stelzen standen. Ihr Arrangement war jedoch symmetrisch, mit einem Haus von etwa dem Dreifachen der hier normalen Größe in der Mitte und kleinen Häusern zu beiden Seiten und hinter dem Haupthaus. Dazwischen lagen Gehwege. Eine breite Treppe führte zu dem Haus in der Mitte, und der Pfad, über den man dorthin gelangte, war gerade. Als die Sklaven ihn erreichten, blieben sie stehen und warteten darauf, dass Achati, Dannyl und Tayend vor ihnen hinaufstiegen.
Auf der Treppe änderte sich nicht nur der Ausblick auf die Stadt, sondern auch die Art, wie Dannyl die Stadt sah. Er konnte mehr Häuser erkennen, und er konnte die Menschen in den Häusern erkennen, ebenso wie die Arbeiter auf den Feldern. Plötzlich erschien ihm Haniva viel dichter bevölkert und einer Stadt ähnlicher.
Ein Haussklave kam heraus und warf sich mit dem Gesicht nach unten auf die hölzerne
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