Sonea - Die Heilerin: Roman
abwarten. Wenn ich meine heilenden Kräfte einsetze, werden die Leute es dann so empfinden, als stelle ich ihnen damit das zur Schau, was ich mich weigere und mein Vater versäumt hat, sie zu lehren?«
»Vielleicht. Nicht so sehr, wenn du sie nur in der größten Not einsetzt, wenn der Patient anderenfalls sterben würde.«
»Was ist mit denen, die Schmerzen haben?«
»Es würde beweisen, dass du Mitgefühl hast, wenn du auch diesen Menschen helfen würdest.«
»Zahnschmerzen tun weh. Ebenso wie viele alltägliche Leiden. An welchem Punkt werden die Menschen es für vernünftig halten, wenn ich eine magische Heilung verweigere? Werden sie erwarten, dass ich alles behandle, sobald ich damit angefangen habe?«
Sie runzelte erneut die Stirn, dann grinste sie plötzlich. »Es könnte die Mühe wert sein, wenn Kalia dadurch arbeitslos würde.« Dann wurde sie wieder ernst und schüttelte den Kopf. »Aber das wäre töricht. Kalia wird von zu vielen unterstützt.« Ihre Schultern hoben und senkten sich in einem Seufzer, den er wegen des rauschenden Wassers nicht hören konnte. »Es wird unterschiedliche Meinungen darüber geben, wann es vernünftig ist, dass du eine magische Heilung verweigerst, und die Menschen werden ihre Meinung ändern, wenn sie selbst zufällig diejenigen mit den Zahnschmerzen sind. Ich denke, die meisten Leute werden zustimmen, dass es einen Punkt gibt, an dem du recht daran tust, dich zu weigern, aber es wird interessant sein festzustellen, ob sie dir erlauben, derjenige zu sein, der darüber entscheidet.«
Er nickte. »Sonst noch etwas?«
»Sieh zu, dass du die Erlaubnis der Patientin oder ihrer Eltern bekommst, bevor du irgendetwas tust«, fügte sie hinzu.
»Sollte ich Kalia fragen?«
Sie zuckte zusammen. »Dieser Punkt hat Zarala die größten Sorgen bereitet. Wenn du Kalia fragst, wird sie dir verbieten, Magie zu benutzen, um irgendjemanden zu heilen, und stattdessen darauf bestehen, dass du sie heilende Magie lehrst. Wenn der Patient dann stirbt, ist es immer noch deine Schuld, weil du dich geweigert hast. Wenn du sie nicht fragst, hast du sie als deine Vorgesetzte missachtet. Da du ein Mann bist, ist das besonders schlimm. Aber wenn du jemandem das Leben rettest, werden die Menschen dir diese Respektlosigkeit verzeihen. Es gibt ebenso viele Leute, die Kalia nicht mögen, wie solche, die sie unterstützen.« Sie breitete die Hände aus. »Weise zu deiner Verteidigung darauf hin, dass niemand hier Kalias Erlaubnis einholen muss, bevor er einen Kranken oder Verletzten behandelt. Die Patienten gehen freiwillig auf die Krankenstation.«
Lorkin seufzte. »Ich kann es nicht vermeiden, Kalia zu verärgern, aber solange ich so wenige andere Menschen wie nur möglich verärgere, werde ich damit wohl leben müssen.«
»Und du wirst Leben retten«, sagte sie.
Er erwiderte ihr Lächeln. »Ihr Verräterinnen habt die einfachere Entscheidung«, entgegnete er. »Wenn ihr eure Kenntnisse der Herstellung von Steinen für euch behaltet, muss niemand sterben.«
»Man genießt die Vorteile der Steine, auch wenn man sie nicht selbst macht«, stellte sie fest. »Warum sollten wir also nicht unsererseits die Vorteile magischer Heilung haben?«
Er grinste. »Nun, wenn du es so ausdrückst, klingt es sehr gerecht und vernünftig.«
»Das wäre es auch, wäre da nicht nur ein einziger Kyralier, der von den Steinen profitiert, und viele, viele Verräterinnen, die potenziell von deiner heilenden Magie profitieren.«
Er schaute ihr in die Augen und sah dort etwas, das ihm guttat. Sie versteht. Und sie lässt mich wissen, dass sie versteht – und mir vielleicht darin zustimmt –, warum ich hier bin.
Plötzlich verspürte er den starken Drang, sie zu küssen, aber er widerstand ihm. Schließlich hatte sie durch nichts zu erkennen gegeben, dass sie mit seinem anderen Grund, sich im Sanktuarium aufzuhalten, einverstanden war: sie.
»Danke«, sagte er und stand auf.
»Viel Glück«, erwiderte sie.
Widerstrebend wandte er sich ab und ging zurück zum Tunnel. Obwohl er wusste, dass die Entscheidung, die er bereits getroffen hatte, ihm eine Menge Ärger eintragen würde, hatte das Gespräch mit Tyvara ihn dahingehend beruhigt, dass er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte, ohne dass die Konsequenzen schlimmer sein würden als unbedingt nötig.
Die einzige Entscheidung, die er jetzt treffen musste, betraf das Wann .
Als Dannyl nach seinem Besuch bei Achati ins Gildehaus zurückkehrte, stellte er fest,
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