Sonea - Die Heilerin: Roman
alles in bemerkenswert kurzer Zeit. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Ihr, sollte etwas geschehen – was unwahrscheinlich sein dürfte –, in der Lage sein werdet, die Dinge zusammenzuhalten.«
»Ich habe auch keine Zweifel daran«, fügte Tayend hinzu.
Ihr angespanntes Lächeln war eher eine Grimasse, aber sie wirkte ruhiger und nicht mehr so verunsichert, wenn auch weiterhin enttäuscht.
»Wie lange werdet Ihr fort sein?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht genau«, antwortete Dannyl. »Einige Wochen, vielleicht länger. Es hängt von den jahreszeitlichen Winden ab und von der Frage, ob die Duna sich überhaupt bereitfinden, mit uns zu sprechen.«
Merria stieß ein leises Schnauben aus. »Jetzt reibt Ihr es mir auch noch unter die Nase. Ich würde die Stämme liebend gern besuchen.«
»Vielleicht werden wir eines Tages noch einmal dort hinreisen«, meinte er. »Sobald ich weiß, ob sie in Bezug auf Frauen genauso restriktiv sind wie die Sachakaner.«
Sofort leuchteten ihre Augen auf. »Die Männer auf dem Markt waren freundlich.«
»Ja, aber wir können nicht davon ausgehen, dass sie alle so sind. Händler haben allen Grund, freundlich zu ihren Kunden zu sein, ganz gleich welchen Sitten sie folgen, wenn sie unter sich sind.«
Sie runzelte die Stirn. »Was ist, wenn in Eurer Abwesenheit eine Nachricht von Lorkin kommt?«
»Ihr werdet sie mithilfe des Blutrings an den Empfänger weiterleiten«, erwiderte er.
Merria nickte. »Vielleicht könnten die Verräterinnen Nachrichten an Euch übermitteln?«
»Ich bezweifle, dass sie Verbindungen zu den Stämmen haben«, bemerkte er. »Und es wäre vielleicht klug, nicht allzu abhängig von den Verräterinnen zu werden. Sie sind nicht unsere Feinde, soweit wir wissen. Aber sie sind auch keine Verbündeten.«
Das Büro des Administrators war voller Höherer Magier – es waren mehr, als auf den Stühlen Platz fanden, und Sonea stellte mit einiger Erheiterung fest, wer saß und wer stand. Die Oberhäupter der Disziplinen waren traditionell die Wortführer. Lady Vinara, Lord Peakin und Lord Garrel saßen Osens Schreibtisch am nächsten. Obwohl der Hohe Lord Balkan im Rang über ihnen stand, hatte er es vorgezogen, mit verschränkten Armen an einer der Wände zu stehen.
Die Studienleiter, die Lords Rothen, Erayk und Telano, sowie Universitätsdirektor Jerrik saßen ebenfalls, aber auf den schlichteren Stühlen, die von dem kleinen Esstisch herübergestellt worden waren. Sonea hatte sich oft gefragt, ob Osen hier jemals kleinere Abendgesellschaften gab, und wenn ja, wie oft. Sie war nie zu einer solchen Gesellschaft eingeladen worden.
Der Heiler und der Alchemist, die in Nakis Gästezimmer gewesen waren, als Sonea dort eingetroffen war, waren ebenfalls zugegen und standen im hinteren Teil des Raums. Einer der königlichen Ratgeber saß auf einer Seite, und Sonea fragte sich, ob sie darin ausgebildet wurden, wie man es vermied, Aufmerksamkeit zu erregen – unbeobachtet zu bleiben, während sie selbst alles beobachteten.
Wie immer blieben sie und Schwarzmagier Kallen stehen. Kallen überragte alle anderen. Sie selbst hätte es einfacher gefunden, wenn sie vorn säße und alle sie sehen konnten, wenn sie über ihre Ergebnisse Bericht erstattete, aber irgendein kleiner Trotz in ihr ließ es nicht zu, dass sie weniger autoritär auftrat als Kallen.
Die Tür wurde geöffnet, und alle Anwesenden drehten sich um, als Novizendirektor Narren den Raum betrat. Der Mann war jünger, als es sein Vorgänger, Ahrind, in Soneas Novizenzeit gewesen war, aber er war genauso streng und humorlos. Während Osen ihn willkommen hieß, schaute er sich um und nickte höflich. Als sein Blick auf sie und Kallen fiel, runzelte er die Stirn.
»Wer bewacht Lilia?«, fragte er beunruhigt.
Sonea sah Kallen an und bemerkte ein Aufblitzen der gleichen Erheiterung, die sie selbst empfand. »Lilia ist nicht stärker, als sie es natürlicherweise immer war«, rief sie ihm ins Gedächtnis. »Die beiden Magier, die sie bewachen, werden keine größere Mühe mit ihr haben, als ich selbst und Schwarzmagier Kallen es hätten.«
Er blinzelte, dann lief er dunkelrot an. »Ah. Verzeiht mir. Das hatte ich vergessen.«
»Also hat Lilia von niemandem Macht genommen?«, fragte Vinara und sah Sonea an.
»Ich habe in ihr kein unnatürliches Ausmaß an Macht entdeckt. Sie könnte Macht genommen und sie dann benutzt haben, aber sie kann sich nicht daran erinnern, es getan zu haben, nur dass …«
Osen
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