Sonea - Die Hueterin
bloßes Straßenkind aus den Hüttenvierteln es fertiggebracht hatte, ihm einen Dolch ins Bein zu rammen. Wenn sie damals zu dieser Tat fähig gewesen war, bevor man sie dazu ausgebildet hatte, ihre Kräfte zu benutzen, war es keine Überraschung, dass sie ihn jetzt einschüchterte.
Er wollte nicht darüber nachdenken, was sie möglicherweise mit ihm machen würde, wenn Lorkin in Sachaka tatsächlich etwas zustieß, daher richtete er seine Aufmerksamkeit auf die ehemaligen Botschafter, die gerade sprachen. Die Höheren Magier stellten ihnen Fragen, und die Antworten waren eindeutig: Obwohl sie einräumten, dass kein Kyralier in Sachaka jemals ganz sicher sei, dachte keiner der Männer, dass Lorkin größere Gefahr drohen würde als jedem anderen Magier. Falls Lorkin sich überhaupt deswegen den Kopf zerbrach, sollte er es vermeiden, von seiner Herkunft zu sprechen. Aber da er in einer untergeordneten Rolle erscheinen würde, die man normalerweise einem Sklaven überließ, war es unwahrscheinlich, dass die Sachaka ihm überhaupt große Aufmerksamkeit schenken würden.
Jetzt wurde ein Händler aufgerufen, der Soneas vorsichtige Position teilte. Er erzählte von Fällen von Blutrache zwischen sachakanischen Familien, die jahrzehntelang gedauert hatten, wie er bei seinen alljährlichen Besuchen festgestellt hatte. Auch ihn befragten die Höheren Magier eingehend.
Schließlich bat Osen alle bis auf die Höheren Magier mit Ausnahme Soneas, die Halle zu verlassen, damit sie debattieren und zu einer Entscheidung kommen konnten. Dannyl hörte Lorkin erleichtert aufseufzen, als Sonea sich hastig umdrehte und mit plötzlich geistesabwesender Miene den Raum verließ. Als Dannyl in die überfüllte Große Halle hinaustrat, hielt er nach ihr Ausschau, aber sie war verschwunden.
Die Stimmen der Magier draußen vor der Gildehalle verklangen schnell, während Sonea in die Flure der Universität eilte, und wurden ersetzt durch höhere Stimmen, als sie sich dem Hauptflur zu den Klassenräumen näherte. Die Morgenkurse waren gerade zu Ende, und die Novizen waren unterwegs zur Speisehalle, wo sie ihre Mittagsmahlzeit einnahmen.
Als sie in den Flur hinaustrat, bereit, sich einen Weg durch die Novizen zu bahnen, verstummten die Stimmen abrupt. Sie schaute sich um und stellte fest, dass alle sie ansahen. Die Novizen in der Mitte des Flurs zogen sich hastig zurück, dann fiel ihnen allen gleichzeitig plötzlich wieder ihr gutes Benehmen ein, und sie verbeugten sich.
Sonea verkniff sich ein Lächeln und hoffte, dass man ihr den Anflug von Verlegenheit nicht ansah.
Ich weiß genau, was sie denken und fühlen.
In ihren Gedanken blitzte eine Erinnerung auf: Ein hochgewachsener, stirnrunzelnder Mann in schwarzen Roben schritt den Universitätsflur entlang, was unter ihren Mitschülern die gleiche furchtsame Erstarrung ausgelöst hatte.
Wenn ich zurückblicke, erstaunt mich unsere Angst vor Akkarin, als hätten wir irgendwie gewusst, dass er mächtiger war, als er sein sollte.
Bei der Erinnerung schnürte sich ihr die Brust zu, dennoch hielt sie daran fest. Sie kostete sie für einen Moment aus, dann ließ sie sie verblassen.
Ihr Schritte führten sie weiter bis zum vorletzten Klassenzimmer, das leer war bis auf einen rot gewandeten Magier, der ihr einst den Weg durch diese Flure zur Qual gemacht hatte.
»Lord Regin«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir bleibt. Was wolltet Ihr mir so dringend mitteilen?«
Er blickte zu ihr auf und nickte höflich. »Danke für Euer Kommen, Schwarzmagierin Sonea«, sagte er. »Ich werde sofort zur Sache kommen. Jemand, dessen Wort ich vertraue, hat mir berichtet, dass Pendels Anhänger eine Art Überfall oder einen Hinterhalt planen, mit dem sie die kriminellen Verbindungen reicher Novizen aufdecken wollen.«
Sonea seufzte. »Narren. Das wird ihrer Sache nicht dienlich sein. Ich hätte Pendel für klüger gehalten.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Pendel davon weiß. Das Problem ist, wenn er es nicht weiß, wird er vielleicht nicht geneigt sein, mir zu glauben, wenn ich es ihm erzähle, und wenn er es weiß, könnte ich unbeabsichtigt meinen Informanten preisgeben.«
»Ihr wollt, dass ich mit ihm rede?«, fragte Sonea.
»Ja. Aber...« Regin runzelte die Stirn. »Mein Informant war sich in Bezug auf den Zeitpunkt nicht sicher. Ich fürchte, es könnte sehr bald passieren. Vielleicht schon heute. Es sei davon gesprochen worden, dass man sich den Umstand zunutze machen wolle, dass die
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