Song of Blood (German Edition)
sollte. Fars Geschichte stimmte, war von Bhreac bestätigt worden. Sein Verstand war von seinem Bruder nicht manipuliert worden und er war Bhreac auch nicht hörig. Wenn er ehrlich sein sollte, hatte er von Anfang nicht daran geglaubt, dass Bhreac Far beeinflusst hatte, um mit ihm ins Bett zu gehen. Das lag einfach nicht in Bhreacs Natur. Sein Bruder hatte viel zu viel Spaß daran, Zwang auf andere auszuüben. Auf einmal erinnerte sich Songlian an den Tag, als der menschliche Far starb, um als Vampir wiedergeboren zu werden. Damals hatte er beobachten können, wie Far mit seinen Empfindungen umging. Far hatte sie eingefroren, eingesperrt und ganz tief in sich versenkt.
Ich konnte das alles in Moskau nur durchstehen, indem ich meine Gefühle weggeschlossen habe.
Beim Blut! Natürlich, das war die Erklärung. Wie anders hätte sein stolzer Dickschädel jemanden wie Bhreac ertragen können? Und Far war sich bewusst, was er getan hatte, sprang über seinen Schatten und gab es sogar zu. Etwas, das er nie getan hätte, würde er ihn nicht wirklich lieben. Songlian hätte heulen mögen. Wie blind war er bloß gewesen? Warum hatte er aufgegeben?
„Florean?“
Songlian schreckte aus seinen Gedanken auf und entdeckte Mathis an der Tür. Den hatte er inzwischen ganz vergessen.
„Pardon, ich wollte dich nicht erschrecken. Aber Far wird langsam unruhig. Ich denke, er hat Furcht, dass du erneut davonläufst.“
Das brachte ein zaghaftes, schuldiges Lächeln auf Songlians Gesicht zurück.
„Du läufst nicht wieder vor ihm weg, correct?“, vergewisserte sich Mathis.
„Wolltest du heute nicht irgendeine Frau umarmen?“, fragte Songlian leicht genervt.
„Mais bien sûr, ich will nur nicht zulassen, dass du womöglich einen weiteren irreparablen Fehler begehst. Willst du deinem Beau nicht endlich verzeihen, was immer es zu verzeihen geben mag?“
Songlians Finger spielten nervös mit dem Handy. Natürlich würde er Far verzeihen. Die wirklich wichtige Frage lautete jedoch: Würde Far ihm vergeben?
„Florean, s’il vous plaît. Damit ich endlich zwischen die entzückenden Beine der schönen Charline rutschen kann, oui?“, sagte Mathis bettelnd.
Songlian seufzte und erhob sich.
„Also gut. Ich möchte natürlich nicht schuldig daran sein, dass du an einem Tag mal keine Frau begattest. Sei bloß so freundlich und lass dich vor morgen Mittag nicht mehr hier sehen.“
Mathis grinste zufrieden, stürzte auf Songlian zu und fiel ihm vor Begeisterung um den Hals.
„Kein Rauswurf hat mich je so gefreut wie heute. Ich bin so froh, mon ami!“ Er strahlte förmlich, als er Songlian einen überschwänglichen Kuss auf die Wange gab. Über Mathis’ Schulter hinweg konnte Songlian das empörte Gesicht von Far erkennen.
„Störe ich?“, fragte Far spitz.
„Non, non!“, rief Mathis und schlang seine Arme nun um Fars Hals, um ihn ebenfalls zu küssen.
„Keine Sorge, ich bin unverändert ein Mann, der sich in den Hügeln und Tälern einer Frau vergnügt“, versicherte er dem verblüfften Far.
„Der petit baiser war ein reiner Freundschaftskuss. Denk dir also nichts dabei. Amusez-vous bien. – Viel Spaß euch beiden.“ Mit einem letzten Winken verschwand Mathis und überließ die Bühne Songlian und Far.
„Und?“, fragte Far leise und lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen. „Schickst du mich jetzt fort? Oder benötigst du etwas Zeit, um dir einen passenden Vorwand auszudenken?“
Diese zynische Bemerkung musste Songlian wohl hinnehmen. Und den Tadel hatte er verdient, wie er nur zu genau wusste.
„Es tut mir ehrlich leid, Far. Mathis vorzuschieben und ihn als meinen Liebhaber vorzustellen war eine ziemlich dumme Idee von mir. Ich hatte gehofft, dass du es aufgeben würdest, hinter mir herzulaufen“, erklärte Songlian zerknirscht.
„Das hätte beinahe funktioniert“, murmelte Far. „Kurz davor nach Hause zu fliegen war ich ja schon.“
„Zum Glück versucht Mathis manchmal die Welt zu verbessern.“
„Glück? Wie meinst du das?“
„Hätte Mathis dich am Flughafen nicht aufgehalten, dann hätte ich nie mit Bhreac gesprochen. Ich habe meinen Bruder gerade angerufen.“ Songlian legte endlich das Handy beiseite.
Jäh verwandelte sich Fars Miene. Sein Gesicht wurde bleich und sein Blick eisig, während sich seine Kiefermuskeln gefährlich anspannten.
„Er hat zugegeben, dass du ihm in keinster Weise entgegengekommen bist“, fuhr Songlian fort, die deutliche Warnung in Fars Mienenspiel
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