Song of Blood (German Edition)
egal. Alles, was mir wichtig ist, das bist du.“ Far sah ihn flehend an.
„Hätte ich dich sonst monatelang in New York gesucht?“
Songlian stand auf und ging mit steifen Schritten zur Tür.
„Ich muss nachdenken. Baptiste wird dir Wein bringen.“
„Song!“ Far sprang auf.
„Keine Sorge, Far, ich laufe nicht weg. Ich muss nur mal kurz allein sein und meine Gedanken ordnen.“
***
Im fernen Moskau klingelte ein Handy. Bhreac schaute bei dem Klingeln nicht einmal auf, sondern fuhr konzentriert fort, vereinzelte Textpassagen in einem Dokument farbig zu markieren. Hartnäckig hielt das Klingeln an.
„Hat man hier nie seine Ruhe?“, knurrte er ungehalten und warf einen Blick auf das Display, allein um herauszufinden, wer gleich seine schlechte Laune zu spüren bekommen würde. Angesichts der im Display aufleuchtenden Nummer runzelte Bhreac allerdings erstaunt die Stirn.
„Mike?“ Im ersten Moment war er etwas verwundert, bis ihm einfiel, dass sich sein kleiner Bruder im Besitz des Handys befand. Was konnte denn Songlian von ihm wollen? Neugierig nahm Bhreac das Gespräch endlich an.
„Aye?“ – „Natürlich bin ich es. Wen hast du sonst erwartet? Was verschafft mir die Ehre deines Anrufs? Sehnsucht nach der Familie wird es wohl nicht sein, schätze ich mal.“ Bhreac grinste, weil Songlian erst einmal ordentlich fluchen musste.
„Es geht um Far?“ Verwundert zog Bhreac die Augenbrauen zusammen. Eigentlich wollte er nicht wirklich über Far reden. Er hatte den jungen Officer erfolgreich aus seinen Gedanken verdrängt. Jedenfalls redete er sich dies täglich aufs Neue ein. Was konnte so wichtig sein, dass Songlian sogar über seinen eigenen Schatten sprang und ihn persönlich anrief?
„Also gut, Kleiner. Schieß los. Was willst du wissen?“ Einen Augenblick später begann er zu lachen. Das wurde ja immer besser!
„Findest du nicht, dass diese Frage ziemlich privat ist? Schämst du dich gar nicht, mich zu fragen, wie es mit Far im Bett war?“ – „Wie jetzt …“
Bat So-lian ihn tatsächlich um eine Beschreibung von Fars Verhalten?
„Sicherlich willst du nichts von heißem Sex und der Vielfalt unserer Spielarten hören?“ – „Dachte ich es mir.“
Bhreac überlegte, ob er seinen Bruder über Fars Verhalten beschwindeln sollte, einfach nur um Songlian zu verletzen. Doch schließlich dachte er an Far, den er tatsächlich vermisste. Auch wenn er es sich nicht ehrlich eingestehen konnte.
„Ja, ich bin noch dran und ja, Far hat nie ganz mir gehört“, gab er endlich leiser zu. „Dein edler Ritter hat seinen ganzen Stolz über Bord geworfen und sich mir bedingungslos unterworfen, nur damit deiner schönen Haut kein Kratzer zugefügt wurde. Hörst du? Er hat lieber in meinen Armen gelegen, als zu riskieren, dass ich dir einen Schläger oder sogar Killer auf den Hals schicke. Dabei hatte er sogar die Vermessenheit mir zu sagen, wie sehr er meine Berührungen hasst. Während dieser ganzen Zeit hat Far nicht einmal die Initiative ergriffen.“
Vielmehr hat er wie leblos dagelegen und mich ertragen, musste sich Bhreac selbst eingestehen. Am Handy herrschte Stille. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück.
„Was ist los, So-lian?“, fragte er, als sein Bruder weiterhin schwieg.
Wolltest du nicht von mir hören, dass ich mit einem Eisblock im Bett war? Dass Far dichtgemacht und nichts mehr an sich herangelassen hat?
Songlian stellte ihm eine weitere Frage.
„Warum ich dir die Wahrheit sage?“ Bhreac musste erst einmal überlegen.
„Ich habe keine Ahnung, Kleiner. Vielleicht weil er mir irgendwie imponiert hat.“ – „Wie? Du bedankst dich bei mir? Hast du dir den Kopf angeschlagen, oder ist dir das ,Danke‘ eben einfach ungebremst herausgerutscht?“ – „Nein, nein, nur du hast mir niemals für irgendetwas gedankt.“ – „Natürlich habe ich dir nie einen Grund dafür gegeben. Ich kann dich schließlich nicht ausstehen.“ – „Gerne geschehen, So-lian. Für meinen kleinen Bruder mache ich ja beinahe alles.“ Bhreac lachte und beendete das Gespräch. Schlagartig verstummte sein Lachen. Einen Moment lang saß er ganz still da und starrte auf das Handy in seiner Hand.
Warum ich dir die Wahrheit sage? Weil ich vielleicht einfach nur neidisch darauf bin, was ein Mann aus Liebe zu einem anderen alles ertragen kann. Und möglicherweise bin ich ein bisschen neidisch auf dich, Songlian.
***
Songlian wusste nicht, ob er sich freuen oder weinen
Weitere Kostenlose Bücher