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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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gekommen war. Jetzt sah und hörte man nichts mehr von den Milizen. Eine scharfe Brise trieb Unrat durch die leeren Straßen.
    Sie hatte keine Zeit mehr, über ihren Stiefvater nachzudenken oder über seine Rolle in dem Putsch. Nur ein einziger Satz, den ihre Mutter gesagt hatte, war in ihrem Kopf hängengeblieben:
Es gibt die eine Art von Mut, die man braucht, um in einem Krieg zu kämpfen, und eine andere Art von Mut, die man für die Liebe braucht
. Astor hatte sich vorgenommen, Mut für die Liebe zu haben – und zwar insbesondere hinsichtlich eines ganz bestimmten Manns.
    Sie erinnerte sich an die Straßennamen und fand so den Weg zurück zu Norfolk Palace, ohne sich zu verlaufen. Sie war fast schon da, als die gespenstische Stille durch das Rumpeln von Wagenrädern gebrochen wurde: dem Geräusch von vielen Gefährten, die gleichzeitig losfuhren. Sie hielt sich im Schatten und war schon bald auf der Seite des Palastes, an der das Seil hing.
    Das Seil hinaufzuklettern, würde um einiges schwerer werden als der Abstieg. Sie biss die Zähne zusammen, griff nach dem Seil … und stellte erstaunt fest, dass es in ihren Händen vibrierte. Dann begriff sie: Jemand seilte sich gerade ab. Etwa sieben Stockwerke entfernt konnte sie nun durch den Smog hindurch undeutlich eine unförmige Gestalt erkennen. Astor wartete.
    Eine Minute später hatte sich die Gestalt in Purdy verwandelt; unförmig hatte er wegen der Blechgitarre ausgesehen, die er auf dem Rücken trug. Auf den letzten paar Metern wirbelte das Seil von einer Seite auf die andere, wie eine Peitsche. Und kaum hatte Purdy einen Fuß auf den Boden gesetzt, rief Astor ihm schon zu: »Was ist los?«
    Purdy schwang herum, als sei er angeschossen worden. »
Du
! Wir haben auf dich gewartet.«
    »Wo willst du hin?«
    »Wir werden einen Krieg verhindern.«
    Sie starrte ihn an. »Hä?«
    »Verrol meinte, wir müssten bis zur letzten Minute warten, falls du dich doch noch uns anschließen würdest.«
    »Wo ist Verrol?«
    »Der ist vorgegangen, um die Londoner Streetgangs zu organisieren.«
    Astor kam es vor, als sei sie im falschen Stück. »Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr.«
    »Es ist der Tag des plutokratischen Putsches«, erklärte Purdy. »Hast du das etwa vergessen?«
    »Natürlich nicht. Aber was hast du damit zu tun? Auf welcher Seite stehst du?«
    Jetzt sprach plötzlich eine andere Stimme durch den Smog hindurch. »Wir sind auf Verrols Seite.«
    Astor blickte nach oben und sah, dass sich noch jemand abseilte: Mave. Es sah eigenartig aus, wie sie mit dem Melodium an ihrer Seite, dass ihr ständig gegen die Hüfte schlug, am Seil herabkletterte.
    »Ich dachte …«, Astor drehte sich wieder zu Purdy. »Als ich gegangen bin … also, da dachte ich, ihr stimmt dafür, dass Verrol aus der Band ausgeschlossen wird.«
    Purdy grinste. »Niemals. Er ist ein Stark.«
    »Aber macht es dir denn gar nichts aus, dass er …?«
    »Es ging um die Ehre. Töten oder getötet werden.«
    Astor hatte Purdys seltsame Einstellung gegenüber den Mauls und Starks ganz vergessen. In seinen Augen waren sie sagenhafte Helden.
    Als Mave wieder Boden unter den Füßen hatte, grinste auch sie. »Reeth und Ollifer wollten, dass wir dafür stimmen, Verrol aus der Band zu schmeißen«, erklärte sie. »Stattdessen haben wir sie rausgeschmissen!«
    »Drei gegen zwei«, fuhr Purdy fort. »Mave und ich und Verrol. Reeth ist daraufhin richtig unangenehm geworden. Und seitdem haben wir keinen der beiden wiedergesehen.«
    Astor tat sich noch immer schwer damit, alles zu verstehen. »Also, die Band hat ihren Tänzer behalten und ihren Sänger verloren. Aber was habt ihr denn
jetzt
gerade vor?«
    »Wir sind politisiert worden«, sagte Mave lachend.
    »Die Londoner Streetgangs wollen die Milizen aus der Stadt jagen«, sagte Purdy. »Verrol ist schon länger mit ihnen in Kontakt. Letzte Nacht hat er die Anführer von drei Gangs zu uns auf den Dachgarten gebracht, damit sie mit uns sprechen. Es ist alles geplant: Wir stoppen den Putsch und stoppen den Krieg.«
    Astor staunte. Sie wusste noch genau, dass der Putsch für Granny überhaupt keine Rolle gespielt hatte. Waren die Londoner Gangs da anders eingestellt, oder hatte sich irgendetwas verändert?
    Doch bevor sie weiter fragen konnte, schnipste Purdy mit den Fingern. »Genug geredet. Bist du dabei?«
    Astor nickte.
    »Na, dann nichts wie weg«, rief Purdy und rannte los.
    Doch Mave musste noch eine Sache loswerden. »Siehst du nun, wie unrecht du

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