Song of the Slums
in Ordnung?«
»Nicht mal ein Kratzer.«
»Das war Irrsinn. Warum hast du …?«
Er wurde durch ein tierähnliches Knurren von Scarrow unterbrochen, der sich langsam zurück auf die Beine quälte. Der Milizenführer hatte sein Bajonett verloren, das nun in seiner Nähe auf dem Kopfsteinpflaster lag. Blut lief ihm aus der Nase und tropfte auf sein Kinn.
»Das war dein Todesurteil.« Er spuckte einen Zahn aus und drehte sich zu den umstehenden Veteranen. »Greift ihn euch, Jungs. Alle zusammen. Haut ihn zu Brei. Aber lasst den Todesstoß für mich.«
Die Männer näherten sich mit ihren Bajonetten in der Hand. Sie waren vorsichtiger als ihr Anführer, sie umkreisten Verrol, und jeder beobachtete die anderen, um zu sehen, wer sich als erster vorwagte.
»Stecht ihn ab!«, brüllte Scarrow. »Lasst ihn bluten!«
Schnell wie ein Peitschenschlag hatte Verrol dem nächststehenden Soldaten das Handgelenk umgedreht und das Bajonett, das ihm aus der Hand fiel, aufgefangen. Dann schwenkte er herum, schlug einem anderen Soldaten den Griff ins Gesicht und trat einem dritten die Beine unter dem Körper weg. Einem vierten Soldaten schlug er derart gegen den Arm, dass der sein Bajonett fallen ließ, und einen fünften, der sich auf ihn stürzen wollte, wirbelte er in der entgegengesetzten Richtung durch die Luft.
Verglichen mit Verrols tänzerischer Körperhaltung wirkten die Bewegungen seiner Gegner unkoordiniert, auf groteske Art plump. Einem nächsten Soldaten verpasste er einen Schlag in die Magengrube, und zwei weitere, die nur hilflos gafften, setzte er mit je einem Faustschlag außer Gefecht. Innerhalb weniger Sekunden war niemand mehr übrig, der den Kampf mit ihm aufgenommen hätte. Und die paar Milizionäre, die noch auf ihren Füßen standen, zogen sich in eine sichere Entfernung zurück.
Verrol wandte sich an Scarrow. »So, nur du und ich, Mann gegen Mann.« Seine Stimme klang weiterhin ruhig und flach, auch wenn er in kurzen schweren Zügen atmete. »Auf Leben und Tod?«
Aber Scarrow hatte genug gesehen, und seine Rage war verflogen. »Nein.« Er wich zurück. »Kein fairer Kampf.«
Verrol hob das Bajonett, das er noch in der Hand hielt, in die Höhe. »Du meinst dies hier?« Er zeigte auf Scarrows Bajonett. »Da ist deins. Hol es dir.«
Scarrow bewegte sich nicht. Stattdessen holte Astor das Bajonett, und hielt es ihm hin, mit dem Griff nach vorne. Er schüttelte den Kopf.
»Lieber einen Faustkampf?«, fragte Verrol in demselben ruhigen flachen Ton.
»Ich will nicht kämpfen.« Scarrow appellierte jetzt an Astor. »Du hast gesagt, ich könnte gehen. Sag ihm, dass er mich gehen lassen soll.«
»Das war vorher«, antwortete Astor.
Als Verrol einen Schritt in Scarrows Richtung machte, verließ ihn der letzte Mut. Er versuchte zwar wegzurennen, doch Astor schoss ihm hinterher und stellte ihm ein Bein. Er lag nun mit dem Gesicht nach unten auf dem Kopfsteinpflaster und schluchzte vor Angst.
Jetzt näherte sich Verrol, der einen der Bronzekübel trug, dem Häufchen Elend. »Sag ihm, er soll sich aufsetzen.« Er grinste.
Astor hatte erraten, was Verrol wollte. »He, du da, setz dich hin. Schön gerade.«
Sie musste den Milizenführer in Position schubsen. Am Ende saß er gerade mit angelegten Armen auf dem Pflaster. Er wehrte sich nicht, als Verrol ihm den Kübel über Kopf und Schultern stülpte.
»Passt perfekt!«, lachte Astor. Mit der Fußsohle stieß sie den Mann samt dem Kübel um. Ein weiterer leichter Stups, und Scarrow rollte über das Kopfsteinpflaster davon. Die Veteranen seiner Gruppe sahen aus der Ferne zu, machten aber keine Anstalten, ihrem Anführer zur Hilfe zu kommen.
Doch Astor verging schon bald das Lachen, denn der Kübel war einer ihrer Drums gewesen … der Schirmständer war kaputt und ihre Drumsticks zerbrochen. Selbst wenn Scarrow auf dem Rückzug war, hatten die Milizen ihre Mission nichtsdestoweniger erfüllt und die Band zum Schweigen gebracht.
Jetzt erst richtete sie ihr Augenmerk wieder auf das sie umgebende Kampfgeschehen. Es sah nicht gut aus für die Streetkids, denn sie waren auf ganzer Linie zurückgedrängt worden. Ollifer sang noch immer Reeths kriegerische Texte, und die Silver Rose Band spielte noch immer ihre dumpfen militärischen Marschrhythmen.
Oben auf dem Balkon hatte sich die verbale Auseinandersetzung zu einem veritablen Handgemenge weiterentwickelt. Parlamentsangehörige rangen miteinander und lieferten sich Faustkämpfe – selbst Ephraim Chard nahm daran
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