Song of the Slums
euch!«
Astor stand neben Verrol, Mave und Purdy hinter ihren Drums und sah die Milizionäre wie eine trampelnde Viehherde auf sie losstürmen.
• 77 •
Es war der Angriff eines entfesselten Mobs, und doch zeigten die Milizionäre auch militärische Disziplin. Schulter an Schulter rannten sie und hielten ihre Gewehre wie Lanzen vor sich. Auf die echten Gewehre waren Bajonette aufgepflanzt, die hölzernen Attrappen waren mit Messern bewehrt. Astor, Verrol, Purdy und Mave hatten dem nichts entgegenzusetzen, abgesehen von ihren Instrumenten.
Astor sah den Tod auf sich zustürmen. Es blieb keine Zeit für einen Rückzug. Dann schrie Mave den anderen etwas zu – Astor konnte die Worte nicht verstehen, aber sie sah, dass Mave genau in die andere Richtung guckte. Jetzt drehte auch sie sich um … und sah, wie die Armee der Streetkids auf sie zustürmte, um sie zu retten!
Es war ein höchst seltsamer Anblick. Die Streetkids trugen Ölgemälde mit sich, die sie im Parlamentsgebäude von den Wänden gerissen hatten und nun als Schilde benutzten. Die sich nähernden Porträts sahen aus wie eine Reihe altertümlich gewandeter bärtiger Gentlemen, die auf sie zurannten.
Dieser unvorgesehene Gegenangriff verwirrte die Milizen, und sie verlangsamten ihren Vormarsch, während die Streetkids schrien und ihr Tempo beschleunigten. Die zwei Reihen prallten direkt vor den Rowdys aufeinander. Astor sah, wie Bajonettte und Messer in die Gemälde stachen, sich durch Holz und Leinwand fraßen. Die wenigsten Klingen drangen aber so weit, dass sie die Kids dahinter gefährdeten. Doch bevor die Milizionäre ihre Waffen für einen zweiten Stoß zurückziehen konnten, drängten die Streetkids voran. Überall um die Rowdys herum schoben die Streetkids so kräftig, dass ihre Gegner um zehn Schritte weichen mussten.
Auch die Milizionäre schoben, und es entstand eine Art Patt; an der einen Stelle gewannen die Streetkids an Boden, an der anderen die Milizionäre. Obgleich die Streetkids schnell und clever waren, hatten die Milizionäre den Vorteil des höheren Gewichts und der größeren Zahl – und den psychologischen Vorteil, von der Musik der Silver Rose Band angetrieben zu werden. Doch dagegen konnten die Rowdys etwas tun.
»Spielt!«, schrie Astor. »
Made for Love
!«
Sie griff nach ihren Drumsticks und warf sich in die ersten Takte. Die bronzenen Kübel gaben seltsam tiefe Resonanztöne von sich, während der umgedrehte Schirmständer einen angenehm scharfen Klang hatte. Als Verrol und Purdy und Mave einstimmten, hörte sich ihre Musik schon wieder ganz vertraut an. Aber ihnen fehlte ein Sänger. Ollifers kräftige Stimme arbeitete gegen sie mit einem feindlichen Song in einem ganz anderen Rhythmus.
»Los!«, schrie Astor. »Mehr Power!«
Sie hieb geradezu mit ihren Drumsticks auf die Kübel und den Schirmständer ein, um die maximale Lautstärke aus ihnen herauszuholen.
Made for Love
war noch immer einer ihrer aufpeitschendsten Songs, und er begann Wirkung zu zeigen. Die Kids in ihrer Nähe drängten mit neuer Entschlossenheit gegen die Gegner an und gewannen einen weiteren halben Meter an Boden. Und auch wenn die Musik der Rowdys nicht lauter als die der Silver Rose Band war, so war sie doch näher am Geschehen.
Doch das sollte sich bald ändern. Astor stöhnte auf, als sie sah, wie Reeth und Prester plötzlich auf den Stufen zu ihrem Bühnenwagen erschienen und das riesige Megaphon von dem anderen Wagen bei sich trugen. Damit würden sie Ollifers schon jetzt volltönende Stimme verstärken!
Auf und lasst die Fahnen fliegen!
Der König mit uns, beim Kämpfen und Siegen!
Reeth legte sich das Megaphon auf die Schulter, und nun war Ollifers Stimme über den ganzen Platz zu hören. Das erfüllte die Milizen mit neuer Kraft, und sie drückten die Streetkids wieder den halben Meter zurück, den diese gerade an Boden gewonnen hatten.
Ein Sänger, dachte Astor. Wir müssen einen Sänger haben.
»Du!«, brüllte sie zu Verrol hinüber. »Du singst!«
»Was?«
»Du bist unser Sänger! Benutz deine Stimme!«
»Aber …«
»Aber laut muss es sein!«
Verrol begann mit den ersten Worten von
Made for Love
, zögerlich zu Anfang, doch schon bald wurde seine Stimme immer kraftvoller. Er konnte einen Ton halten, und er hatte auf jeden Fall das Volumen; es war nur das Heiser-Kratzige seines Gesangs, das so seltsam war. Aber darauf kam es im Moment nicht an.
Das Kräfteverhältnis verschob sich wieder, denn für die, die sich in der
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