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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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bemerkte sie, als sie den ersten Ohrring in ihrem Ohrläppchen befestigte. »Bislang hatte ich immer eine Zofe.«
    »Also dafür habe ich mich nun wirklich nicht gemeldet«, grummelte er.
    Astor sah ihn an und brach fast in Lachen aus. Die Vorstellung, dass Verrol ihr mit ihren Ohrringen helfen könnte, war einfach zu absurd! Vielleicht hätte er ja sogar die nötige Geschicklichkeit, aber er schien dafür einfach zu hart und sehnig … zu männlich.
    Er wandte sich wieder dem Fenster zu und wechselte das Thema. »Dieser Smog«, sagte er. »Es ist derselbe Smog, der halb England bedeckt.«
    Astor befestigte den zweiten Ohrring. »Bist du auch unterhalb der Smoggrenze?«
    »Noch fünf Stockwerke tiefer. Aber der Smog macht mir nichts, denn mein Zimmer hat nicht mal ein Fenster.«
    »Oh. Natürlich.« Sie merkte peinlich berührt, wie dumm ihre Frage gewesen war.
    »Ist nicht so schlimm. Außerdem weiß ich jetzt, wo ich oberhalb des Smogs nach draußen kann.«
    »Du kennst dich hier also schon ganz gut aus?«
    »Ja, aber es ist ein geheimer Ausgang. Ich kann Sie ja mal hinführen, wenn Sie möchten.«
    »Vielleicht.« Sie war noch nicht so weit, ihm seine Weigerung, sie nach Hause zu bringen, zu vergeben. »Führ mich jetzt erst einmal zum Schulzimmer.«
    Das Schulzimmer lag sechs Stockwerke über ihrem eigenen. Verrol führte sie über Treppenhäuser nach oben, die viel schmaler waren als die, die sie gestern benutzt hatte.
    »Merken Sie sich die Route, damit Sie zurückfinden«, sagte er.
    Sie hatten das letzte Stockwerk erreicht, als er auf einen kleinen Seitenkorridor zeigte. »Das ist mein geheimer Ausgang, dort kann ich über den Smog hinausklettern. Wann immer Sie mal frische Luft wollen, geben Sie einfach Bescheid.«
    Astor hatte im Moment allerdings Wichtigeres im Kopf als frische Luft. »Ich möchte zum Schulzimmer, bevor die Kinder da sind.«
    »Es ist kein einzelnes Zimmer«, rief Verrol ihr zu, während sie weiterliefen.
    Tatsächlich waren es vier miteinander verbundene Räume. Einer diente als Lager für Bücher, Schiefertafeln, Kästen mit Kreide und weiteres Lehrmaterial. Ein Raum war leer, abgesehen von einem langen Tisch und zwei langen Bänken. Der dritte Raum sah aus wie ein Miniatur-Konzertsaal mit einer kleinen Bühne, Stühlen und einem veritablen Klavier. Astor betrachtete das Klavier sehr interessiert; sie zog zwar die Harfe vor, aber das Klavier gehörte zu den Instrumenten, die sie auch gut spielen konnte.
    Der vierte Raum war der hellste und freundlichste. Tabellen und Diagramme bedeckten die Wände, geblümte Chintz-Vorhänge schmückten das Fenster. Unter dem Fenster befand sich ein gusseiserner Radiator, drei kleine Schreibpulte standen einem größeren Schreibtisch und einer Tafel auf einem dreibeinigen Ständer gegenüber.
    »Hier werden Sie unterrichten«, erläuterte Verrol.
    Sowie er gegangen war, begann Astor mit ihren Unterrichtsvorbereitungen. Sie verließ sich auf ihre Erinnerung daran, was ihre Hauslehrerin ihr im Jahr vor dem Tod des Vaters beigebracht hatte. Sie ging zu dem Lagerraum und sammelte Unterrichtsmaterial zusammen: Kreide, Schiefertafeln und ein paar Bücher.
    Sie hatte gerade alles in einen Karton gelegt, als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde und Stimmen und Schritte erklangen. Ihre Schüler hatten sich im Schulzimmer eingefunden.
    Sie holte tief Luft. Los geht es, ich muss den ersten Schritt machen!
    Sie balancierte den Karton auf ihrer Hüfte, drehte den Knauf der Tür und marschierte der Herausforderung entgegen.

• 10 •
    »Ich habe mit eurem Vater gesprochen«, sagte Astor zu Blanquette und Prester.
    »Und ich habe jetzt eingewilligt, eure Hauslehrerin zu sein, aber nur unter
einer
Bedingung: keinerlei schlechtes Benehmen. Nicht das geringste schlechte Benehmen, von keinem von euch.«
    Blanquette und Prester tauschten besorgte Blicke aus. Offenbar wussten sie nicht, was sich tatsächlich in Bartizans Büro zugetragen hatte. Sie glaubten, sie hätten wirklich bestraft werden können, und Astor hatte nicht vor, ihnen etwas anderes zu erzählen. Diese Lüge war die einzige Macht, die sie über sie hatte.
    »Soll er sich entschuldigen?«, fragte Blanquette und zeigte auf Widdy.
    Widdy stand hinter seinem Schreibpult und blickte in die Ferne. Ob er verstand, was gerade besprochen wurde oder nicht, war nicht herauszufinden, aber er spürte die Stimmung im Raum.
    »Mach schon«, spornte Prester ihn an.
    »Ef tut mir leid«, lispelte Widdy. »Leid, leid,

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