Song of the Slums
leid, leid, leid.«
Astor widerstand seinem kindlichen Reiz. »Wir werden sehen«, sagte sie. »Ich werde dich genau im Auge behalten. So, alle hinsetzen.«
Sie begann ihren Unterricht mit einem Bildrätsel, bei dem man das richtige Wort herausfinden musste, das auf verschiedenen Bildern dargestellt war, dann veranstaltete sie ein Quiz, und danach sollten die Kinder ein ganz einfaches Kreuzworträtsel lösen. Astor stellte schon bald fest, dass Prester nicht sehr gescheit war und ebenso simple Aufgaben wie Widdy brauchte. Und wenn Widdy seine Antworten einfach hinausschrie, ohne an der Reihe zu sein, hielt sie sich die Ohren zu und tat so, als habe sie nichts gehört.
Sowie sie das kleinste Anzeichen von Langeweile bei ihren Schülern bemerkte, gab sie ihnen eine andere Aufgabe: eine halbe Stunde lang sollten sie zeichnen, dann fünfzehn Minuten still lesen, sie erfand ein Spiel mit Wunschreisen, in dem die Kinder eine Liste machen sollten, zu welchen Orten sie gerne fahren wollten, danach mussten sie eine Liste der Dinge anlegen, die sie für diese Reise einpacken wollten. Dieses Spiel hatte sie mit ihrem Vater gespielt, als sie etwa fünf Jahre alt war.
Ihre Schüler zeichneten sich nicht durch Kooperation aus, sondern durch Konkurrenzverhalten. Blanquette setzte ihre scharfe Zunge bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen Prester ein, und beide gemeinsam behandelten Widdy wie einen Außenseiter. Das kam Astor gerade recht, denn so konnte sie die Kinder unter Kontrolle halten, indem sie sie gegeneinander ausspielte.
Als Blanquette sie zum Beispiel vor Widdy warnte – »Seien Sie nicht zu freundlich zu ihm, sonst werden Sie das noch bereuen.« – nickte Astor ihr nicht nur zustimmend zu, sondern arbeitete daran, eine Art Bündnis mit ihr zu schließen. Blanquette war natürlich viel zu klug, um sich für längere Zeit für die einfachen Spiele zu interessieren, aber sie gefiel sich in ihrer Rolle als Hilfslehrerin.
Mit Prester beschritt Astor einen anderen Weg. Er war es so sehr gewohnt, von seiner Schwester verhöhnt und verspottet zu werden, dass er nach einem Lob geradezu dürstete. Er gab zwar kaum etwas Lobenswertes von sich, aber Astor schaffte es, seinen Stolz zu kitzeln, indem sie noch das kleinste Fünkchen Intelligenz, das er zeigte, zu einer großen Leistung erklärte.
Auf Widdy jedoch hatten weder Bündnisse noch Lob den geringsten Einfluss. Als sie malen sollten, attackierte er seine Schiefertafel und hackte mit seiner Kreide auf sie ein, bis die Tafel in zwei Teile zerbrach, dabei schrie er: »Feind totmachen!«
Er versuchte, Astors Aufmerksamkeit vollständig in Anspruch zu nehmen. Es war völlig sinnlos, ihm zu sagen, dass sie sich auch den anderen zuwenden musste. Sie konnte ihn weder beeinflussen noch in irgendeiner Form zur Vernunft bringen.
Glücklicherweise gab ihr Blanquette den richtigen Hinweis: »Nichts liebt er mehr als seinen eigenen Namen zu schreiben.« Aufgrund dieser Information konnte Astor schnell eine Technik entwickeln, um ihn ruhig zu halten. Wann immer er kurz davor war, Amok zu laufen, rief Astor ihn an die Tafel. »Schreib deinen Namen, Widdy.«
Es war vollkommen sinnentleert, aber es funktionierte jedesmal. Widdys plötzliche Konzentration, wenn er langsam die Buchstaben schrieb, war ein wunderbarer Anblick. Wenn er dann zu seinem Platz zurückging, hatte er vollkommen vergessen, was er vorher gerade getan hatte.
Als ein Hausmädchen erschien und mitteilte, dass das Mittagessen serviert würde, war Astor froh, eine Pause zu haben. Aber Blanquette machte diese Freude zunichte, als sie verkündete: »Sie müssen mit uns essen.«
Das Mittagessen stellte sich als eine weitere Tortur heraus. Sie gingen hinüber in den Raum mit den Tischen und Bänken. Der Tisch war nun mit einem Tischtuch bedeckt, und darauf standen fünf Teller, auf denen sich Würste, Brot, Zwiebeln und Tomaten stapelten.
»Wieso fünf?«, wunderte sich Astor.
»Zwei für Widdy«, erklärte Prester, »er bekommt immer zwei Teller.«
Das hieß aber nicht, dass er auch für zwei aß – er aß lediglich die doppelte Portion Würstchen. Ansonsten verteilte er Tomaten und Zwiebeln rund um seinen Teller auf dem Tischtuch.
»Toilette, Widdy?«, fragte Blanquette, nachdem sie gegessen hatten.
Widdy schüttelte den Kopf.
»Geh«, warnte Prester, »oder ich werde es dir unter die Nase schmieren!«
Widdy ging zur Toilette, und Astor atmete erleichtert auf, denn sie erinnerte sich nur zu genau, wie
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