Song of the Slums
knackendes Feuer, die Kamine befanden sich also Rücken an Rücken. Astor war durch die Flammen kurz geblendet, doch dann sah sie an ihnen vorbei in den Raum.
Das Herrenzimmer, dessen Holztäfelung sich, durch die Flammen betrachtet, zu bewegen schien, war nicht sehr groß, aber gemütlich. Vier Ledersessel standen im Halbkreis um einen niedrigen Tisch herum direkt vor dem Kamin.
Bartizan und Phillidas standen noch in der Tür, wo ein paar Diener Getränke reichten, und bei ihnen war ein wichtig aussehender Mann in einem Nadelstreifenanzug mit einem hohen steifen Kragen. Er hatte zurückgekämmtes Haar, hängende Wangen und einen stechenden Blick. Das Knacken des Feuers übertönte ihre Unterhaltung, aber es war deutlich, dass sie noch beim Austausch von Höflichkeitsfloskeln waren.
»Das ist also der Besuch«, flüsterte Verrol. »Könnte ein Abgeordneter sein.«
Dann machte Bartizan eine gebieterische Geste; sofort verließen die Diener den Raum und schlossen die Tür hinter sich. Phillidas setzte sich in einen der Ledersessel beim Kamin, der Besucher ebenso; Bartizan stellte sich an die Seite des Kamins, um sich am Feuer zu wärmen. Astor fand, dass sie mehr von Bartizans Hinterteil zu sehen bekam, als ihr recht war.
Während Bartizan einen Schluck aus einem enorm großen Kognakschwenker nahm, nippte der Besucher nur ein wenig an einem kleineren, und Phillidas gab sich offenbar mit einfachem Sodawasser zufrieden. Als sie zum Sprechen ansetzten, übertönten ihre Stimmen das Knacken des Feuers.
»Also, zum Geschäft«, sagte Bartizan. »Wie gestalten sich die Dinge im Parlament, Chard?«
Astor hörte Verrol tief Luft holen.
»Sehr vielversprechend«, antwortete der Besucher. »Wenn wir Stigwell das Auswärtige Amt anbieten, wird er zu uns überlaufen. Higgis wiederum hat die Herzogin an der Leine, und sie wird ihren Einfluss im Oberhaus in unsere Dienste stellen.«
Bartizan nahm einen weiteren großen Schluck Kognak. »Was ist mit dem Unterhaus?«
»Das Kräfteverhältnis neigt sich immer mehr Ihrer Seite zu. Sieht von Tag zu Tag besser aus.«
»Schmieren Sie mir keinen Honig ums Maul, Chard, ich bin nicht einer Ihrer Politiker. Geben Sie einem geradlinigen Mann eine geradlinige Antwort. Heraus damit.«
»Selbstverständlich, selbstverständlich.« Chard mochte zwar wichtig sein, doch vor den Swales katzbuckelte er. »Bei der letzten Zählung hatten wir zweiunddreißig fest. Aber die Unentschlossenen sind der Schlüssel.«
»Zweiunddreißig ist nicht mal ein Viertel der Kammer«, sagte Phillidas in seiner hohen metallischen Stimme.
»Ja, aber wie ich bereits gesagt habe, die Unentschlossenen sind der Schlüssel. Setzt man sie genug unter Druck, werden sie mit der Fortschrittspartei stimmen.«
»Wieviel Unentschlossene?«, verlangte Phillidas zu wissen.
»Wir schätzen fünfunddreißig. Vielleicht sogar vierzig.«
Phillidas tappte mit seinen Fingerspitzen gegen sein Glas und schien zu rechnen.
»Druck?«, dröhnte Bartizan. »Wir
werden
ihnen Druck machen!«
»Hassock glaubt seine Mehrheit fest im Griff zu haben«, fuhr Chard fort. »Er wird uns mit seiner Selbstgefälligkeit in die Hände spielen.«
»Und König George?«
»Schwierig. Aber er verfügt nicht über die Macht seines Großvaters. Das Militär ist ihm nicht so gewogen wie dem alten König.«
»Gut.« Bartizans Rockschöße flatterten. »Darum werden wir uns kümmern.«
Plötzlich wandte er sich um und griff nach dem Schürhaken. Bevor Astor und Verrol sich auch nur bewegen konnten, begann er die Holzscheite auf dem Rost zurechtzustoßen. Die Flammen hatten bis dahin eine Art magischen Schirm gebildet, aber jetzt kam Bartizans Gesicht ihnen so nahe, dass es unmöglich schien, dass er sie nicht entdeckte. Aber er sah sie nicht – und einen Moment später stiegen ein Funkenregen und Rauch von den Holzscheiten auf und schirmten sie wieder ab.
Verrol zog sich eilig zurück, doch Astor war um einen Sekundenbruchteil zu langsam. Der Rauch, der durch das Loch quoll, stieg ihr in die Nase und in den Rachen. Tränen traten ihr in die Augen, als sie versuchte, ein Husten zu unterdrücken. Ihr Hals schmerzte, als habe sie Nadeln darin, und sie wankte weiter in den Raum hinein, während der Hustenreiz stärker wurde, immer stärker … bis ihr plötzlich ein Tuch auf Mund und Nase gepresst wurde.
Es war Verrol, der ihr sein Halstuch ins Gesicht presste. Oder eher ihr Gesicht in das Tuch presste, denn mit seiner anderen Hand drückte er von
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