Song of the Slums
haben.« Die Schüler gaben keinen Protest von sich; da war nur eine Mauer des Schweigens. Kein gutes Vorzeichen. Von nun an konnte sie sich auf ihren Unterricht nicht richtig konzentrieren. Der Nachmittag stand wie ein großer schwarzer Berg vor ihr. Sie wünschte, sie hätte sich nicht so festgelegt; um die Mittagszeit hätte sie die ganze Sache am liebsten abgeblasen. Aber nein, sie musste ihnen zeigen, wer das Sagen hatte, sonst würde sie ihre Autorität verlieren.
Als sie nach dem Mittagessen zurück im Klassenzimmer waren, klatschte Astor in die Hände und rief: »Zeit für unseren Musikunterricht. Ab ins Klavierzimmer.«
Doch statt sich in Bewegung zu setzen, nahmen ihre Schüler mit versteinerten Blicken auf ihren Bänken Platz.
»Bewegt euch«, mahnte sie in ihrer strengsten Stimme.
Blanquette schüttelte ganz leicht ihren Kopf. Prester starrte auf sein Pult. Widdy sprang auf die Füße und begann im Kreis umherzurennen, dabei kreischte er in einem fort: »Jaaaaaaaa-aa!«
»Widdy! Geh und schreib deinen Namen an die Tafel!«, forderte Astor ihn auf.
Es wirkte – beim ersten Mal. Widdy griff sich ein Stück Kreide und schrieb langsam seinen Namen. Aber dann hörte er nicht mehr auf. Er schrieb seinen Namen wieder und wieder, und als die Tafel vollgeschrieben war, kritzelte er Buchstaben an die Wand.
»Nein, Widdy.«
Er machte weiter. Das nächste
Widdy
zog sich nicht nur über die Wand, sondern auch über eine Weltkarte, die dort hing. Seine Kreidestriche wurden nun immer härter und wilder, bis die Kreide durch das Papier drang und einen großen Riss in der Karte hinterließ.
»Genug!« Astor sprang zu ihm hinüber und griff ihn bei den Schultern. Daraufhin gab er einen schrecklichen dünnen hohen Schrei von sich.
»Los, ins Klavierzimmer!«, befahl sie laut. »Jetzt!«
Als er versuchte sich freizustrampeln, packte sie ihn noch fester, zog ihn von der Wand weg und schob ihn in Richtung Klavierzimmer.
»
Wagen Sie es nicht!
«, schrie Blanquette Astor in voller Lautstärke an.
Astor hörte auf zu schieben, aber ließ ihn nicht los. Widdys Schreie wurden leiser, bis sie einem Wimmern wichen.
»Lassen Sie Ihre Hände von ihm«, sagte Blanquette. Sie stand noch immer hinter ihrem Pult und wirkte noch massiger als sonst. »Wagen Sie es niemals, einen von uns anzufassen. Verstanden?«
Astor ließ Widdys Schultern los, und er fiel zu Boden, wo er sich krümmte und wand. Astor wusste, dass sie ihm nicht wirklich wehgetan hatte, aber er tat so, als krümme er sich vor Schmerzen. Einen Moment später wurde die Tür zum Korridor aufgerissen, und ein Hausmädchen steckte seinen Kopf durch die Tür. »Ist alles in Ordnung hier?«
»Nein.« Blanquette antwortete als erste. »Geh und hol Tomlin, Royce und Barnaby. Sofort.«
Das Hausmädchen verschwand. Astor wartete ab, gelähmt, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Die Situation war außer ihrer Kontrolle. Es dauerte nicht lange, bis drei Diener erschienen, alles kräftige vierschrötige Männer.
»Stellt euch dahinten auf«, befahl Blanquette ihnen.
Astor versuchte wieder, die Oberhand zu gewinnen. »Nein, das ist nicht notwendig. Das Problem ist gelöst. Ihr könnt wieder gehen.«
»Ihr bleibt«, sagte Blanquette.
Die Diener blieben. Sie standen im hinteren Teil des Raums in einer Reihe, als seien sie auf Wache.
»Und du stehst jetzt auf«, wandte sich Blanquette an Widdy.
Kichernd sprang Widdy auf, ohne irgendwelche Zeichen einer Verletzung. Er ging zu der Weltkarte, die er zerrissen hatte, zerrte sie auf die Erde und begann, darauf herumzutrampeln. Die Diener schauten teilnahmslos zu.
Astor setzte sich an ihr Lehrerpult vor die Klasse. Mehr konnte sie nicht tun.
»Holt eure Bücher heraus«, sagte sie. »Stilles Lesen.«
Blanquette und Prester holten ihre Bücher nicht hervor, aber blieben still. Astor sah den triumphierenden Blick in Blanquettes Augen und schauderte innerlich. Nach einer Weile wurde Widdy das Herumtrampeln auf der Karte langweilig, und er kehrte zu seinem Schreibpult zurück. Den Rest des Tages standen die drei Diener bewegungslos in einer Reihe im hinteren Teil des Schulzimmers.
Astor war geschlagen. Sie wusste es, und ihre Schüler wussten es. Sie hatte gespielt und verloren. Und doch war sie noch immer ihre Hauslehrerin, würde weiterhin Tag für Tag hierher kommen müssen, weiterhin so tun müssen, als unterrichte sie die Kinder. Sie hatte sich ihr eigenes Grab geschaufelt, und es gab keinen Ausweg aus dieser
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