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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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damit, nach dem Unterricht das Klassenzimmer aufzuräumen.
    Das Unterrichten war völlig belanglos geworden. Sie gewöhnte sich an, die Schüler freundlicher zu stimmen, indem sie die Mittagspause verlängerte oder ein früheres Unterrichtsende in Aussicht stellte. Doch auch das konnte gegen sie verwandt werden.
    »Wie wollen Sie uns denn heute Nachmittag ruhig halten?«, konnte Blanquette fragen. »Da müssen Sie uns schon ein besseres Angebot als heute Vormittag bieten.«
    Von Tag zu Tag musste Astor weitere Zugeständnisse machen und noch mehr Kreide fressen. Sie hasste sich selbst dafür, und außerdem war jede Atempause, die sie sich erkaufte, nicht mehr als eine Galgenfrist. Es gab keine Möglichlichkeit, der Erniedrigung, die diese Situation für sie bedeutete, zu entgehen.
    Und es war völlig undenkbar, Verrol ins Vertrauen zu ziehen, denn wenn sie erst einmal anfinge, ihm davon zu berichten, würde sie nicht mehr aufhören können. Sie wusste, dass sie zu einem jämmerlich schluchzenden Häufchen Elend zusammenbrechen und ihn am Ende anflehen würde, sie zurück zum Gut ihres Stiefvaters zu führen. Und auf
diese
Bitte hatte sie seine Antwort ja bereits erhalten.
    So gewöhnte sie sich an, so zu tun, als schlafe sie, wenn er an ihre Tür klopfte. Eines Tages, als er wiederholt klopfte, rief sie durch die geschlossene Tür: »Nicht jetzt! Ich bin zu müde.« Doch dieses Mal ließ er sich nicht wegschicken, sondern öffnete die Tür und marschierte einfach ins Zimmer. Sie hatte angezogen auf ihrem Bett gelegen, völlig erschöpft von einem neuerlichen scheußlichen Tag. Sie setzte sich schnell auf, glättete ihre Kleidung und versuchte, möglichst normal auszusehen.
    »Entschuldigen Sie.« Er betrachtete sie etwas besorgt. »Haben Sie …?«
    »Ich hoffe, es handelt sich um etwas Wichtiges«, unterbrach sie ihn. Sie wollte ihm keine Erklärungen geben.
    »Ich glaube schon. Ein Luftschiff ist gerade gelandet, ein riesiges Ding. Ich wette, es kommt vom Parlament in London, denn es trägt das Wappen der Opposition.«
    »Ich mach mir nichts aus Politik.«
    »Ich weiß. Aber hier geht irgendwas vor, irgendwas Merkwürdiges, Geheimes. Und wir können jetzt rausfinden, um was es geht.«
    Astor konnte es nicht ändern: Sie war neugierig geworden. »Wie?«
    Er grinste. »Ich zeig es Ihnen. Wir können sie ausspionieren.«

• 17 •
    Sie stiegen sieben Stockwerke nach oben, verließen dann das Haupttreppenhaus und begaben sich auf eine von Verrols Geheimrouten. Es war deutlich, dass er Swale House durch und durch ausgekundschaftet hatte. Sie schlichen einen verstaubten Korridor entlang und erreichten einen Raum, in dem eine große Maschine pochende Geräusche von sich gab.
    »Pumpraum«, bemerkte Verrol knapp. »Ventilation. Pumpt frische Luft vom Dach nach unten.«
    Er presste sich an surrenden Keilriemen und schnell drehenden Spindeln vorbei und führte sie zu einer Leiter. Sie kletterten nach oben und erreichten eine Art Kamin zwischen einer Wand und einem metallisch glänzenden Rohr. In dem Rohr keuchte und pfiff die angesaugte Luft.
    Eine Leiter folgte der nächsten, und vom Hauptschacht zweigten viele kleinere ab. An einer Abzweigung verließ Verrol die Leitern und bog in einen horizontalen Schacht ab. Auf Händen und Knien krochen sie in absoluter Finsternis weiter, bis Verrol eine seitlich angebrachte Luke öffnete und sie zurück ins Licht gelangten.
    Jetzt befanden sie sich in einem ganz normalen Raum – abgesehen davon, dass alle Möbel mit Tüchern abgedeckt waren. Offensichtlich war dieser Raum seit geraumer Zeit nicht mehr benutzt worden.
    »Viel mehr Zimmer als sie bewohnen können«, murmelte Verrol vor sich hin.
    Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein riesiger Kamin. Holzscheite lagen ordentlich aufgestapelt auf dem Rost. Verrol marschierte darauf zu, griff nach der Feuerzange und duckte sich unter den Rauchfang.
    Astor duckte sich hinter ihn. »Was machen wir hier?«
    »Hierher kommen sie, wenn sie ganz private ungestörte Gespräche führen wollen. Das Herrenzimmer.«
    Er schien die vom Feuer geschwärzte Wand zu meinen, und für einen Moment dachte sie, er spinne. Doch dann begriff sie, wozu er die Feuerzange benutzte: Er lockerte vorsichtig einen Backstein in der Wand, zog ihn langsam heraus und legte dann einen Finger an seine Lippen, damit sie nichts sagte. Sie nickte, und gemeinsam spähten sie durch das Loch in der Wand.
    Auf der anderen Seite sahen sie ein fröhlich loderndes

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