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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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sie.«
    »Wie du willst, Schätzchen. Ich hab eh nur von ner Probezeit gesprochen.« Sie ging wieder an ihren ursprünglichen Platz zurück. »Los, ein neues Stück. Tevvy, du spielst die Klapper und den Schellenkranz.«
    »Nein! Warte einen Moment«, rief Verrol verzweifelt. »Sie ist auch eine talentierte Musikerin. Besser als ich.«
    Granny Rouse glaubte ihm offensichtlich kein Wort. »Na, dann lass mal hören.«
    »Komm runter!«
    Astor hatte keine Wahl, obgleich sie wusste, dass es nicht funktionieren würde. Sie hatte vielleicht Talent, aber nicht mit
diesen
Instrumenten.
    Sie rutschte die Böschung hinab und gesellte sich zu den Musikern. Als der junge Strumgitarrist ihr seine Gitarre anbot, schüttelte sie den Kopf.
    »Die kann ich nicht spielen.«
    »Ist wie eine Harfe«, sagte Verrol.
    Was er sagte, war absurd! »Es ist nicht im Entferntesten wie eine Harfe.«
    Er senkte die Stimme. »Ich dachte, du könntest jedes Instrument spielen?«
    »Richtige Instrumente schon. Aber das Ding hat ja nicht einmal die korrekte Anzahl Saiten.«
    »Dann eben Drums.« Er drehte sich um und rief Grannys Gang zu: »Sie spielt die Drums.«
    Der Typ an den Drums war ein etwa zehnjähriger Junge mit Irokesenschnitt, der einen durchlöcherten grüngestreiften Pullover trug. Er erhob sich von seinem Platz und reichte Astor die Drumsticks, federnde Metallstäbe mit Lederköpfen.
    »Ich kann das nicht«, flüsterte sie Verrol zu.
    »Du kannst es. Du musst. Es ist unsere einzige Chance.«
    Astor nahm ihren Platz auf einer umgedrehten Kiste ein und starrte auf die Fässer, Kessel, Büchsen und Töpfe, die vor ihr aufgebaut waren. Es war schlicht unmöglich! Warum begriff Verrol denn nicht, dass Drums einem völlig andere Fähigkeiten abverlangten? Sie hatte niemals in ihrem Leben Drums gespielt. Aber Verrol glaubte wirklich, dass dies ihre einzige Chance sei, einer Gang beitreten zu können.
    Verrol stimmte sich mit den anderen Musikern ab, nickte mit dem Kopf und zählte: »Eins, zwei, drei,
vier

    Er tappte auf eines der Fässer, damit sie ihren Einsatz nicht verpasste. Sie erkannte denselben Rhythmus wie bei dem ersten Stück, das sie gehört hatten. Langsam begann sie ihre Drumsticks zu nutzen und testete die unterschiedliche Resonanz der verschieden Fässer und Kessel. Sie fügte dem Basistakt dann einige clevere Variationen hinzu. Verrol, der genau vor ihr tanzte, ließ seine schlanken Gliedmaßen lässig in diese und in jene Richtung kreisen.
    »Los, Mensch, mehr Drive!«, zischte er ihr unauffällig zu. »Wie Gangmusik!«
    Astor gab ihr Bestes, aber es fehlte etwas. Was konnte sie noch tun? Die Gitarristen spielten inzwischen schon ganz mechanisch, und Granny Rouse schüttelte ihren Kopf.
    »Härter! Stärker!«, flehte Verrol sie geradezu an. »Spiel um dein Leben!«
    Was konnte sie denn bloß noch tun? Sie sah, wie Granny Rouse den Kopf schüttelte, und plötzlich fühlte sie eine Woge der Wut in sich aufsteigen. Bescheuerte Drums! Bescheuerte Musik! Wenn sie ihre Harfe hätte, dann würde sie denen zeigen können, wie man spielt! Aber die Swale-Blagen hatten sie ja zerstört! Bescheuert, bescheuert, bescheuert!
    Sie war frustriert, und nicht erst seit eben, sondern wegen der ganzen Gemeinheiten der letzten Tage, der letzten Wochen, und jetzt musste die aufgestaute Wut heraus. Eigentlich hätte sie am liebsten die Drumsticks so weit wie möglich von sich geworfen, doch stattdessen ließ sie ihre Wut an den Drums aus. Sie schlug auf sie ein, hämmerte auf sie ein, prügelte mit den Drumsticks auf sie ein! Es wurde zu einer Raserei, zu einem Rausch, als verberge sich hinter jedem Fass, jedem Kessel und jedem Topf die Fratze eines ihrer Unterdrücker! Sie musste einfach schlagen und schlagen, immer weiter auf die Drums einschlagen. Alles andere war in den Hintergrund getreten.
    Und seltsamerweise kam sie nicht ein einziges Mal aus dem Takt. Die Musikerin in ihr hielt den Rhythmus – nur hundertmal stürmischer und wilder als üblich. Schweiß tropfte ihr vom Gesicht, die Haare waren ihr über die Augen gefallen, so dass sie kaum sehen konnte, was sie tat. Aber offenbar brauchte sie nichts zu sehen. Pure Raserei hatte von ihr Besitz ergriffen. Sie war sich der anderen Musiker kaum bewusst, sie waren nur Teile des Sturms, den sie entfesselt hatte. Jegliches Zeitgefühl hatte sie verlassen. Sie verzog ihr Gesicht zu Grimassen und gab bedeutungslose Laute von sich.
    Sie hatte das Gefühl, gerade erst losgelegt zu haben, als

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