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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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neuen Gig bereitmachten. Die Klapper und den Schellenkranz hatte sich allerdings noch niemand genommen.
    »Dies ist unsere Chance«, sagte er.
    »Unsere Chance?«
    »Dann eben meine Chance. Melde ich halt Ansprüche für uns beide an.«
    Bevor Astor wusste, was geschah, war er vorgetreten und die Böschung des Kanals herabgestiegen. Er bahnte sich seinen Weg durch die Menge und schnappte sich die Klapper und den Schellenkranz.
    Astor schüttelte den Kopf. Wieder eine neue Überraschung! Gab es irgendetwas, das er nicht konnte?

• 25 •
    Diese sogenannte Musik ging Astor auf die Nerven, aber sie schien der einzige Weg zu sein, Mitglied einer Gang werden zu können. Mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft wünschte sie sich, dass Verrol gut wäre – und genau das war er. Sogar besser als gut.
    Astor sah, wie er sich sofort in den Rhythmus der anderen Spieler einfand. Er schüttelte die Klapper vor und zurück und ließ den Schellenkranz über seinem Kopf kreisen. Die Klapper war ein doppelköpfiges Ledergerät, das einen pulsierenden dumpfen Ton erzeugte, und der Schellenkranz bestand aus mehreren Metallplättchen in einem Metallrahmen und gab glockenähnliche Töne in drei oder vier Höhen ab.
    Aber das Spiel mit den Rhythmusinstrumenten war gar nicht das, was Verrol am besten konnte. Er war ein Naturtalent als Tänzer. Seine Gliedmaßen, die immer so lässig und gelenkig wirkten, entwickelten zum Takt der Musik ein völlig eigenes Leben. Man konnte nicht sagen, er bleibe im Rhythmus, vielmehr war sein Körper das Instrument, das den Rhythmus vorgab.
    Die anderen Musiker beobachteten ihn eine Weile und fielen dann in sein Spiel und seinen Rhythmus ein. In der sie umgebenden Menge nickten alle zustimmend mit den Köpfen, und langsam drang der Beat in jeden Körper ein. Astor stellte mit Erstaunen fest, dass auch ihr Fuß im Rhythmus wippte.
    Jetzt wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Blechgitarristen zu, mit dessen Aufgaben sie besser vertraut war. Denn trotz des eigenartigen achtsaitigen Instruments flogen seine Finger mit unglaublicher Geschwindigkeit über den Steg. Sie wusste: Ihre eigenen Finger bewegten sich auf der Harfe nicht im Entferntesten so wendig und schnell. Selbst ihr Vater auf der Violine wäre nie an die Schnelligkeit dieses Spielers herangekommen.
    Wenn er doch bloß in einem richtigen Orchester spielen würde, dachte sie. Mit richtiger Musik und einem richtigen Instrument könnte er Wunderbares vollbringen. Sein Talent wird einfach vergeudet bei dieser nervenaufreibenden brutalen Kakophonie.
    Die meisten Gangmitglieder waren Teenager, nur der schon leicht glatzköpfige Blechgitarrist war bestimmt zwanzig Jahre älter. Und doch gab es eine noch ältere Person, eine winzig kleine Frau, die Astor in der Menge anfangs gar nicht bemerkt hatte. Verrol wiederum schien gerade diese alte Frau beeindrucken zu wollen.
    Wer war sie? Anders als die jungen Frauen, die Breeches oder lange Hosen trugen, hatte sie eine Art Kleid an – eher einen grauen Kittel aus einem selbstgesponnenen Material. Spärliche weiße Haarbüschel zierten ihren Kopf, und einige lange Haare ihr Kinn. Ihr runzeliges kleines Gesicht erinnerte Astor an ein Äffchen. Als das Stück zum Ende kam, warteten alle in der Menge auf die Reaktion der alten Frau.
    Sie ging auf Verrol zu, um ihn von Nahem zu inspizieren. »Du bist gut, Schätzchen«, sagte sie nach einer Weile. »Woher kommst du?«
    Er ignorierte die Frage. »Wir sind hier, um einer Gang beizutreten. Können wir Mitglieder deiner Gang werden?«
    »Hmm.« Sie kniff ihr ganzes Gesicht zusammen, so dass zu den unzähligen Falten weitere hinzukamen. »Grannys Gang
könnte
Platz für einen talentierten Musiker haben.«
    »Bist du Granny?«
    »Granny Rouse. Und wer ist
wir

    »Ich und meine Gefährtin.« Verrol zeigte in die Menge. »Astor Vance.«
    »Vance? Klingt wie ein vornehmer Name. Und wer bist du?«
    »Verrol.«
    »Verrol wer? Verrol Vance?«
    »Ich benutze meinen Nachnamen nicht. Tut doch keiner. Einfach Verrol.«
    »Ihr zwei seid also nicht verheiratet?«
    »Nein.«
    »Was seid ihr denn? Ein Liebespaar?«
    Verrol und Astor wechselten Blicke. »Nein«, sagte Verrol.
    »Beste Freunde?«
    Astor hätte sich auf
beste Freunde
eingelassen, nur um aufgenommen zu werden, aber Verrol antwortete: »Nicht unbedingt.«
    Granny Rouse schaute ihn lange stirnrunzelnd an. »Wir geben dir eine Probezeit mit der Gang«, sagte sie endlich. »Aber ihr nicht.«
    »Ich komme nicht ohne

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