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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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ernstes Gesicht spiegelte ihre eigenen Gedanken. »Ich versuche etwas anderes.«
    Er schnippte mit den Fingern den Rhythmus des nächsten Songs.
    »
Be with Me Soon
«, rief er Purdy und Ollifer zu. »Eins, zwei, drei,
vier

    Astor nahm ihre ganze Energie zusammen und warf sich mit aller Kraft in den Beat. Purdy und Ollifer folgten ihrem Beispiel. Verrol schüttelte seine Klapper und den Schellenkranz – und tanzte in die Menge hinein.
    Er tanzte genau vor den beiden Mädchen, die eben noch so gekichert hatten. Das machte sie einerseits verlegen, aber andererseits schienen sie auch fasziniert. Seine lässigen Bewegungen wandten sich direkt an die beiden, sie waren eine Einladung zum Tanz. Sie kicherten jetzt zwar wieder, doch auf eine ganz andere Art.
    Das Mädchen mit dem langen Haar gab als erste nach und begann mit den Hüften zu schwingen und im Rhythmus der Musik mit den Schultern und Händen zu zucken. Verrol nahm ihre Bewegungen auf, spiegelte und verstärkte sie. Einige Sekunden später fiel auch das zweite Mädchen in den Tanz ein. Verrol stand mit dem Rücken zur Band, daher konnte Astor seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, aber vorstellen konnte sie ihn sich schon: grinsend und gefährlich und leicht raubtierhaft.
    Nun drehten sich die ersten Leute nach den Tanzenden um. Nach einigen Minuten tanzte ein weiteres Mädchen, dann das nächste und noch eins. Der Plan funktionierte, und außerdem war Verrol noch lange nicht am Ende mit seinen Ideen. Über die Schulter rief er der Band zu: »Spielt weiter, denselben Song!« Und er tanzte durch die Menge hindurch, die tanzenden Mädchen dicht hinter ihm.
    Als der Song zum Ende kam, spielte die Band ihn einfach wieder von vorne, ohne eine Pause einzulegen. Astor erhöhte das Tempo an den Drums. Sie blickte auf die sich windende Schlange der Tanzenden in der Menge und bemerkte, dass sie länger und länger wurde. Erst wand sie sich nach links, dann nach rechts, dann einmal im Kreis herum und zuletzt geradewegs auf die Band zu.
    »Kiff! Kiff! Kiff! Kiff!«
    Im ersten Moment verstand Astor nicht, was sie riefen, doch dann erinnerte sie sich: Kiff war der Name des Mädchens, das Geburtstag hatte. Verrol hatte sie zum Tanzen gebracht! Gemeinsam mit ihm führte sie nun die Schlange an und tanzte genau vor der Band weiter. Jetzt galt die allgemeine Aufmerksamkeit der Band. Adrenalin schoss durch Astors Adern. Ganz kurz schaute sie nach oben, doch der Spion war weg! Ihr war es, als habe die Macht ihrer Drums ihn vertrieben.
    Als sie den Song
Be with Me Soon
zum zweitenmal durchgespielt hatten, beendete Astor ihn mit einer fulminanten Salve auf ihren Drums. Danach spielte sie ein leises monotones
Tap-Tap-Tap
, während das Publikum in Jubel, anerkennende Pfiffe und Applaus ausbrach. Die Tanzenden klatschten mit über ihren Köpfen ausgestreckten Händen.
    Verrol stellte sich wieder an seinen gewohnten Platz bei der Band, wobei er sich noch immer leicht zum
Tap-Tap-Tap
der Drums bewegte. Die Mädchen ganz vorne in der Menge tanzten weiter mit ihm. »Gebt, was ihr könnt!«, donnerte Verrol, als die Band den nächsten Song anstimmte.
    Astor gab alles. Das Publikum war nun ganz bei ihnen, sie würden erfolgreich sein. Sie hatten es geschafft!

• 33 •
    Das war die Nacht, in der Astor sich mit Haut und Haaren in die Gangmusik verliebte. Bislang hatte ihr gefallen, dass sie gut darin war, die Musik zu spielen – aber heute Nacht spielte die Musik sie. Jeder Akkord ging ihr durch Mark und Bein. Ihre Drums wurden zu einem Stück ihrer selbst, so wie ihre Handflächen Teil von ihr waren oder ihre Haare auf dem Kopf. Das Klavier, die Harfe oder Violine bedeuteten ihr nichts mehr;
dies
war ihre Art der Musik.
    Sie war von ihren Gefühlen völlig überwältigt, von Gefühlen, die sie davontrugen, keine Gefühle der Wut oder des Ärgers mehr, sondern der Freude und Liebe. Sie hätte jeden einzelnen Ton wie einen Liebhaber an ihre Brust drücken können.
    Die Band spielte alle Songs, die sie geplant hatten, und dann spielte sie erneut das Eröffnungsstück. Vorher hatte die Menge ja nicht darauf geachtet, jetzt aber hatten sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Applaus nahm kein Ende …
    Doch dann machte Granny Schluss. »Das ist genug. Ihr habt anderthalb Stunden gespielt. Wenn ihr es zulasst, behalten sie euch sonst die ganze Nacht hier.«
    Mit Reeths Hilfe führte sie die Bandmitglieder von der Party fort. Jede einzelne ihrer Bewegungen wurde von der Menge geradezu

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