Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Verwundert schaue ich ihn an und schüttle bloß den Kopf.
»Komm doch mit, wir wollen zu einem Hotel in die Altstadt, in der Nähe des Manikarnika Ghats«, biete ich Silvie an, die sogleich dankbar auf unser Angebot eingeht. Fast von Silvie unbemerkt wirft Maja mir einen ernsten Blick zu.
Wir schultern alle, außer Silvie, unsere Rucksäcke und laufen los. Eigentlich ist es doch ziemlich praktisch mit kleinem Gepäck zu reisen. Mein Rucksack zerrt an meinen Schultern und das Wasser läuft mir den Rücken hinunter. Als wir die Straße überquert haben, ist es mit unserer neuen trauten Dreisamkeit vorbei. Erst hupt er nur von hinten. Dann überholt er uns und tuckert langsam neben uns her. Dass er sich auf der falschen Straßenseite befindet, scheint dem Kerl egal zu sein.
»Rikscha, Rikscha«, ruft er uns zu. Er führe uns überall hin. Sein Gefährt: ein Ferrari. Und er: Michael Schumacher. Kleine Rallye-Streifen kleben an der Seite seines Fahrzeugs. Er hupt abermals. Ich versuche ihm zu signalisieren, dass wir keine Rikscha benötigen. Auch keinen Ferrari. Er glaubt mir nicht und begleitet uns weiter. Er redet auf mich ein, aber ich habe aufgehört ihm zuzuhören. Vielleicht lässt er uns in Ruhe, wenn ich ihn ignoriere. Doch wir haben einen Begleiter, der uns nicht mehr von der Seite weicht.
Was soll ich nun tun? Eigentlich wollte ich uns eine Rikscha entfernt vom Bahnhof organisieren. Aber unser Begleitfahrzeug verhindert das.
»Wir sollten hier mal stehen bleiben. Ich habe Durst«, gebe ich meinen Begleiterinnen zu verstehen. Eigentlich will ich ihn nur vom Hals haben. Ich kaufe uns Dreien ein Getränk.
»Hier für Dich, eine Limca.« Ich reiche Silvie die kleine Flasche. »Ach, und Wasser.« Ich wende mich erneut dem Verkäufer zu und ordere noch zwei große Flaschen mit Wasser.
»Danke«, erwidert unsere neue Freundin.
»Sehr generös, mein lieber Freund!« Maja wirkt leicht schnippisch und gereizt.
»Ja, sehr nett!« Silvie schaut mich lächelnd an. Ich lächle zurück.
Der Fahrer hat mittlerweile seinen Motor abgestellt und schaut ohne Unterlass zu uns hinüber. Wenn ich zu ihm blicke, lächelt er mich an. Denkt er, seine Beharrlichkeit wird mit Erfolg belohnt? Ein wenig tut er mir leid, aber auf der anderen Seite nervt er mich gewaltig. Silvie gibt mir die leere Flasche Limca zurück. Maja ist genervt, weil sie gerne ins Hotel möchte und ihr alles zu lange dauert. Der Fahrer bleibt in Lauerhaltung. Wir überqueren die Straße. An einem belebten Platz verliert unser Anhängsel den Anschluss.
»Unser Anhängsel ist fort«, sage ich zu Maja.
»Wie fort? Wer ist fort?« Sie schaut zu Silvie hinüber. Silvie ist noch da. »Ich verstehe nicht, was Du meinst.«
»Den Rikschafahrer. Hast Du den nicht bemerkt? Unsere Eskorte seit dem Bahnhof«, antworte ich ihr.
»Doch, schon. Aber ich hatte andere Sorgen … Der hätte uns doch gut fahren können«, meint Maja.
Ich versuche ihr abermals zu erklären, warum man das nicht machen sollte. Zu dem Erstbesten in den Wagen steigen. Dafür bin ich zu erfahren. Maja lacht laut auf. Silvie schaut erst verstört, lächelt dann aber verlegen mit.
»Ich hoffe, ich halte euch nicht länger auf als nötig. Aber ich danke euch für eure Hilfe.« Silvie blickt uns bemitleidenswert an.
»Ist kein Ding. Wir helfen gerne«, erwidere ich. »Es ist echt eine unglückliche Lage für Dich.«
Wir gehen weiter bis zu einem Rikschastand und nehmen uns eine Rikscha in Richtung Godaulia. Wenn ich Agra schon erdrückend fand, Varanasi ist erdrückender. Der Verkehr lärmt um uns herum, die Zweitakter blasen ein Gemisch aus Abgasen und aufgewirbeltem Staub in meine Nase. Ich muss niesen.
»Gesundheit«, wünscht mir Silvie. Ich schaue in ihre blauen Augen und lächle sie an. Ihre blonden Haare wehen im Fahrtwind. Maja blickt geistesabwesend aus dem Fenster.
»Godaulia!«, stellt unser Fahrer beherzt fest und fragt sogleich: »Hotel?«
»No, nahi«, antworte ich ihm in einem Englisch-Hindi-Mix und zahle ihm den vorher ausgemachten Preis. Er zählt die Scheine, tritt auf sein Gaspedal und rast tuckernd davon. Ich schaue mich um. Meine Ratlosigkeit bleibt nicht unbemerkt. Ein junger Mann in einem hellen Gewand löst sich von einer Gruppe am Straßenrand und kommt auf uns zu.
»Hotel?«, fragt er aufdringlich und bietet uns an, uns zu einem »Super-Hotel« zu begleiten, mit Blick auf den Ganges. Es wirkt, als wollte ein jeder einem ein Hotel vermitteln. Ich lehne dankend ab,
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