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Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Christopher
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Paul schläft. Ich versuche leise an ihm vorbei zur Toilette zu schleichen, um ihn nicht aufzuwecken. Auf dem Weg schaue ich starr gerade aus, um ja keine Kakerlake zu sehen. In der Toilette selbst begegne ich zum Glück nur zwei kleinen. Mit denen komme ich zurecht. Gut versorgt will ich mich wieder auf meine Pritsche begeben, doch bevor ich hochklettern kann, läuft plötzlich der Schaffner durch den Wagen, schaltet alle Lichter an und weckt die Reisenden. Wir sind schon in Mettupalayam, eine halbe Stunde vor der planmäßigen Ankunft. Ich bin erfreut, den Zug unverhofft früh verlassen zu können.
     
    Wir frühstücken auf dem Bahnhof. Aber mir ist gar nicht wohl. Zu den Bauchschmerzen gesellt sich leichte Übelkeit und ich schaffe es kaum einen Idli hinunter zu würgen. Aber wir werden sechs Stunden in der Schmalspurbahn hoch nach Ooty unterwegs sein. Da muss ich wenigstens etwas im Magen haben. Eine Stunde später besteigen wir den Zug. Die Waggons sind äußerst schmal. Man sitzt unangenehm nah beieinander. Und meine Befürchtung bewahrheitet sich: Es gibt keine Toilette. Verdammt.
    Da ich den Ausblick heute kaum genießen kann, lasse ich Paul ans Fenster. Der Zug ruckelt langsam vor sich hin. Die alte Lok braucht ständig Pausen und so halten wir fast jede halbe Stunde für mehrere Minuten. Meist an atemberaubenden Stellen der Strecke, die sich durch die Schönheit der Landschaft gut als Fotomotive eignen. Alle Passagiere stürmen dann aus ihren Waggons und knipsen wild drauf los. Ich schleppe mich nur zum ersten Halt mit Paul ins Freie. Nach jeder Pause ruckelt der Zug beim Anfahren extrem. Das ist nichts für meinen Bauch! Nur mäßig gewinnt die Lok danach an Fahrt. Ein paar Mal habe ich Angst, dass sie ausgerechnet heute ihren Geist aufgeben wird. Aber zuverlässig überwindet sie ächzend einen Höhenmeter nach dem anderen.
    Durch die vielen Pausen nimmt der Zug beständig an Verspätung zu. Gut, dass wir noch die Süßigkeiten von Bea haben. Mein Appetit ist inzwischen zurückgekehrt und wir lassen sie uns schmecken. Sie sind zuckrig süß, schmecken stark nach Ghee und Kichererbsen. »Interessant lecker«, findet Paul. Als die Schachtel leer ist, sage ich ihm, dass er sie bei der nächsten Station draußen entsorgen könne, aber Paul verstaut sie schnell in seiner Umhängetasche. »Hey«, protestiert er, »vielleicht können wir sie ja noch gebrauchen!«
    »Ja klar. So eine olle Plastikbox«, antworte ich ihm. Ich ernte einen vorwurfsvollen Blick.

Paul
    Wer schon einmal eine Nacht in einem Zug mit tausend Kakerlaken verbracht hat, der kann verstehen, dass mein Schlaf nicht gut war. Ich habe kein Auge zugemacht. Ein paar Mal habe ich es versucht. Dabei habe ich ganz fest an Bea gedacht, aber es hat nicht geholfen. Kaum waren die Augen geschlossen, hat es an meinen Beinen gekribbelt. Was war das? Eine Kakerlake? Meine Horrorvorstellung ist, dass mir eine in den Mund krabbelt, oder noch schlimmer, in die Nase. Dort macht sie es sich bequem und legt ihre Eier ab. Noch bevor ich es merke, ist sie fort und irgendwann, in naher Zukunft, denke ich, was kribbelt mir denn da in der Nase? Und dann kommen Hunderte Minikakerlaken heraus und machen es sich in meiner Wohnung gemütlich. Ich bin auf der Hut.
    Die Bahn, die sich dampfend und schnaubend die Berge hoch quält, ist nicht sehr bequem. Ich habe mir die erste Klasse luxuriöser vorgestellt. Der Wagen fällt fast auseinander, die Sitze sind hart und eng. Aber dafür ist das Abteil exklusiv, denn hier sitzen außer einem älteren indischen Ehepaar, das gegenüber von uns Platz genommen hat, ausschließlich Europäer. Neben Maja hat sich eine blonde Frau in unserem Alter hingesetzt, gegenüber ihr Lebensgefährte. Wir hören schnell heraus, dass es ebenfalls Deutsche sind. Doch sie geben sich arrogant und würdigen uns keines Blickes. Aus ihrer Unterhaltung erfahre ich, dass sie auf einem Asientrip sind: Vietnam, Thailand, Indien – in vier Wochen. Das ist pro Land knapp neun Tage. Für Indien viel zu wenig. Sie fotografieren eifrig alles was sie aus ihrer Position erhaschen können.
    Das deutsche Pärchen hat nicht unsere Klasse. Sicher verdient er gut und gönnt sich und seiner „Liebsten“ eine tolle Reise. Wir sind Luft für die, dabei müssen sie mitbekommen haben, dass wir Landsleute sind. Ein wenig ärgere ich mich darüber, aber im Grunde ist mir das egal, denn ich interessiere mich ja auch nicht für sie.
    Spannender sind die Affen, die an der

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