Sonne, Schnee und Tote
Rückschwung auf und entschied sich, obwohl er wusste, dass er erneut
gegen die polizeilichen Richtlinien verstieß, drinnen auf Imar Sinan zu warten
und das nicht nur, weil er dort vor dem anhaltenden Regen Zuflucht suchen
konnte.
***
Durch
einen kurzen Flur mit offenen Zugängen nach links zu einem mit braunem
Teppichboden ausgelegten Wohnzimmer und nach rechts in eine kleine Küche in
orangefarben lackierter Sperrholzoptik, gelangte Bloemberg nach wenigen Metern
in den rückwärtigen Teil des Häuschens. Er öffnete eine Metalltür mit integriertem
rundem Sichtfenster und betrat den Wohnraum dahinter. In der Ecke bot eine frei
hängende Holztreppe die Möglichkeit ins obere Stockwerk zu gelangen. Ansonsten
zeichnete sich der Raum, der durch eine breite Glasfront Blick auf einen
ungepflegt vor sich hinwachsenden Garten mit hohen Hecken bot, nur einen
massiven Holztisch, ein paar Stühle und ein Regal, gefüllt mit schwarzen
Aktenordnern. An der mit Kunststoffplanken verkleideten Decke hingen seltsam
geschwungene Lampen, die allein von der Anzahl her dazu geeignet schienen, ein
ganzes Fußballstadion zu erleuchten. An parallel zur Wand hatte Imar
massenweise Blumenkästen über- und nebeneinander gestapelt. Sie waren teils mit
Blumenerde teils mit Sand gefüllt. Zurzeit wuchsen weder Pflanzen noch Blumen
darin.
An
der hellblauen Wand fand Kees eine ganze Reihe an Schaltern und Reglern,
daneben verschiedene Messinstrumente für Temperatur, UV-Intensität und
Luftfeuchtigkeit.
Je
mehr Bloemberg die unterschiedlichen Birnen an der Decke begutachtete, desto
weniger konnte er sich des Eindruckes erwehren, dass dieser Raum eine ziemlich
eindeutige Funktion erfüllte. Lediglich die letzten Beweise fehlten. Doch der
Inspecteur erhielt nicht die Gelegenheit, dem Verdacht, der beim Anblick des
gesamten Raumes unzweifelhaft entstand, weiter nachzugehen.
Vorn
im Haus schlug jemand wuchtig die Haustür zu. Das Geräusch hallte einem Schuss
gleich durch den Flur bis in Bloembergs Ohren. Der zuckte zusammen und
schnellte herum.
Imar
Sinan?
***
„Was
soll das heißen, er ist im Haus verschwunden und gerade ist ihm jemand mit
einem länglichen, massiven Gegenstand gefolgt?“
„So
… so, wie ich sage, Hoofdcommissaris. Bloemberg ist in das Haus rein und … und
… äh … vor ner Minute ist ein finsterer Kerl, groß wie … äh … kräftig wie ein
Gorilla hinter ihm her.“
„Was
hat Bloemberg überhaupt in dem Haus zu suchen? Wurde er hineingebeten?“
„Äh
… ich glaube nicht. Hat gegen die Tür getreten und …“
„Himmel!
Und jetzt?“
„Weiß
nicht … äh … der Kerl hat … äh … die Tür hinter sich zugeschlagen.“
„Du
bleibst, wo du bist. Ist Maartens noch nicht bei dir?“
„Nein.“
…
***
„Sinan?“
Imar
drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Petr Stojic, ein hagerer
Typ in maßgeschneidertem, grauem Zweireiher, mit gescheiteltem graumeliertem
Haar, einer Narbe im Gesicht, die sich von einem säuberlich getrimmten Vollbart
nicht verbergen ließ und vom Kinn bis über seine Oberlippe reichte, kam
schnellen Schrittes auf ihn zu. Die braunen Lederschuhe erzeugten dumpfe
Klack-Geräusche auf dem Fußboden.
Pünktlich
auf die Minute, wie immer ,
dachte Imar.
Er
war selbst gerade erst auf der Euromast Aussichtsplattform angekommen. Noch
immer ganz nass vom Regen und durch den abklingenden Stress zunehmend müde,
lehnte er an der Wand des von einer Glasfront geschützten Rundganges auf 185
Metern Höhe.
Er
streckte Stojic die Hand entgegen, aber der hatte keine Zeit für ausschweifende
Begrüßungsrituale.
„Wie
man hört, ist die Polizei doch penibler in dieser Pressesache als gedacht. Wenn
meine Informationen stimmen, wird man Inspecteur Bloemberg den Fall übermorgen
entziehen. Der Mann handelt komplett auf eigene Faust. Von seinem Vorgesetzten
wurde er ausdrücklich gebeten, sich bedeckt zu halten. Das bedeutet für uns, er
ist ein unkalkulierbares Risiko.“
„Welche
Folgen hat das?“
„Ich
habe Viktor und Andrej auf ihn angesetzt. Er ist gerade in deinem Haus und sie
werden ihm jetzt gleich klarmachen, dass man ohne die nötigen Befugnisse besser
nicht in fremdem Eigentum stöbert …“
„Und
der Plan?“
„Wir
müssen ihn ändern und schleunigst alles wegschaffen. Die Mexikaner ahnen noch
nichts, aber wer weiß, welche Dummheiten denen in den Kopf kommen. Der Chinese
meint, die Nerven liegen blank. Das macht sie neben Bloemberg
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