Sonne, Schnee und Tote
man Einbrecher auf die Fresse hauen darf, wenn sie versuchen mich
auszurauben. Man kann sie kaltstellen, bis die Polizei kommt.“
„Bei
dem Argument gibt es nur ein paar kleine Denkfehler. Erstens: Ich bin kein
Einbrecher. Zweitens: Das ist nicht dein Haus. Und drittens: Ich bin Polizist
und ich habe eine Dienstwaffe von der ich Gebrauch machen werde, wenn du
versucht mich mit dem Stöckchen in deiner Hand anzugreifen.“
Andrej
grinste, verlangsamte den Schritt und blieb endlich stehen. Ihn trennten nur
noch zwei Meter von Bloemberg, der innerlich erst einmal aufatmete und
gleichzeitig weiter hochgradig angespannt war, denn Illic ließ nicht den
Verdacht aufkommen, als sei er gewillt, den Schlagstock herunterzunehmen.
„Andrej,
ich warne dich nur einmal“, betonte Kees und erlitt gleich den nächsten Schock.
„Und
wir lassen uns nicht bedrohen“, schnarrte eine Stimme nah bei seinem Ohr.
Kees
spürte kaltes Metall im Nacken, hörte ein Klicken und nahm automatisch beide
Hände hoch. Damit hatte er nicht gerechnet, auch wenn er es hätte wissen
müssen. Stojics Männer arbeiteten nie allein.
Schnelle
Finger griffen an seinem Mantel vorbei an das Holster, lösten den
Sicherungsknopf und zogen Bloembergs Pistole heraus. Der Inspecteur hörte, wie
sie irgendwo hinter ihm zu Boden fallen gelassen wurde.
„So
und nun hübsch umdrehen … Andrej, ich denke du kannst das Schlageisen für den
Moment herunternehmen.“
Noch
während sich Kees langsam um die eigene Achse drehte und das zufrieden
grinsende Gesicht Viktor Kulacs in sein Blickfeld drang, brach die Erkenntnis
in sein Bewusstsein, dass er sich diesmal in echte Schwierigkeiten manövriert
hatte.
Er
hatte, als er zwei Stunden zuvor aufgebrochen war, niemanden von seinen Plänen
unterrichtet. Keiner wusste, dass er hier war, allein mit Stojics
berüchtigtsten Handlangern. Er schluckte und das unangenehme Kribbeln von Angst
breitete sich ungehindert von seinem Zwerchfell ausgehend im ganzen Körper aus.
„So“,
sagte Kulac, ein kleiner Mann mit kantigen Gesichtszügen, und strich sich eine
gelockte schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. „Inspecteur, Kees Bloemberg. Ich
darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie sich ohne Erlaubnis in einer
Immobilie aufhalten, die sich im Besitz von Petr Stojic befindet.“
„Der
Gorilla hat eben Ähnliches von sich gegeben. Also, Viktor, was wollt ihr? Mir
einen Scheitel ziehen, weil ich ein Haus betreten habe, dessen Tür
unverschlossen war?“
„Ich
bitte Sie, Inspecteur, tun Sie nicht so cool. Der Schweiß auf Ihrer Stirn
spricht Bände. Um präziser zu werden: Wir werden Ihnen in der Tat einen Denkzettel
verpassen, aber nicht, wie Sie vielleicht denken ... Andrej!“
Illic
sprang nach vorn, griff sich Bloembergs erhobene Arme und drehte sie ihm auf
den Rücken. Er hatte den Schlagstock weggesteckt, denn im nächsten Augenblick
hantierte er mit dünnem Seil herum, das er um Bloembergs Handgelenke schlang
und anschließend dermaßen fest zog, dass es schmerzhaft in die Haut schnitt.
Bloemberg wehrte sich, aber Kulac schnalzte nur mit der Zunge und richtete den
Pistolenlauf auf dessen Stirn. Kees‘ Widerstand ließ nach. Illic band ihm beide
Hände fest hinter dem Rücken zusammen.
Viktor,
der genau wie Andrej in einem blauen Overall steckte, nahm die Waffe weg und
zog aus einer Brusttasche einen Beutel mit weißem Pulver.
„Na,
Inspecteur Bloemberg, wissen sie, was das ist?“
„Pfff“,
machte Kees. Das sah doch sehr nach einem schlechten Witz aus.
„Cleverer
Plan, mir eine Überdosis verpassen zu wollen. Ich bin seit Jahren clean. Das
gibt sicher einen Wahnsinns-Flash und Herzrasen bis zum Herzinfarkt.“
„Schön,
dass Sie Ihren Humor auch in der beschissensten Situation nicht verlieren.
Leider muss ich Sie enttäuschen. Das hier ist kein Kokain.“
„Ach.“
„Nein,
obwohl mir die Idee mit den Drogen irgendwie gefällt. Das hier, Schlaumeier,
ist was anderes. Man nennt es „ burning snow“ . Kommt aus Mexiko das Zeug.
Nun raten Sie, was man damit macht?“
„Jedenfalls
keinen Kuchen backen.“
„Richtig.
Dazu eignet es sich ganz sicher nicht. Ich verrate es Ihnen.“
„Kann
es kaum erwarten“, knurrte Bloemberg und wehrte sich dabei vergeblich dagegen,
von Andrej in Richtung des großen Holztisches gezerrt zu werden. Kulac kümmerte
das wenig. Zwar bereitete das Unterfangen seinem Kollegen hör- und sichtbar
Mühe. Am Ende war trotzdem jeder Widerstand
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