Sonne über Köln (German Edition)
schmiegte
sich an ihn. "Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet", sagte sie
mit verschlafener Stimme. Sie tastete nach ihm, weil sie ihm einen Kuss geben
wollte. Als sie den Kopfverband fühlte schrak sie zurück. Im Nu war die
Nachttischlampe angeschaltet.
Sonia
richtete sich auf und starrte ihren Mann entsetzt an: "Was ist denn mit
dir passiert?"
Toni
blickte sie an wie ein geprügelter Hund. Er erinnerte sich daran, wie
leichtfertig er ihre Warnung am Nachmittag in den Wind geschlagen hatte.
"Ich bin überfallen worden", sagte er kaum hörbar.
Sonia
berührte vorsichtig den Verband. Sie zog Toni sanft an sich und umarmte ihn:
"Erzähl mir was passiert ist."
Toni
erzählte die Geschichte von Anfang bis Ende, nur einige Male unterbrochen von
Benni, der aufgeregt im Zimmer hin und her lief und das Fenster anbellte.
Sonia
seufzte als Toni fertig war. Sie hatte immer die Angst gehabt, dass so etwas
einmal passieren würde. "Wie soll's jetzt weitergehen?"
"Ich
hole mir morgen ein Leihtaxi", sagte Toni.
"Du
kannst jetzt nicht einfach weiterfahren", sagte Sonia. "Die sind doch
bestimmt immer noch hinter dir her! Bleib wenigstens zu Hause, bis sie die
Typen geschnappt haben."
"Das
kann ewig dauern … und du weißt genau, dass wir auf das Geld angewiesen sind.
Ich kann nicht einfach zu Hause bleiben." Toni sah an Sonias
Gesichtsausdruck, dass sie mit seiner Entscheidung überhaupt nicht
einverstanden war. Er strich ihr über die Wange und versuchte sie zu beruhigen:
"So was passiert mir nicht noch mal. Ich bin jetzt gewarnt."
Sonia
schaute ihn skeptisch an. "Schlaf morgen erst mal richtig aus. Ich gehe
vor der Arbeit mit Benni", sagte sie schließlich. Dann gab sie ihm einen
Gutenachtkuss und machte das Licht aus.
Usama
starrte ihn mit seinen stechenden Augen an. Tonis Hand zitterte, als er die
Pistole auf ihn richtete. Er versuchte verzweifelt die Waffe still zu halten
und den Abzug zu betätigen. Es gelang ihm nicht. Er ließ die Waffe fallen und
rannte um sein Leben, in seinem Nacken Usamas heißen Atem spürend. In der Ferne
war ein Klingeln zu hören, das lauter wurde. Es kam von einer Straßenbahn, die
wie auf Bestellung vorbeifuhr. Toni sprang auf. Als er sich umdrehte, war Usama
verschwunden. Er atmete erleichtert auf. Doch dann bemerkte er, dass alle Augen
in der vollbesetzten Bahn auf ihn gerichtet waren. Als sein Blick
hinunterwanderte, sah er mit Entsetzen seine vor Blut triefenden Hände. Er
sprang sofort wieder ab und rannte.
Die
Straßenbahn verfolgte ihn. Sie folgte ihm auch dorthin, wo keine Gleise waren.
Manchmal schien er sie abgehangen zu haben, dann kam sie wieder näher. Das
Klingeln wurde immer lauter. Die Bahn war direkt hinter ihm. Er gab alles, doch
er konnte nicht schneller. Noch einen Moment und–
Toni
wachte schweißgebadet auf. Das Telefon klingelte. Er atmete tief durch,
erleichtert darüber, dass alles nur ein Traum gewesen war. Es war lange her,
dass er diese Art von Alpträumen zum letzten Mal gehabt hatte. Er war
überfallen worden, war in der Notaufnahme eines Krankenhauses versorgt worden,
war bei der Polizei gewesen. Hatte er das auch geträumt?
Er
ging mit der Hand an seinen Kopf und spürte den Verband. Er öffnete enttäuscht
die Augen. Durch einen Spalt in der Gardine drang gleißendes Tageslicht und
tauchte das Schlafzimmer in ein Halbdunkel. Auf Sonias Seite lag nur die
zerwühlte Bettdecke.
Da
das Klingeln des Telefons nicht aufhörte, griff er danach. Er drückte es instinktiv
an sein rechtes Ohr und stöhnte vor Schmerz. Er wechselte auf die linke Seite.
"Guten
Morgen, Herr Jakobs!", klang eine weibliche Stimme aus dem Hörer.
"Hier ist Frau Stark. Könnte ich bitte die Sonia sprechen?"
Toni
drehte den Kopf und schaute auf den Wecker. Der zeigte 8:40 Uhr. "Ist sie
nicht in der Schule?", fragte er überrascht.
"Bis
jetzt nicht", sagte Frau Stark. "Deswegen rufe ich an. Der Unterricht
hat vor zwanzig Minuten begonnen und mir liegt keine Entschuldigung vor."
"Haben
Sie's schon auf ihrem Handy versucht?", sagte Toni.
"Ich
habe zweimal die Nummer probiert, die mir vorliegt, war aber beide Male falsch
verbunden."
Toni
stand auf, ging in die Küche und dann ins Wohnzimmer. Da war kein Benni.
Normalerweise kam der ihm sofort entgegen. Er schaute sich ratlos um. Sonias
Tasche war da. Die Schuhe, die sie sich zurechtgestellt hatte, standen auch
noch da. Aber ihre Adidas-Laufschuhe fehlten. Die zog sie immer an, wenn sie
die Runde mit Benni ging. Vielleicht
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