Sonne über Wahi-Koura
wurden mit Flaschen und Steinen beworfen und beschimpft.«
Helenas Augen weiteten sich. »Das ist ja furchtbar!«
»Ich würde Ihnen raten, nicht allein in der Stadt unterwegs zu sein. Es könnte sein, dass sie nicht mal vor Ihnen Halt machen.«
»Vielen Dank für den Hinweis, aber ich glaube kaum, dass ich allein in die Stadt fahren werde.«
»Dennoch, passen Sie auf sich auf!« Newman sah ihr beschwörend in die Augen, bevor er sich seinen Leuten zuwandte.
»Das mache ich«, versprach Helena.
Louise lag angezogen auf dem Bett. Eine Schlafmaske bedeckte ihre Augen.
»Ich habe doch gesagt, dass ich nicht gestört werden will, Adelaide«, brummte sie, als Helena eintrat.
»Das wusste ich nicht, Madame. Bitte gestatten Sie mir dennoch, nach Ihnen zu sehen.« Ohne Louises Antwort abzuwarten, drückte sie die Tür ins Schloss und wappnete sich innerlich gegen Louises Protest.
Aber ihre Schwiegermutter seufzte nur. »Heute haben Sie gesehen, dass unsere Feinde vor nichts zurückschrecken. Jetzt verstehen Sie wahrscheinlich, warum ich will, dass Sie sich von Manson fernhalten.«
»Sie glauben also, dass er dahintersteckt.« Helena ließ sich neben dem Bett nieder.
»Ganz bestimmt. Dieser Kerl hat für alles Leute, die für ihn die Drecksarbeit tun. Bitte, versprechen Sie mir, dass sie wirklich nie allein in den Weinberg gehen!«
»Ja«, antwortete Helena, auch wenn sie noch immer der Meinung war, dass es nicht zu jeder Zeit gefährlich im Weinberg war.
Louise nickte zufrieden. »Sie werden sich vorsehen müssen, wenn das Kind da ist. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wie ich befürchte, werden auch Sie keinen Frieden mehr haben.«
»Keine Angst! Ich werde mein Kind immer beschützen«, versicherte Helena.
»Sie hatten Recht, ich hätte nicht aufstehen sollen. Entschuldigen Sie, dass ich Sie so angefahren habe.«
Helena glaubte zunächst, sich verhört zu haben, und konnte ihre Überraschung nicht verbergen. »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
Louise faltete die Hände auf der Brust.
Helena blieb schweigend neben ihr sitzen, bis ihr etwas einfiel, über das sie reden könnte.
»Ich habe in einem Ihrer Bücher ein Amulett gefunden«, begann sie, doch als Antwort erhielt sie nur ein leises Schnarchen.
Drei Stunden nach dem Vorfall kehrte Newman mit den Constables Brook und Harrys zurück. Sie nahmen sämtliche Aussagen der Arbeiter und Newmans auf.
Da Louise immer noch schlief, übernahm Helena es, mit den Ordnungshütern zu sprechen.
»Was gedenken Sie zu tun?«, erkundigte sie sich, nachdem sie ihnen eine Beschreibung der Eindringlinge gegeben hatte, die sie im Weinberg überrascht hatte.
Brook kratzte sich am Kopf. »Wir werden uns nach Männern umsehen, auf die Ihre Beschreibung passt. Viel mehr können wir nicht tun.«
»Viel mehr können Sie nicht tun?« Helena stemmte die Hände in die Seiten. »Es hat doch eindeutig einen Angriff auf das Weingut gegeben!«
Harrys winkte ab. »Wahrscheinlich war dieser Galgen nur ein dummer Scherz. Vielleicht hat Madame jemanden in der Stadt verärgert.«
»Jemand in der Stadt hat einen Gegenstand nach ihr geworfen und sie am Kopf verletzt!«
Die Constables sahen einander an. »Wann ist das geschehen?«
»Vor ein paar Tagen, nach der Urteilsverkündung gegen den Maori.«
»Da hat es so einige Verletzte gegeben«, wiegelte Brook ab. »Einige Leute waren außer Rand und Band.«
»Dann soll der Wurf ein Zufall gewesen sein? Glauben Sie das wirklich, nachdem hier ein Galgen aufgebaut wurde?«
»Hat Madame denn den Täter erkannt?«, fragte Harrys.
»Das konnte sie nicht! Sie war verletzt.«
»Tja, dann werden Sie sich wohl gedulden müssen, bis unsere Ermittlungen abgeschlossen sind! Guten Tag, Madam!«
Aufgebracht beobachtete Helena, wie die Constables vom Hof ritten.
»So etwas habe ich noch nie erlebt«, platzte sie hervor, als sie mit Newman allein war. »Die beiden werden bestimmt keinen Finger krumm machen, um die Täter zu finden.«
»Das dürfte auch ziemlich schwer sein.« Der Kellermeister klang beschwichtigend.
»Aber sie haben doch eine Beschreibung. Und es liegt eine Drohung vor!«
»Eine Drohung ist noch kein Vergehen. Außerdem haben sie beim Aufstellen des Galgens nicht viel angerichtet. Ein paar Rebstöcke haben ein wenig Laub gelassen, mehr ist nicht passiert.«
Helena seufzte schwer.
Newman berührte sanft ihren Unterarm.
Ein warmer Schauer überlief Helena, aber sie verdrängte ihn schnell.
»Sorgen Sie sich nicht, Madam!
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