Sonne, Wind und Mord (German Edition)
mal nach der
Antenne“, beantwortete der Inspektor die Frage und versuchte seine Emotionen
unter Kontrolle zu bekommen. Er konnte es nicht fassen. Rudjard, der Neffe von
Van Houden. Wieso war er heute Morgen nicht einfach liegengeblieben?
„Okay Inspecteur . Ich bringe uns hier
weg“, sagte der Surveillant verunsichert, aber noch ehe er den Satz ganz
ausgesprochen hatte, kollidierte sein Auto bereits mit einem Stapel großer
Pappkartons. Bloemberg brüllte vor Schreck.
„Rudjard! Haben Sie eigentlich einen gültigen
Führerschein?“
„Ja Inspect…“
„Gut! Lassen Sie mich raten. Den hat Ihnen
vermutlich auch Ihr Onkel besorgt was?“
„Woher…woher… wissen -?“, stammelte der junge
Mann. Bloemberg schlug sich die Hand vor die Stirn und versuchte die Ruhe zu
bewahren.
„Ist gut, ist gut! Ich will nichts mehr hören.
Fahren Sie einfach! Obwohl, eines noch. Was hat Sie geritten, noch einmal
umzudrehen und diese verdammte Aktentasche mitzunehmen?“
„Inspecteur?“
„Na dieses sinnlose Stück Leder hier“,
Bloemberg tippte die Tasche an, die nass im Fußraum lag.
„Aber, Inspecteur, es… äh… es war das einzige
Beweisstück, das wir sicherstellen konnten“, versuchte Rudjard sich zu
rechtfertigen.
„Als Sie mich umgeworfen haben, hatte ich es
vor Schreck fallen lassen und ich dachte, nun ja, ich dachte: Vielleicht ist es
irgendwann noch einmal wichtig. Beweise sind doch wichtig?“
„Und Ihr Leben? Ist das etwa nichts wert?“, fragte
Bloemberg trocken.
„Ja doch, aber wie meinen Sie das?“
Kees Bloemberg war verblüfft. Entweder war
Ronald Rudjard furchtbar naiv oder er war schlicht und einfach dumm. In allem
was er tat wirkte er so unbeholfen und versuchte zwanghaft, einen guten Eindruck
zu machen. Vermutlich hatte ihn das auch dazu gebracht, die Tasche zu holen,
ohne sich dabei um die Gefahr zu kümmern. Kees hatte das Gefühl, dass Ronald in
seinem ganzen Leben noch nicht allzu viel richtig gemacht hatte. Wie sollte er
nur aus einem solchen Menschen schlau werden? Der Inspektor wusste es nicht,
versuchte aber dem offenbar konsternierten Surveillant so ruhig wie möglich die
Situation verständlich zu machen.
„Hör mal, Ronald, wir sind eben beschossen
worden. Du hast das arme Schwein gesehen, den Hafenwächter meine ich. Es hätte
dich auch treffen können, aber du kehrst noch einmal um und holst diese blöde
Tasche.“ Er seufzte beim Anblick des irritierten Surveillants.
„Du hast dich unnötig in Lebensgefahr
begeben. Du hast Glück, hier zu sitzen und nicht neben dem Professor und dem
Hafenwächter im Regen auf dem Pier zu liegen. So was tut man nicht, egal ob
wichtiges Beweisstück oder nicht. Dein Leben geht vor, Ronald.“
„Verstehe, Inspecteur , tut mir leid.“
Betreten starrte der junge Mann geradeaus und
mühte sich die nun in immer häufigerer Abfolge auftauchenden Pappkartonstapel
zu umfahren.
Bloemberg seufzte erneut und fühlte sich
plötzlich verpflichtet, etwas zu tun, um die Lage zu entschärfen. Erst zögerte
er, dann jedoch klopfte er dem Surveillant aufmunternd auf die Schulter.
„Ist schon in Ordnung. Fahr jetzt! Wer weiß,
ob uns nicht schon jemand im Nacken hängt. Und noch etwas… Hör auf, dich
andauernd zu entschuldigen.“
„Jawohl, Inspecteur . Tut mir…“
Kees zog kritisch die Augenbrauen hoch und
Ronald verstummte beschämt.
Während Kees Bloemberg begann, eilig nach der
Antenne zu suchen, brannte dem Surveillant dann doch noch eine Frage auf der
Zunge.
„Eines noch, Inspecteur“, sagte er und mühte
sich dabei den Blick vor sich auf die Gasse zwischen den Containern gerichtet
zu lassen.
„Warum hat man auf uns geschossen?“
Bloemberg hatte die Antenne gefunden und zog
sie aus dem Handschuhfach. Vorsichtig schraubte er das längliche Stück
Kunststoff auf den Rest des Mobilfunkgerätes und antwortete dann nachdenklich.
„Wenn ich ehrlich sein soll, ich weiß es nicht
mein Junge. Aber wir werden es sicher bald herausfinden und ich vermute, Frau
Farber wird uns dabei sicher behilflich sein. Sie weiß Dinge, die wir nicht
wissen. Da bin ich mir sicher.“
Die Frau auf der Rückbank zuckte zusammen, als
sie ihren Namen hörte, sagte jedoch weiter nichts. Sie zitterte, trotz
Wintermantel und Schal, am ganzen Körper.
12:00 - 13:00
12:10 Polizeistation
Rotterdam-Nord
Hauptkommissar Van Houden saß wie versteinert
auf dem braunen Ledersessel in seinem Büro. Er hatte die Arme auf den
Schreibtisch gestützt,
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