Sonne, Wind und Mord (German Edition)
anzufertigen.“
„Das ist doch Spionage?!“, platze der
Surveillant in Lindas Schilderung.
„Ja, das ist es“, gab die Wissenschaftlerin
beschämt zu.
„Ich habe in diesem Fall, wie auch in allen
anderen, keine Meldung nach Deutschland gemacht. Meinem Arbeitsvertrag nach
hätte ich an diesem Auftrag gar nicht mitwirken dürfen. Ich werde vom IBPeE
bezahlt und darf nur an Projekten mitarbeiten, die dessen Finanzierung
unterliegen. Edgar, der wusste wie niedergeschlagen ich wegen des fehlgeschlagenen
Algenexperimentes war, hat mich so lange überredet, bis ich doch zugestimmt
habe. Das musste natürlich alles inoffiziell ablaufen. Ich bin einen Teil
meiner Arbeitszeit der Aufgaben nachgekommen, die aus Deutschland herein kamen,
habe aber gleichzeitig in Edgars Projektgruppe gearbeitet. Es kam mir in diesem
Fall zugute, dass die Algen in der Nordsee gefressen worden sind. Danach wollte
man mir kaum noch einen Auftrag anvertrauen. Verständlich, wenn man
Steuergelder im 6-stelligen Bereich auf diese Weise verpulvert.“
Dem Surveillant fiel bei dieser Schilderung
fast der Unterkiefer aus dem Gesicht.
„Und worin bestand der Auftrag der
Projektgruppe Van Kessner?“
Inspektor Bloemberg war, ohne es selbst zu
merken, wieder in die Rolle des Ermittlers gerutscht und stellte ermittlerische
Zwischenfragen.
„Das ist eines der seltsamen Dinge an dieser
ganzen Geschichte. Der Auftrag bestand lediglich darin, neue Wege der
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu erforschen. Nun ist es so, dass das
ECN eine der führenden Forschungseinrichtungen im Bereich der erneuerbaren
Energien ist, vor allem Windkraft, aber auch Solarzellenforschung. Wenn es in
den letzten Jahren nennenswerte Fortschritte in diesem Bereich gegeben hatte,
war das ECN meist daran beteiligt. Und es gab enorme Fortschritte. In den
letzten 24 Monaten jedoch flauten die Erfolgserlebnisse langsam ab. Im Bereich
Effektivität stehen wir derzeit vor dem bisher bekannten Maximum bei Sonnen-
und Windenergie. Bei der Windenergie gibt es ohnehin eine maximal physikalisch
umsetzbare Effektivität von 59% und die meisten modernen Windkrafträder
schaffen bereits bis zu 51 Prozent. Und bei Solarzellen ist derzeit bei etwa 20
Prozent das Ende der Fahnenstange erreicht. Es war also so gut wie
ausgeschlossen, dass wir große Fortschritte in dieser Richtung machen würden.
Dennoch dieser Auftrag mit ungewöhnlich hohen Förderbeträgen. Und so haben wir
eben angefangen. Konzepte erarbeitet und wieder verworfen, gegrübelt,
gerechnet, ausgewertet und sind nicht wirklich vorangekommen. Die ersten sechs
Monate ist uns abgesehen von kostspieligen Fehlschlägen nichts gelungen. So
haben wir zum Beispiel ein Experiment mit ultraleichten Rotoren aus einer neu
entwickelten Carbonfaserstruktur an einer kleinen Offshore-Anlage getestet. Wir
wollten mit dieser neuen Bauweise, zumindest grundlegend, den
Kosten-Nutzenfaktor positiv verändern. Es sah eigentlich ganz vielversprechend
aus. Aber am Tag unseres ersten Tests herrschten dann ziemlich raue
Witterungsverhältnisse. Die Rotoren hielten dem starken Wind nicht stand und
brachen auseinander wie Esspapier, möglicherweise ein Konstruktionsfehler. So
etwas kommt vor. Eines unserer Forschungsboote wurde von einem herumfliegenden
Trümmerteil getroffen und beinahe versenkt… Um es kurz zu machen: Wir kamen
nicht weiter und die Kosten explodierten. Es ging schnell in die Millionen,
aber der Auftraggeber war bereit, dafür zu zahlen und ließ uns in schriftlicher
Form immer wieder wissen, dass er von uns erwarte, dass wir weiter forschten.
Geld spiele keine Rolle, pflegte er zu sagen.“
„Kam Ihnen das nicht merkwürdig vor?“, war
Bloembergs nächste Frage und die brachte Linda Farber für Sekunden zum Grübeln,
dann jedoch schüttelte die Wissenschaftlerin den Kopf.
„Nein“, sagte sie mit einer
Selbstverständlichkeit in der Stimme, die Kees nicht erwartet hätte.
„Es ist in der Tat so, dass es oft
Forschungsprojekte gibt, bei denen der eigentliche Auftraggeber unerkannt
bleiben möchte. Wir hatten zum Beispiel einen Fall, in dem ein Mittelsmann
einen enormen Betrag anbot für ein Projekt zur Solarzellenforschung mit
Einsatzbereich PKW. Aus irgendeinem Grund kam der Vertrag nicht zustande und am
Ende kam raus, dass ein Investmentfonds aus dem Nahen Osten hinter der
Angelegenheit steckte. Beim ECN wurde danach gemutmaßt, der Auftraggeber hatte
nur Ergebnisse erhalten wollen, die er sich patentieren lassen
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