Sonne, Wind und Mord (German Edition)
wirkte das ganze Gebilde eher
unbewohnt und alles andere als einladend.
Als Linda, Ronald und Kees mit dem Kleinwagen auf
das Gelände fuhren, auf dem zu dieser Jahreszeit Unmengen von kleinen
Segelyachten „geparkt“ und unbenutzt standen, machte es einen verlassenen
Eindruck. Niemand schien hier zu sein. Schnell jedoch wurden sie eines Besseren
belehrt. Noch ehe Ronald das Auto vor dem Wohncontainer abgestellt und den
Schlüssel abgezogen hatte, trat ein Mann vor die Tür. Er war wohlgenährt und
würde daran in seinem Alter nichts mehr ändern. Den krausen, graubraunen Haaren
und den zunehmend zahlreicher werdenden Falten im Gesicht zufolge mochte er
knapp über 60 sein. Berts Gesicht wirkte sympathisch und er winkte den dreien
lächelnd zu, als sie das Auto widerwillig - unter anhaltendem Starkregen -
verließen. Kees ging zügig auf ihn zu und umarmte ihn, obgleich Bert nur eine schlabbrige
alte orange-schwarze Trainingsanzughose und ein verschmiertes weißes T-Shirt
trug, das im Bereich seines Bauches tüchtig spannte. Er roch auch ein wenig
streng, aber nach alldem was Bert Van Heelig in der Vergangenheit für Kees
Bloemberg getan hatte, war diese Umarmung mehr als angebracht. Zögernd näherten
sich auch Ronald und Linda und suchten Schutz unter dem kleinen provisorischen
Vordach, das aus zwei Metallstangen und daran festgezurrtem Wellblech bestand.
Linda trug Van Kessners Speichermedien und ihre schwarze Notebooktasche mit
sich. Sie wirkte angespannt und sah immer wieder unwillkürlich zurück auf die
einzige Einfahrt des Hafens, der ansonsten – landwärts - rings herum mit einem
hohen, am oberen Ende mit Stacheldraht versehenen Zaun umgeben war. Das Gelände
war recht groß, dennoch platzte es vor lauter Segelschiffen aus allen Nähten.
Die Anlegestellen waren alle doppelt besetzt und im Ausfahrtsbecken lagen
ebenfalls einige kleinere Yachten. Hinter dem Containergebilde standen auf
einem rund 50 mal 80 Meter großen Platz noch weitere Segelschiffe auf
speziellen Transportanhängern, bereit, abgeholt zu werden. Sofern Bloembergs
Boot nicht zu forderst im Hafenbecken lag, hätten sie ein Problem. Es würde
lange dauern, ein Boot aus dem ganzen Gewirr herauszumanövrieren und es wäre
notwendig, zuvor andere Boote beiseite zu fahren. So wie sich die Sache jetzt
darstellte, würde es Zeit kosten, ehe sie überhaupt in See stechen konnten.
Vielleicht zu lange. Die Zeit drängte.
„Hallo zusammen! Kommt doch rein. Ich freue
mich, ein bisschen Besuch zu ham. Im Winter is hier nie was los. Im Herbst ja,
wenn sie alle herkommen und von mir einen geschützten Winterliegeplatz für ihr
Segelboot ham wollen und im Frühling, wenn sie alle wieder kommen, um ihren Segler
wieder abzuholn, aber im Winter is hier tote Hose“, begrüßte Van Heelig die
drei und machte eine einladende Handbewegung in Richtung Tür. Die beiden
Polizeibeamten und die Wissenschaftlerin nahmen dankend an und betraten den
dämmrigen Wohncontainer. Drinnen wartete das typische, langjährige
Junggesellen-Durcheinander. Bert fegte mit einer Handbewegung mehrere
Bierflaschen, Pizzakartons und benutztes Besteck von einem kleinen Tisch im
Frontbereich der Räumlichkeit und mühte sich dann, im weiteren Durcheinander
zwei Stühle aufzutreiben, denn am Tisch selbst standen nur zwei schlichte
Küchenstühle aus Holz. Der Hafenmeister verschwand im hinteren Teil seines
„Hauses“ und kam Sekunden später mit zwei ziemlich mitgenommenen Campingstühlen
zurück. Danach bat er seinen unerwarteten Besuch, Platz zu nehmen und bot allen
etwas zu trinken an. Wobei die Auswahl zwischen kühlem Bier aus dem Kühlschrank
und Wasser aus dem Wasserhahn recht mager ausfiel. Obwohl im Dienst entschied
sich Bloemberg für ein Bier, während der junge Surveillant genau wie die
Wissenschaftlerin, mit Wasser zufrieden war. Als kleine Dreingabe servierte
Bert Van Heelig noch eine Schüssel gesalzene Erdnüsse, die er neben seinem Bett
gefunden hatte. Sie waren nicht mehr ganz frisch.
„Dann erzählt mal!“, forderte der dicke Mann
sie auf, nachdem er sich auf einem der unter seinem Gewicht ächzenden
Campingstühle gesetzt hatte.
„Hör zu Bert. Wir haben nicht viel Zeit. Es
gibt da einige Leute, die uns an den Kragen wollen. Frag jetzt nicht nach dem
Wieso und Warum! Nimm einfach zur Kenntnis: Wir sitzen tief in der Sch… du
weißt schon…“
Bert Van Heelig konnte sich ein prustendes
Lachen nicht verkneifen und verschluckte sich dabei an einer Erdnuss
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