Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
ging er mit den Gefangenen, die er beaufsichtigte, auf die Felder hinaus. Sie verrichteten lustlos ihre Arbeit und unterhielten sich dabei über die neuesten Gerüchte aus Großbrasilien.
Einer der Gefangenen, Rothco Yang, sagte zu Felice: »Keine Sorge, mein Freund. Wenn dieses Gefängnis geschlossen wird, werde ich ein gutes Wort für dich einlegen.«
Rothco Yang war der Überzeugung, dass sich der Bürgerkrieg in Großbrasilien nicht mehr vermeiden ließ und dass sie dadurch schon bald ihre Freiheit zurückerlangen würden. Einige der anderen Gefangenen waren sich da nicht so sicher. Während des stillen Krieges und in der Folgezeit war klargeworden, dass die Brasilianer zu allem fähig waren. Und dass ihre europäischen Verbündeten einen mäßigenden Einfluss auf sie ausüben würden, war zu bezweifeln. Und so ging das Gespräch weiter, bis die Schicht vorbei war und Felice die anderen Gefangenen zu den Baracken zurückbrachte.
Er ging sofort auf sein Zimmer und überprüfte den Türhüterdämon. Nichts. Am Abend saß Edz Jealott an dem Tisch neben dem Eingang des Speisesaals, umgeben von seinen Anhängern. Außer Jealott selbst starrten Felice alle an, als er an ihnen vorüberging.
»Mörder«, sagte ein groß gewachsener junger Mann in gekünstelter Fistelstimme. Ein anderer bildete mit Daumen und Zeigefinger eine Waffe und richtete sie auf Felice. Und ein dritter sagte, dass sie ihn beobachteten.
»Egal, wo du hingehst, wir werden dort sein.«
Während des Essens grübelte Felice vor sich hin. Danach ging er zu Amy Ma Coulibaly und erzählte ihr, dass Edz Jealott ihm die Schuld an Jael Li Lees Tod in die Schuhe schieben wollte. Er erklärte ihr, was sie für ihn tun sollte.
»Einer seiner Handlanger ist mir hierhergefolgt«, sagte er. »Ich rechne damit, dass sie mich von jetzt an ständig beschatten werden. Das wird es für mich sehr schwierig machen, wenn ich schließlich in Aktion treten muss.«
»Kannst du sie nicht irgendwie abschütteln?« »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Willst du dieses Risiko eingehen?«
»Ich will auf jeden Fall nicht zu früh verraten, wozu wir in der Lage sind.«
»Dieses Risiko hast du bereits auf dich genommen, als du mich auf den Mörder angesetzt hast.«
Die alte Frau dachte darüber nach. Ihr Gesicht war verschlossen und ausdruckslos, ihr Blick in die Ferne gerichtet. Sie saßen auf dicken Kissen in einem kleinen Nebenraum, die Lesetafel mit dem Schachbrett leuchtete zwischen ihnen.
Schließlich sagte sie: »Ich kann dir nicht die Kontrolle darüber geben.«
»Dann muss jemand anderer sie im richtigen Moment außer Gefecht setzen.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt. Jetzt sollten wir aber zumindest eine Partie spielen. Deinem Freund da draußen zuliebe«, sagte sie und berührte die Lesetafel mit dem Zeigefinger. Sie zog den Bauern, der auf der Seite der Königin vor dem Läufer stand, zwei Felder nach vorn – der erste Zug der Englischen Eröffnung.
Felice gab vor, den Mann, der ihn zu seinem Wohnblock zurückverfolgte, nicht zu bemerken. Als er wieder in seinem Zimmer war, benutzte er das Blutanalysegerät, um sich in
Goether Lyles Konto einzuloggen. Mit leichtem Erschrecken stellte er fest, dass sich etwas an den dummen, kleinen Türhüterdämon angehängt hatte. Ein einfaches Kommunikationsprogramm. Er überprüfte es, entfernte einige Zeilen Code, die seinen Standort verraten hätten, und startete es. Augenblicklich erschien eine leere zweidimensionale Fläche, auf der Buchstabe für Buchstabe Wörter auftauchten, die von rechts nach links über den Bildschirm wanderten und dann verschwanden.
››warum fragen sie, ob ich in einem labor auf dem mond geboren wurde?
›ich dachte, ich hätte einen meiner brüder gefunden, tippte Felice nach dem Adlersuchsystem auf der kleinen Tastatur des Blutanalysegeräts.
››ich habe sie gefunden. nicht sie mich. und ich bin niemandes bruder. wenn sie wissen wollen, wer ich bin, müssen sie sich mit mir treffen.
Wer immer es war, der sich am anderen Ende des Programms befand, er hatte offenbar keine Zeit zu verlieren. Eine Kette von Buchstaben und Ziffern erschien. Koordinaten.
››kennen sie diesen ort?
›ich kann ihn finden.
››kommen sie allein.
›natürlich.
››sonst mache ich sie später ausfindig und erledige sie.
›verstehe.
››in zwei stunden. ich muss mich zuerst noch um etwas kümmern.
›bitte unternehmen sie nichts, bis wir miteinander geredet haben.
Seine Worte
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