Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
undurchsichtigen Kuppel, die am unteren Ende einer Wand aus granitartigem Eis errichtet worden war.
Loc und Antônio Maria Rodrigues hievten Berry vom Schlitten und brachten ihn zur ovalen Luke einer Luftschleuse am Fuß der Kuppel. Sie traten durch die Schleuse und gelangten in einen engen Vorraum, an dessen Wänden Schränke und Ständer mit Druckanzügen standen und der mit Leuchtstäben erhellt wurde, die in unregelmäßigen Abständen in der Sprühschaumdecke steckten. In dem grünlichen Unterwasserlicht streiften Loc und Antônio Maria Rodrigues ihre Druckanzüge ab, unter denen sie lediglich den Anzugoverall trugen, der sie kaum vor der Gefrierfachkälte schützte, und halfen Berry aus seinem heraus. Der
Junge lächelte sie benommen an und fragte, ob sie sich nicht wieder auf den Weg machen könnten.
»Zuerst müssen wir mit deiner Mutter sprechen«, sagte Loc.
»Ich will nicht. Ich möchte zurück.«
»Du weißt, dass das nicht geht. Komm mit und hör auf zu jammern.«
Loc und Berry folgten Antônio Maria Rodrigues durch eine Luftschleuse und stiegen eine kurze, steile Rampe zu einer großen, beinahe runden Fläche unter einem gewölbten Dach hinauf, von dem ein schwaches Leuchten ausging. Wege führten zwischen schwarzen Felsvorsprüngen hindurch, die aus Fulleren nachgebildet worden waren, gesäumt von riesigen Moosflechten in sämtlichen Rot – und Gelbtönen, Büscheln von Baumfarn und torfigen Tümpeln mit schwarzem Wasser, umgeben von Riedgras. Die Luft war sauber, kalt und feucht. Winter. Ja, es roch nach Winter … Loc spürte einen schmerzhaften Stich des Heimwehs, das von dem Pandorph deutlich verstärkt wurde. Aber es war nicht die Heimat. Es war nicht die Erde oder etwas Ähnliches. Nur ein weiterer Garten unter einer Kuppel, eine kleine Blase mit Leben in einer riesigen trostlosen Ödnis. Er blickte sich um und sagte dann, dass er, obwohl es ziemlich schön war, eigentlich etwas Ungewöhnlicheres und Beeindruckenderes erwartet hatte.
»Das ist nicht der Garten, Sir. Der Garten ist dort drin«, sagte Antônio Maria Rodrigues und zeigte zum entfernten Ende der Kuppel, wo eine schwarze Klippe über einem dunklen See aufragte und eine schmale weiße Brücke über das Wasser zu einer engen Höhlenöffnung in der Klippe führte.
Sri Hong-Owen wartete in einem der halbrunden Zelte, die dicht an dicht am Seeufer standen. Wie stets wirkte sie alterslos: ernst und spindeldürr, mit geschorenem Kopf, ihre Gesten kühl und beherrscht. Sie trug einen knielangen, silbernen
Isoliermantel und Spex mit rechteckigen Gläsern in einem breiten schwarzen Gestell.
»Du siehst gut aus«, sagte sie zu ihrem Sohn. »Und du bist auch größer geworden.«
Berry zuckte die Achseln. Die klare Luft des Moosgartens hatte die Reste des Beruhigungsmittels vertrieben, das Hauptmann Neves ihm gespritzt hatte. Er war wieder der misstrauische, aufsässige Junge, rundlich wie ein Bärenjunges, das noch keine Konturen hatte. Durch die Haare, die ihm ins Gesicht hingen, starrte er seine Mutter finster an. »Der General hat mir gesagt, ich müsste hierherfliegen. Es war nicht meine Idee«, stellte er klar.
»Der General hat an dein Wohlergehen gedacht«, sagte Sri Hong-Owen. » Wie geht es ihm?«
Sie unterhielten sich ein paar Minuten; belangloses Geplauder ohne jede Herzlichkeit. Dann schickte Sri Hong-Owen Berry mit Antônio Maria Rodrigues los, um ihm etwas zu essen und zu trinken zu besorgen, und fragte Loc, ob er auch etwas bräuchte.
Er schlug das Angebot aus. »Ich war noch vor zwei Stunden in Camelot, Madam. Kaum zu glauben, aber so ist es.«
»Und jetzt sind Sie hier. Es ist eine Weile her, nicht wahr?«
»Ja, das ist es«, sagte Loc und erwiderte kühl ihren Blick. »Doch hoffentlich nicht zu lang, um mich für mein unangemessenes Verhalten zu entschuldigen, als sich unsere Wege das letzte Mal gekreuzt haben.«
»Sie arbeiten noch immer auf diesem orbitalen Schrottplatz? «
»Nicht mehr lange, hoffe ich.«
»Sie spekulieren auf eine neue Position, wenn Euclides Peixoto den General ablöst? Oder kehren Sie mit ihm zur Erde zurück?«
»Ich hoffe, ich kann als Sonderberater weiter für die DMB tätig sein.«
»Im Augenblick arbeiten Sie doch für Arvam.«
»Am Tag vor seiner Abreise aus dem Saturnsystem hat mich General Peixoto gefragt, ob ich Ihren Sohn in Ihre Obhut übergeben könnte. Ich fühlte mich geehrt und geschmeichelt, dass er mir die Verantwortung dafür übertragen wollte, und hoffe, ich habe
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