Sonnenfeuer - Der Frieden war nah
hatte also nichts von Hassan Navid und dem reaktivierten Atombombenschrott erzählt. Warum wollte er Simin noch in Sicherheit wiegen? Oder wollte er sie nur kurz vor dem Anlauf noch aus dem Verkehr ziehen?
„Bitte?” Simins Augen blitzten. Lea sah wie ihre Gedanken die Situation analysierten. „Du weißt doch was, oder?”
„Felderfahrung. Alle KSKs werden mit der Zeit paranoid. Was passiert jetzt?” Lea wollte noch abwarten. „Kommen die jetzt zu uns rein?”
„Nein. Wir gehen raus. Das Sicherungsprotokoll sieht zuerst die Abschaltung der Zentrifugen und Bänder vor. Dann werden die Lagerbunker versiegelt und alle Steuerungssysteme heruntergefahren. Ich sichere noch die Zertifikate und wir evakuieren das gesamte Personal. Sobald wir draußen sind, wird die Anlage abgeriegelt. Die Verträge geben uns ein Puffer-Zeitfenster bis sechs Uhr morgens MEZ, dann müssen die Anlagen laufen. Wir können also die Verspätung verkraften”, erklärte Simin, die nicht besonders beunruhigt schien. Nur für Lea stank die ganze Sache zum Himmel. Niemand würde so ruhig bleiben, wenn man wüsste, dass jemand eine Atombombe unter dem Tisch versteckt hatte.
„Status Minnesota?”, rief Simin in den Raum.
„Systeme gesichert. Zertifikate auf virtuellem Server abgelegt”, antwortete eine Mitarbeiterin, ohne vom Monitor aufzusehen.
„Ich will das auf meinem Bildschirm sehen!”
„Sofort. Der Stream der Konsole kommt.”
„Und Jiangxi? O.k. ich sehe es gerade. Alle Zertifikate sind wieder bei mir. Ich schließe den virtuellen Server. Jetzt.” Simin blickte in den Raum. „Es bleiben nur die passiven Systeme der Anlage aktiv. Alle. Ich betone ALLE anderen Systeme und Netze werden getrennt. Ich will in drei Minuten die Protokoll-Logs auf meinem System haben! Und in zehn Minuten ist der Steuerungsbereich leer! Wir sehen uns oben wieder.” Simin wandte sich wieder Lea zu. „Ich habe dich wegen deines Instinktes haben wollen. Sag mir, was du denkst?”
Aus dieser Mausefalle gab es nur einen Ausweg. „Mir liegen widersprüchliche Informationen vor. Es wäre denkbar, dass Paul dich gerade täuscht.”
„Womit denn? Ja, ich misstraue ihm, nur welchen Sinn macht das? Will er damit den Anlauf stoppen?”, fragte Simin sichtlich unentschlossen.
Paul piepte Lea an und sandte ihr eine Nachricht. Hagen hat uns informiert. Wir verhaften Simin in fünfzehn Minuten. Halte sie fest und vermeide Gewalt. Lea blickte wieder Simin an. Jetzt gab es kein Zurück mehr. „Es gab ernsthafte Hinweise auf Bomben in der Anlage. Darüber hat er dich nicht informiert, oder?”
„Schon wieder diese Bomben-Geschichte? Die haben doch die Lagerbunker und alle anderen denkbaren Ecken bereits abgesucht. Und das dreimal.” Simin konnte ihr immer noch nicht folgen. Wie auch, Lea log sie schließlich ebenfalls an. Verdammt, damit wollte sie gar nicht erst anfangen. „Simin, die glauben du planst einen Anschlag! Die glauben Beweise gefunden zu haben, dass du deinem Bruder für einen Terroranschlag Zugang zu den Anlagen gewährt hast.”
„Und was glaubst du?”, fragte Simin vorsichtig.
Lea lächelte. „An dich! Ich halte die Beweise für manipuliert. Wir werden deshalb auch nicht mitspielen.”
„Wobei? Ich kann dir gerade nicht ganz folgen. Lea, du machst mir Angst.”
„Ich liebe dich.” Lea küsste Simin zärtlich. ”Und ich vertraue dir. Jetzt solltest du mir vertrauen. Das ist jetzt meine Aufgabe!”
Lea packte Simin an der Schulter und ließ sie ein Stück vorlaufen. „Bleib cool und schau besorgt. Sobald ich dir meine Hand auf die Schulter lege, gehst du auf den Boden. Verstanden?”
„Ja.” Simin fiel das besorgte Gucken nicht sonderlich schwer. Beide gingen zügig auf die Schleuse zu. Bis auf das iPad mit der dicken Antenne hatte Simin nichts dabei. Die anderen Mitarbeiter passierten die Sicherheitsschleuse schnell und ohne besondere Vorkommnisse. Vier bewaffnete Soldaten sicherten den Eingang, die Typen wogen jeder mindestens neunzig Kilo. Hoffentlich würde Lea sie nicht mehr verletzen als nötig.
Nur noch fünf Meter, jetzt trat auch Paul als dem Schatten hervor. Heute trug er einen schicken mausgrauen Anzug, also sein Geschmack für Anzüge war schon legendär. Er lächelte. Dieser Seelenverkäufer. Simin schaute zu Lea, sie war unsicher, dieses Empfangskommando war alles andere als einladend. Alle anderen Mitarbeiter der Anlage hatten bereits die Schleuse passiert. Nur Paul, Simin, Lea und die vier Fleischberge waren
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